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Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot
Autoren: George Elizabeth
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zustimmen. Sie würden nie denken …«
    »Sie werden denken, was sie denken, Kind«, erklärte Selevan seiner Enkelin. Er griff in die Seitentasche der Fahrertür und förderte einen Straßenatlas von Großbritannien ans Licht, den er ihr reichte. »Schlag den mal auf. Wenn wir den weiten Weg nach Schottland fahren wollen, brauche ich einen verdammt guten Navigator. Meinst du, das bist du?«
    Ihr Lächeln konnte einen geradezu blenden. Es zwängte ihm das Herz zusammen. »Das bin ich«, versicherte sie.
    »Dann auf in den Norden.«
    Nach den Ereignissen des Tages wollte Bea Hannaford von allen möglichen Dingen am dringendsten einen Schuldigen finden. Sie fing mit Ray an. Er schien der naheliegendste Quell all jener Schwierigkeiten, die dazu geführt hatten, dass ein Mörder ungestraft davonkam. Hätte Ray ihr das Team von Kriminalbeamten geschickt, das sie von Anfang an gebraucht hätte, sagte sie sich, hätte sie sich nicht auf die Taucherstaffel verlassen müssen, auf Beamte, deren Fachwissen sich auf das Bergen schwerer Lasten beschränkte, die aber keine Ahnung von einer Mordermittlung hatten. Ebenso wenig hätte sie sich auf Constable McNulty als Teil ihres Teams verlassen müssen, der entscheidende Informationen an die Familie des Mordopfers ausgeplaudert hatte, sodass die Polizei praktisch nichts mehr in Händen hielt, was nur sie und der Täter wussten. Sergeant Collins war ja noch erträglich gewesen, denn der hatte die Wache nie lang genug verlassen, um Mist zu bauen. Aber was Detective Sergeant Havers und Thomas Lynley betraf … Bea wollte auch ihnen irgendetwas vorwerfen, und sei es nur diese nervtötende Loyalität zueinander, doch sie brachte es nicht übers Herz. Abgesehen davon, dass Lynley Informationen über Daidre Trahair zurückgehalten hatte, die sich dann jedoch als unmaßgeblich erwiesen hatten, ganz gleich wie stur sie selbst an das Gegenteil geglaubt hatte, hatten die beiden mehr oder minder nur das getan, was sie angeordnet hatte.
    Was sie lieber nicht allzu genau bedenken wollte, war, dass die Verantwortung letztlich bei ihr selbst gelegen hatte, denn schließlich hatte sie ja diese Ermittlung geleitet und in mehr als einer Hinsicht eine störrische Uneinsichtigkeit an den Tag gelegt. Angefangen von Daidre Trahairs Verwicklung in das Verbrechen bis hin zu ihrer beharrlichen Forderung, hier in der Stadt eine Einsatzzentrale einzurichten und nicht, wo Ray vorgeschlagen hatte: nämlich dort, wo sich Einsatzzentralen üblicherweise befanden und wo besser qualifiziertes Personal stationiert war. Sie hatte sich in ihre Forderung verbissen, von Casvelyn aus zu arbeiten, weil Ray gesagt hatte, es sei ein Fehler.
    Auch wenn also Ray die Schuld trug, war sie selbst doch gleichermaßen verantwortlich. Und ein Scheitern dieser Größenordnung brachte ihre Zukunft in Gefahr.
    Kein Fall fürs Gericht. Konnte es vier schrecklichere Wörter geben? Oh, vielleicht: Unsere Ehe ist vorbei. Die waren genauso schlimm, und weiß Gott genug Polizisten bekamen sie von Partnern zu hören, die das Leben mit einem Cop nicht mehr aushielten. Aber Kein Fall fürs Gericht bedeutete, eine trauernde Familie in der Schwebe zu lassen, ohne dass ein Schuldiger zur Rechenschaft gezogen wurde. Es hieß, dass ihnen trotz der vielen Arbeitsstunden, all der Mühsal, des Durchsiebens von Daten, der rechtsmedizinischen Berichte, der Vernehmungen, der Diskussionen, des Betrachtens der Fakten von allen Seiten nichts mehr übrig blieb, als noch einmal von vorn zu beginnen und auf ein anderes Ergebnis zu hoffen oder die Akte offen zu lassen und irgendwann als ungeklärt abzulegen. Aber wie konnte der Fall ungeklärt bleiben, wenn sie doch genau wussten, wer der Mörder war, er aber einfach davonkam? Das hier war kein offener Fall. Eine offene Akte enthielt immer noch den Hoffnungsschimmer, dass sich etwas Neues ergeben konnte. Aber in diesem Fall schimmerte rein gar nichts. Die regionale Polizeibehörde würde sie eventuell fragen, welche Mittel sie benötigte, um die Angelegenheit in Casvelyn in Ordnung zu bringen, aber das war wohl eher ein Wunschtraum. Viel wahrscheinlicher war, dass die regionale Polizeibehörde sie fragen würde, wie sie es geschafft hatte, diese Sache so gründlich zu versenken.
    Einzig und allein dank Ray hatte sie dies geschafft, redete sie sich ein. Ray hatte kein Interesse an ihrem Erfolg. Im Gegenteil: Er hatte ihr fünfzehn Jahre der Entfremdung heimzahlen wollen, ganz gleich ob er sie nun selbst
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