Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dogma

Dogma

Titel: Dogma
Autoren: Raymond Khoury
Vom Netzwerk:
nicht sehr stark. Das gab Reilly neuen Antrieb, und er zog noch fester an dem Höhenruder. Noch immer sah er die Wasserfläche schwindelerregend schnell auf sich zukommen, er zerrte jetzt mit aller Kraft, als müsse er mit bloßen Händen das Flugzeug selbst anheben, was in gewisser Weise ja tatsächlich der Fall war.
    Mit jeder neuen Anstrengung hob sich die Nase der Conquest ein wenig mehr, und damit verringerte sich zugleich die Geschwindigkeit. Aber wann immer Reilly seinen Griff um eine Winzigkeit lockerte, um Kraft zu schöpfen, drohte die Maschine seine Anstrengung wieder zunichtezumachen. Es war, als ränge er mit einem gigantischen Marlin an seiner Angel. Als die Maschine so weit an Höhe verloren hatte, dass Reilly die einzelnen Wellen erkennen konnte, stand der Geschwindigkeitsmesser bei etwas über hundert Knoten. Das Wasser raste unter ihm vorbei, ein endloses dunkelblaues Fließband, verlockend nah und einladend, und doch konnte es ebenso gut sein Tod sein, wenn beim Aufsetzen etwas schiefging.
    Reilly strengte sich an, ruhig zu atmen und die Maschine auf einer geraden und beinahe waagerechten Flugbahn zu halten. Er musste verhindern, dass sie sich zur Seite neigte, und sie so sanft wie möglich aufsetzen. Er hatte es nicht eilig, mit dem Wasser in Berührung zu kommen – solange nicht gerade ein Tanker in seiner Flugbahn erschien, fühlte er sich in seiner derzeitigen Lage verhältnismäßig sicher. Immerhin lief er auf diese Weise nicht Gefahr, dass die Maschine im falschen Winkel auf die Wasseroberfläche traf und in Stücke gerissen wurde.
    Nur, früher oder später musste er aufsetzen. Und zwar bevor er das Festland erreichte, das irgendwo vor ihm lag.
    Hochkonzentriert hielt er das Höhenruder in den Händen, nahm kleinste Korrekturen vor, um den Gleitflug unter Kontrolle zu halten. Dann ertönte ein gellender Dauerton – das Warnsignal, dass der Luftstrom abriss.
    Er musste die Maschine jetzt runterbringen.
    Er schob das Ruder um kaum einen Millimeter nach vorn. Das Flugzeug sank tiefer, ganz sanft und langsam, streifte zuerst nur leicht die Wellenkämme, sodass Gischt aufsprühte, und berührte schließlich die Wasserfläche. Die See war ziemlich ruhig, und obwohl die Conquest nun mit dem gesamten Rumpf über die Wellen schlitterte, überschlug sie sich nicht und zerbrach auch nicht. Da die Rotorblätter in Segelstellung waren, blieb der Wasserwiderstand gering, und das kleine Flugzeug hüpfte noch eine Weile über die Wellen, bis das Wasser den Schwung schließlich abfing und die Maschine mit einem Ruck zum Stillstand kam. Eine Gischtfontäne stieg auf.
    Die Bremsung war mehr als heftig – von neunzig Knoten auf null in weniger als einer Sekunde. Reilly wurde nach vorn geschleudert, doch sein Anschnallgurt hielt und verhinderte, dass er gegen das Instrumentenpanel schlug oder durch die Windschutzscheibe flog.
    Sofort begann Wasser durch die offene Kabinentür einzuströmen.
    Reilly blieb nicht viel Zeit, sich aus der Maschine zu retten. Er befreite sich hastig vom Anschnallgurt, kletterte aus dem Sitz und stieg über den leblosen Körper des Piloten hinweg nach hinten. Als er die Kabine erreichte, schwappte darin bereits knöcheltiefes Wasser, und es stieg mit jeder Sekunde. Er sah sich hektisch nach einer Schwimmweste um, doch dann fiel sein Blick auf etwas Besseres: ein zweites neongelbes Päckchen, das hinter dem anderen Vordersitz steckte und kleiner war als die Tasche mit der Rettungsinsel. Darauf stand in großen blauen Buchstaben «Notfallausrüstung» – genau das, was er jetzt brauchte.
    Er packte die Tasche und rannte weiter zur Kabinentür – doch dann blieb er abrupt stehen und sah sich nach dem hinteren Ende der Kabine um, nach den Kisten, die zwischen den hinteren Sitzen und der Trennwand aufgestapelt waren.
    Die Schriften.
    Die Schriften, die seit den allerersten Anfängen des Christentums erhalten geblieben waren. Das zweitausend Jahre alte Erbe, das Tess wieder ans Licht gebracht hatte.
    Es schnürte ihm die Brust zusammen bei der Vorstellung, sie zu verlieren. Nach allem, was geschehen war, konnte er Tess nicht enttäuschen.
    Er musste etwas tun. Er musste versuchen, sie zu retten.
    Er rannte zu den Kisten, sah sich panisch in der Kabine nach etwas um, worin er sie verpacken konnte, etwas, das sie vor dem Wasser schützte. Irgendetwas. Ein Beutel, eine Plastikplane – ein Teil der Rettungsinsel. Da war sie, bereits in Stücke zerschnitten, große Fetzen der gelben
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher