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Doktor im Glück

Doktor im Glück

Titel: Doktor im Glück
Autoren: Richard Gordon
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bereiten, wenn du fortfährst, auf der ärztlichen Bühne wie ein Schmetterling herumzuflattern —»
    «Lieber alter Junge!» Das also war es, was ihn so beunruhigte, daß er mich zum Lunch eingeladen hatte. «Mag man auch ein gewisses Risiko eingehen, wenn man mir fünf Shilling borgt — darauf, daß ich einen teuren Blutsverwandten nicht im Stich lasse, kann man immer bauen. In ein paar Wochen, nachdem ich den Stätten meiner übel verbrachten Jugend ein Lebewohl zugerufen, werde ich London für immerdar den Rücken gekehrt haben.»
    Miles hatte noch immer seine Zweifel.
    «Ich hoffe, deine neue Stellung wird von längerer Dauer sein als so manche deiner früheren.»
    «Die waren nichts als bloßes Kokettieren mit der Arbeit. Meine jetzige ist das Wahre. Und jedermann wird sagen: »
    «Wenn dem tatsächlich so ist, bin ich dir zu großem Dank verpflichtet. Mögen wir auch nicht immer eines Sinnes gewesen sein, Gaston —»
    «Aber ich bitte dich. In jeder Familie gibt es da und dort kleine Mißverständnisse.»
    «Doch ich versichere dir, ich habe stets nur dein Bestes im Auge gehabt. Und welcher Art ist nun diese Stellung, die du anzutreten beabsichtigst?»
    «Allgemeine Praxis droben im Norden», erklärte ich.
    Als ich an diesem Vormittag in Palethorpes Büro vorgesprochen hatte, wurde ich mit folgender Neuigkeit begrüßt:
    «Hab genau das Richtige für Sie gefunden, Dr. Grimsdyke. Eine allgemeine Praxis in den Midlands — dem Rückgrat Englands, wie Sie wissen. Es wird ein Assistent gesucht, mit Aussichten, wohlverstanden. Arbeitsantritt Ende Januar. Dr. Wattle in Porterhampton. Ein ausgezeichneter Mann.»
    «Wie der Mann ist, läßt mich kalt», sagte ich. «Aber wie ist seine Frau?»
    Palethorpe kicherte. «Ich wollte, unsere anderen Klienten wären nur halb so scharfsinnig wie Sie! Glücklicherweise hat Mrs. Wattle ihren Mann hierherbegleitet, und ich kann Ihnen versichern, daß sie eine hochachtbare und mütterliche Matrone ist.»
    «Heiratsfähige Töchter?»
    «Zu ihrem Leidwesen ist die Ehe kinderlos geblieben. Deshalb, glaube ich, legten sie mir vor allem ans Herz, einen anständigen, rechtschaffenen, aufrechten, guterzogenen, alleinstehenden jungen Arzt ausfindig zu machen, der ihr Heim mit ihnen teilen könnte.»
    «Hoffentlich entpuppst du dich als angenehme Überraschung», murmelte mein Cousin, als ich ihm dies erzählte.
    «Endlich fühle ich mich reif für eine ruhige und prosperierende Karriere», fuhr ich fort, meine Zukunftspläne leicht ausschmückend. «Wer weiß, was die künftigen Zeiten alles für mich bereithalten? Die lieben alten Wattles könnten mich ins Herz schließen. Sie könnten mich als Sohn betrachten, der ein bißchen Sonnenschein in ihren Lebensabend bringt. Sie könnten ihren Anwalt kommen lassen, um ihren Letzten Willen zu ändern. Außerdem müßte es eigentlich in Porterhampton auch eine Menge reiche Leute geben. Sie erzeugen dort oben Turbinen oder etwas ähnlich Einträgliches.»
    «Mein lieber Gaston! Du solltest dir wirklich langsam abgewöhnen, deine Küken zu zählen, bevor sie ausgeschlüpft sind.»
    «Was hast du gegen ein bißchen Phantasie?» wandte ich ein. «Lord Lister und Alexander Fleming wären ohne sie nicht weitergekommen. Jedenfalls beginnen an meinen Füßen Wurzeln zu sprießen wie bei den Frühjahrskarotten.»

Zweites Kapitel

    Bis dato war Porterhampton nur von den Fußballtotoschemen her ein Begriff für mich gewesen, doch vierzehn Tage später fuhr ich an einem Morgen, der so angenehm frisch war wie ein Eiszapfen, am Rathaus vorüber, und sehr wohl war mir dabei nicht zumute.
    Beim Lunch mit Miles hatte ich, angesichts einer recht verzweifelten Situation, eine optimistische Miene aufgesetzt — eine der nützlichen Errungenschaften des Medizinstudiums. In Wirklichkeit behagte mir die Aussicht, ein ehrbarer Provinzarzt zu werden, keineswegs. Ja, mir behagte überhaupt die Aussicht, Arzt zu werden, keineswegs.
    Ich war ein médicin malgré moi. Ich hatte diesen Beruf gewählt, weil in meiner Familie niemals jemand so originell gewesen war, sich einen anderen vorzustellen, und überdies schienen dabei meine sämtlichen Onkel und Vettern ein recht gutes Auskommen zu finden; sie hatten große Wagen und jedermann hing bei Cocktailparties an ihren Mündern. Aber je früher man in die Medizin und in die Ehe eintritt, desto
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