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Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin

Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin

Titel: Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin
Autoren: Sascha Kathrin / Lobo Passig
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Ariely und Klaus Wertenbroch lautet: «Lange bevor man sich beispielsweise tatsächlich verpflichtet, ein Buch zu schreiben, wirken die Vorteile einer solchen Tätigkeit überzeugend groß, und die Kosten scheinen gering. Deshalb nehmen Autoren solche Aufgaben auf sich. Aber mit dem Näherrücken der Deadline verändert sich die Kosten-Nutzen-Wahrnehmung. Die Autoren erkennen immer deutlicher die Kosten (nämlich die zur Fertigstellung benötigte Zeit), während der Nutzen immer unklarer scheint.» Auf dieser Überlegung fußen die folgenden Modelle:
    «Time Discounting»
    Da die zur Verfügung stehende Zeit begrenzt ist, arbeiten Menschen an dem, was ihnen den größten Nutzen bringt. Leider ist nicht immer ganz klar, was das ist. Wenn mit AufgabeA ein größerer Nutzen einhergeht und sie zu einem früheren Termin fertig sein muss als Aufgabe B, fällt die Entscheidung leicht. Nun kommt es im Alltag häufig vor, dass Aufgabe B zwar weniger sinnvoll ist, aber vor A fertig sein muss («erst Fahrrad reparieren, dann Diplomarbeit schreiben»). Weil der Nutzen, der sich aus Aufgabe A ergibt, so weit in der Ferne liegt, sieht er kleiner aus als der Nutzen von Aufgabe B.   Das führt dazu, dass Aufgaben mit weit entfernter oder fehlender Deadline und Aufgaben, deren Nutzen sich erst später zeigt, zugunsten unwichtiger, aber dringender Aufgaben vernachlässigt werden.
    «Discounted Expectancy»
    Wir müssen uns ständig zwischen unterschiedlichen Beschäftigungen entscheiden. Unsere Beweggründe für diese Entscheidungen lassen sich in einer einfachen Formel ausdrücken: Nutzen = (Erfolgswahrscheinlichkeit mal Wert) geteilt durch (Verspätungsempfindlichkeit mal Wartezeit). Je höher der Nutzen, desto leichter fällt die Entscheidung für eine bestimmte Tätigkeit. «Erfolgswahrscheinlichkeit» beschreibt, wie wahrscheinlich die Tätigkeit zu einem bestimmten Ergebnis führt, «Wert» gibt an, wie erfreulich dieses Ergebnis ist. Die Wartezeit gibt an, wie lange man durchschnittlich warten muss, um das Ergebnis einer Tätigkeit genießen zu können. Je länger diese Wartezeit, desto weniger erstrebenswert erscheint die ganze Angelegenheit. Während der Nutzen einer Beschäftigung wie «im Bett herumliegen und DVDs gucken» kaum schwankt, wächst der Nutzen anderer Beschäftigungen wie «arbeiten und Geld verdienen» mit dem Näherrücken der Deadline. Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem die Geldverdien-Kurve die Herumliege-Linie schneidet, also der Nutzen der zu erledigenden Aufgabe den Nutzen aller Alternativen übersteigt. Jetzt springt man aus dem Bett undfängt an zu arbeiten. Ungeklärt bleibt hier wiederum, wie es zu den individuell unterschiedlichen Werten für die Verspätungsempfindlichkeit kommt.
    Das duale System
    In diesem Modell wird jeder Mensch von einem kurzsichtigen und einem langfristig planenden Wesen bewohnt. Die beiden haben viele Interessen gemeinsam, handeln aber unabhängig voneinander. Die kurzfristig planende Persönlichkeit sorgt für das Wohlergehen in Gegenwart und naher Zukunft. Die langfristig planende Persönlichkeit ist bereit, momentane Bequemlichkeiten zugunsten größerer zukünftiger Vorteile zu opfern. Was von außen betrachtet wie das unlogische Verhalten einer einzigen Person wirkt, ist in Wirklichkeit das vollkommen rationale Verhalten zweier unterschiedlicher Unterpersönlichkeiten. Aus Magnetresonanztomographie-Studien geht hervor, dass für impulsive, schnelle Entscheidungen tatsächlich andere Teile des Gehirns zuständig sind als für die langfristige Planung. Die Rollenverteilung zwischen den beiden Persönlichkeiten ist allerdings nicht rein schwarzweiß: Das impulsive Ich fordert nicht immer nur schnellen Sex und ungesundes Essen, sondern ist durchaus auch in der Lage, zum Beispiel durch spontanes Unterschreiben eines Ökostromvertrags das langfristig planende Ich zu steuern.
     
    Die Tatsache, dass es derart viele Modelle gibt, deutet darauf hin, dass Prokrastination entweder aus vielen verschiedenen Quellen entspringt oder die Wissenschaft das Thema noch nicht so ganz im Griff hat. Vermutlich ist beides richtig. Und vielleicht stellt sich auch nach weiteren Jahren der Prokrastinationsforschung heraus, dass sich alles anders verhält. Nämlich zum Beispiel wie in dieser Theorie von Jochen Reinecke:«Ich bin Dezember 1995 in die Eisenacher Straße zu Berlin gezogen, in eine schmucklose Neubauwohnung, die unbeschreibbare Vorhänge und Gardinen enthielt. Von 1995 bis
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