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Dinner for One auf der Titanic

Dinner for One auf der Titanic

Titel: Dinner for One auf der Titanic
Autoren: Michael Koglin
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Kapitän?«, fragte er.»Mit all seinen Offizieren?«
    An seiner Hand zog ein Mädchen.
    »Aber wenn die Nitanic aus Eisen ist, wieso kann sie dann schwimmen?«
    »Titanic. Und es ist das größte Schiff der Welt.«
    »Sie ist aber doch aus Eisen.«
    So ganz unrecht hatte die Kleine nicht, fand James. Aber wie auch immer. Die Schiffsbauer hatten sicher gewusst, was sie da taten, als sie das Schiff aus Streben, Eisenplatten und Nieten zusammengefügt hatten. Sicher befanden sich unter den Gaffern auch einige der irischen Werftarbeiter, die diesen Dampfer bei Harland & Wolff in Belfast gebaut hatten. Hoffentlich hatten sie bei der Arbeit nicht zu viel getrunken.
    Eine Frau in einem hellblauen Wollmantel winkte hinauf zu einem der Decks, auf dem ein Mann seinen Hut schwenkte. Am Pier kurbelten drei Männer an ihren Filmkameras, und vielleicht zwanzig Fotografen richteten ihre Stative immer wieder neu aus.
    Ein Kran hievte ein chromblitzendes Auto über eine Ladeluke des Frachtraumes. Langsam und unter den knappen Kommandos eines Lademeisters verschwand das Auto im Bauch des Schiffes. Es folgte eine gewaltige Kiste, in der man einen ausgewachsenen Elefanten hätte unterbringen können. Aus dem Inneren drang eine Art Fauchen. Sollte das hier so etwas wie die Arche Noah werden?
    Über einen Steg trugen Männer in Stoff gewickelte Kästen an Bord. Die Träger ächzten unter dem Gewicht, das sie an Bord zu wuchten hatten. Ein auf dem Pier stehender Schiffsoffizier dirigierte die Männer und benutzte dazu seine Mütze.
    »Nach links, verdammt noch mal, passt auf, wohin ...«
    Der vordere Träger stolperte über ein Tau und ließ den Kasten los. Die hinter ihm gehenden Männer versuchten sich dem auf sie zukommendem Gewicht entgegenzustemmen, sprangen aber schließlich zur Seite. Ratternd rutschte der Kasten die Laderampe herunter. Das grobe Leinentuch riss auf und ... James gefror das Blut in den Adern. Ein Sarg! Er krachte gegen einen Poller und der Deckel rutschte zur Seite. Eisstücke rieselten aus dem Innern und dann glitt seitlich ein blasser Arm heraus. Es sah aus, als winke der Tote ihn an Bord. Ein schlechtes Zeichen? Auf alle Fälle ein schrecklicher Anblick. Kein Wunder, dass die Titanic diese Fracht nicht in ihrem Bauch haben wollte.
    Der Offizier brüllte auf die Träger ein. Eilig stopften sie den Arm wieder in den Sarg und verschraubten den Deckel. Warum wurden in aller Heimlichkeit Tote an Bord geschafft?
    James hatte gehört, dass Seeleute äußerst abergläubisch waren. Wie passte das zusammen? Die Reeder schickten diesen gewaltigen Kahn auf Jungfernfahrt übers Meer und verstauten im Schiffsbauch ein paar Särge? Das konnte nicht mit rechten Dingen zugehen. Andererseits: Was ging ihn das an? Schließlich war er kein Seemann. Hauptsache, er kam rasch nach Kanada, an den Klondike.
    Ein samtschwarzes Auto rollte direkt an die Gangway, die den Passagieren der ersten Klasse vorbehalten war. Federnd sprang ein vielleicht fünfzigjähriger Mann aus dem Wagen. Ein weißer Seidenschal wehte im Wind, und der Mann lüftete seinen Zylinder. Er sog an einem Zigarillo und grüßte zur Titanic hinüber. Sein Zwicker fiel aus dem Auge, und der Mann nickte lächelnd. Ihm folgte ein jüngerer Mann, der eine Aktentasche schützend vor seinen Leib presste.
    »Papperlapapp, Breastsucker, Sie werden mir auf den letzten Metern doch nicht neurotisch werden? Ich wünsche in dieser Angelegenheit keine weiteren Analysen. Verstehens?«, sagte der Mann mit dem Zwicker.
    »Aber ich neige zu Seekrankheiten und ...«
    »Das Einzige, was mir Sorgen macht, ist die Tatsache ...«
    »Sie machen sich sorgen, Professor?«
    »Dieses Schiff ist weiblich, und einem Weib mein Schicksal anzuvertrauen ... na ja. Aber schließlich sind wir ja alle aus einem Mutterschoß geboren.«
    James glaubte, das Gesicht des Mannes an einem der letzten Tage in der Times gesehen zu haben. Und dann fiel es ihm ein. Ja, es war dieser seltsame Professor aus Wien, dieser Seelenklempner, der die Gefühle und Sehnsüchte eines Mannes an der Länge seines ... Nun ja, jedenfalls vertrat der Mann höchst eigenwillige Ideen, über die man hinter vorgehaltener Hand munkelte.
    Jede Menge Witze kursierten über seine skurrilen Theorien. Der Mann glaubte tatsächlich, dass Frauen neidisch auf das seien, worüber sie da unten nicht verfügten. Aber wie konnte man neidisch auf etwas sein, das einem nun einmal nach göttlicher Ordnung nicht zugedacht war? War ein Fisch neidisch,
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