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Dieses heiß ersehnte Glueck

Titel: Dieses heiß ersehnte Glueck
Autoren: Jude Deveraux
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Flackern in seinen Augen. Er betrachtete sie mit dem typischen Blick eines Mannes, der sich ein Urteil über die Qualität einer Frau und über ihre soziale Stellung bilden will. Er fand sie offensichtlich in beiden Punkten mangelhaft. »Wer ist deine . . . hübsche Freundin, Bess?«
    Manieren, dachte Bess. Diese Leute lernten schon in der Wiege gutes Benehmen. »Das ist meine Schwester Leah«, antwortete sie mit gepreßter Stimme. »Leah, du gehst jetzt am besten nach Hause.«
    »Es ist noch zu früh dazu«, antwortete Leah und trat in den Lichtkreis der Laterne. Bess sah sie mit den Augen einer Fremden an: die Armut und die Entbehrungen hingen über ihr wie eine dunkle Wolke. Doch Leah schien sich ihrer Erscheinung nicht bewußt zu sein. Sie verschlang Wesley mit schmelzenden Augen. Er erwiderte ihren Blick-und wurde nachdenklich.
    »Vielleicht setzen sich die beiden Ladies zu einem Glas zu mir?«
    Bess stellte sich zwischen Leah und Wesley. Leah warf in ihrer Unschuld Wes Blicke zu, wie sie gewöhnlich nur erfahrene Dirnen zustande brachten. »Ich habe noch an der Theke zu tun«, sagte Bess und setzte mit einem bösen Blick auf Leah hinzu: »Und du mußt nach Hause.«
    »Zu Hause erwartet mich niemand und nichts«, erwiderte Leah und schob sich geschickt an ihrer Schwester vorbei. »Ich würde sehr gern ein Glas mit dir trinken, Wesley.«
    Sie sprach seinen Namen aus, als würde sie ihn hundertmal am Tag sagen — was sie insgeheim auch tat —, und bemerkte nicht, wie Wes die Augenbrauen hob, als sie in der Nische Platz nahm und erwartungsvoll zu ihm hochsah.
    »Der Punsch ist gut«, sagte Leah.
    Wes blickte einen Moment lang auf ihr schmutziges, zerkratztes und blutunterlaufenes Gesicht hinunter, ehe er ihr gegenüber auf der Bank Platz nahm und im ruhigen Ton zu Bess sagte: »Dann also zwei Krüge Punsch.«
    Wütend entfernte Bess sich wieder zur Theke.
    »Arbeitest du jetzt auch für Ben?« fragte Wes Leah.
    »Ich wohne immer noch bei meiner Familie.« Sie verschlang ihn mit den Augen und erinnerte sich an jede Kante und Linie seines Gesichts. »Hast du damals die Frau deines Freundes wiedergefunden?« fragte sie, während ihr der Tag, an dem sie Wes zum erstenmal begegnet war, lebhaft vor Augen stand.
    Zuerst schien er nicht zu verstehen, was sie meinte. »Clays Frau?« fragte er und lächelte dann erstaunt. »Du wirst doch wohl nicht das kleine Mädchen sein, das uns damals geholfen hat?«
    Stumm und ehrfürchtig zog Leah die abgewetzte Goldmünze aus ihrer Rocktasche und legte sie auf den Tisch.
    Verwundert nahm Wesley sie auf und hielt sie ins Licht, um das Loch zu betrachten, das auf eine primitive Weise durch die Münze gebohrt worden war.
    »Wie . . .?« fragte er.
    »Mit einem Nagel«, sagte sie und lächelte. »Ich brauchte eine Weile dafür; aber ich fürchtete, ich würde sie verlieren, wenn ich sie nicht mit einer Schnur an meinem Körper befestigte.«
    Stirnrunzelnd legte Wesley die Münze auf den Tisch zurück. Seltsam, daß dieses Mädchen das Gold so lange aufbewahrt hatte, wo es doch offensichtlich kaum das Nötigste zum Leben hatte. Ihr unglaublich schmutziges Haar war aus der Stirn gestrichen, und Wes fragte sich beiläufig, was für eine Farbe es wohl haben mochte, wenn es gewaschen wäre.
    Als Leah wieder nach der Münze griff, berührte sie seine Fingerspitzen. Mit angehaltenem Atem strich sie mit zwei Fingern darüber hin, bestaunte die sauberen Nägel und die Form der breiten, leicht gewölbten Kuppen.
    Bess stellte zwei Krüge auf den Tisch, daß der Punsch überschwappte, und meinte mit einem wütenden Blick auf Leah: »Mr. Stanford, warum erzählen Sie meiner Schwester nicht mal was von der hübschen jungen Dame, die Sie demnächst heiraten werden? Leah möchte zu gern alles über sie wissen. Sagen Sie ihr, wie schön sie ist, wie gut sie tanzen kann, und was für hübsche Kleider sie besitzt.«
    Wes entzog Leah seine Hand und lachte glucksend. »Vielleicht solltest du ihr das lieber erzählen, Bess, da du offenbar so viel über meine zukünftige Frau weißt.«
    »Ich denke, das werde ich auch übernehmen«, antwortete Bess resolut, holte sich einen Stuhl vom Nachbartisch heran und schob ihn ans Ende der Nische. Doch ein scharfer Blick von Leah hielt sie davon ab, sich hinzusetzen.
    »Ich würde mir lieber anhören, was Wesley über sie zu erzählen weiß«, sagte Leah leise, während sie Bess dabei beschwörend ansah.
    Diese hielt den flehenden Blick ihrer Schwester einen Moment
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