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Dinotod: Tannenbergs vierter Fall

Dinotod: Tannenbergs vierter Fall

Titel: Dinotod: Tannenbergs vierter Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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„Bleib stehen!“ rief, während seine beiden Hände die silbernen Gitterstäbe ertasteten und sich an ihnen festklammerten.
    „Gott sei Dank!“, stieß Tannenberg erleichtert aus. „Junge, mach doch nicht so ’nen Quatsch! Komm jetzt rüber.“
    „Ich kann nicht“, entgegnete er mit sich überschlagender Stimme. Sein Kopf pendelte dabei wild hin und her. Die eine Hand löste sich vom Zaun. „Ich kann nicht!“
    „Natürlich kannst du. Du musst es nur wollen!“
    „Nein, ich kann nicht!“
    „Aber warum denn nicht?“
    Während sich Tannenberg ernsthafte Gedanken darüber machte, ob er mit seiner gegenwärtigen Gesprächsstrategie nicht zu großen Druck ausübte, war der Mann auf dem Felsvorsprung gänzlich verstummt. Er schien von starken inneren Krämpfen gemartert. Wie bei einer schweren Kolik krümmte er sich mit schmerzverzerrtem Gesicht. Als für einen Augenblick etwas Ruhe in die geschundene Gestalt einkehrte, lehnte er sich mit dem Oberkörper über das Geländer, so als wolle er sich erbrechen.
    Dann hob er den Kopf und gebar in die einzelnen Silben zerlegt das eigentlich Unaussprechliche: „Ich ha-be vier Men-schen-le-ben auf dem Ge-wis-sen!“
    Tannenberg traf fast der Schlag. Seine Sprechwerkzeuge wurden durch diesen Satz sofort schockgefrostet. Die Gesichtszüge erstarrten zu einer hölzernen Maske. Mit offenem Mund stierte er in Richtung der Aussichtsplattform. Er begann zu zittern, Kälteschauer durchfluteten ihn. Unbeholfen tastete er nach der Hand seines jungen Kollegen, fand sie, drückte sie fest, so als wolle er sich dadurch seines Beistandes versichern.
    Stimmengewirr loderte in seinem Rücken auf.
    „Ach du Scheiße!“, murmelte Schauß. „Das ist ja einer der Walther-Brüder!“ Es folgte ein starker Ruck an Tannenbergs Hand. „Wolf, hast du gehört, was ich eben gesagt habe?“
    Tannenberg kam langsam wieder zur Besinnung. „Ja.“
    Reiß dich zusammen!, forderte der aufdringliche Quälgeist in seinem Kopf.
    „Peter, das Spiel ist aus!“, ertönte plötzlich eine tiefe Männerstimme hinter den beiden Kriminalbeamten. Erschrocken wandten sie sich um und erblickten Paul Wal-ther, wie er sich aus der gaffenden Menge löste und langsam auf sie zugeschritten kam.
    Schauß zog sofort seine Waffe, richtete sie auf den Kopf des brutalen Gewaltverbrechers. Der störte sich aber nicht weiter daran, sondern passierte die Ermittler ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen. Er war ausschließlich auf seinen Bruder fixiert.
    „Paul, bleib stehen!“, schrie ihm Peter entgegen.
    Der aber reagierte nicht.
    „Bleib sofort stehen oder ich springe.“ Zur Untermauerung seiner Drohung lehnte Peter sich so weit über den Abhang, wie es ihm mit dem am Zaun festgehakten, ausgestreckten Arm möglich war. Der Handlauf bog sich bedenklich zum Barbarossawoog hinunter, an dessen Ufer nach wie vor der stachelige Dinosaurier stand.
    Nun befolgte Paul die Anweisung und stoppte abrupt seine Gehbewegungen.
    „Wieso bist du denn nicht abgehauen? Ich hab dich doch gewarnt. Hast du meine Nachricht nicht bekommen?“, schimpfte Peter.
    „Doch, natürlich! Sonst wär ich ja wohl kaum hier.“
    „Wieso?“
    „Wieso wohl?“ Da er nicht ernsthaft eine Antwort auf seine rhetorische Frage erwartete, fuhr er gleich fort: „Als ich vorhin hinter der Eselsfürth an der Ampel stand und die Mailbox abgehört hab, bin ich gleich zu dir nach Hause gefahren. Und als du nicht mehr da warst, hab ich einfach eins und eins zusammengezählt. Schließlich kenne ich dich schon lange genug.“
    „Du hast die andere Frau nicht mehr umgebracht?“
    „Wie denn? Du hast mich ja noch nicht mal auf die Autobahn kommen lassen.“ Er nickte heftig. „Ist vielleicht auch besser so. Komm, Brüderlein, jetzt hör endlich auf mit diesem Schwachsinn. Das Spiel ist aus. Wir haben verloren. Das ist zwar hart, aber es ist nun mal so. Scheiß Spiel!“ Er seufzte laut auf. „Dabei hatten wir es fast geschafft!“
    „Wieso bist du nicht abgehauen?“, stellte Peter abermals die Frage, die ihn enorm zu beschäftigen schien.
    „Bist du damals etwa abgehauen?“
    „Was?“
    „Hast du mich damals etwa im Stich gelassen, als ich beim Schlittschuhlaufen auf dem Blechhammer eingebrochen bin?“ Paul schüttelte heftig den Kopf. „Nein, nein, du hast mir geholfen. Du hast sogar dein Leben für mich aufs Spiel gesetzt. Alle anderen sind weggerannt. Diese verdammten Feiglinge. Erinnerst du dich?“
    „Klar. Aber ich musste dir doch
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