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Diesen Partner in den Warenkorb legen

Diesen Partner in den Warenkorb legen

Titel: Diesen Partner in den Warenkorb legen
Autoren: Annabel Dilling
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Teller Nudeln und pfefferte ihn auf den Boden.
    »Ich hatte Momente, wo ich dachte, vielleicht war’s das einfach. Vielleicht hält unsere Beziehung eben nur dreizehn Jahre. Meinen das die Leute, wenn sie sagen, sie hätten sich auseinandergelebt?«, erinnert sich Silke. Doch sie wollte sich nicht kampflos geschlagen geben. »Dreizehn Jahre, meine Güte! So lange schaffen es die meisten doch erst gar nicht.« Schon öfter hatte sie Tobias vorgeschlagen, zu einem Paartherapeuten zu gehen. Irgendwann im Sommer 2011 – die Kleinigkeit einer offenen Kühlschranktür hatte mal wieder genügt, um große Dinge in Frage zu stellen – stimmte Tobias zu. »Schlimmer konnte es nicht werden«, sagt er rückblickend, und Silke sagt: »Es war fünf vor zwölf.«
    Gerade in der Mittelschicht hat Paartherapie in den vergangenen Jahren eine breite Akzeptanz erfahren. Es ist nichts mehr dabei, sich Gutscheine für Therapie-Schnupperstunden zum Geburtstag oder zum Hochzeitstag zu schenken – gedacht für schlechte Zeiten oder als Präventionsmaßnahme. Auch die Klientenzahlen kirchlicher Angebote für Ehe- und Paarberatung steigen seit Jahren. Aus der esoterisch angehauchten Psychoecke ist Paartherapie längst in den Mainstream vorgedrungen.
    Das sieht man auch daran, wie präsent Paartherapeuten in den Medien sind: Magazine wie der Stern, Brigitte oder das Eltern-Magazin Nido präsentieren Paartherapeuten als lebenskluge Experten, die den Lesern die Liebe erklären. Der wohl bekannteste Vertreter der Zunft, der Münchner Paartherapeut Wolfgang Schmidbauer, hat seit Jahren eine Kolumne im ZEIT magazin, andere, wie Arnold Retzer aus Heidelberg, stehen mit ihren Büchern wochenlang in der SPIEGEL -Bestseller-Liste.
    So paradox das klingt: Die Möglichkeit, sich scheiden zu lassen, hat auch die Bereitschaft erhöht, Beziehungsprobleme zu lösen. Seit den sechziger Jahren, seit also Kirche oder Familie nicht mehr verhindern, dass man sich trennt (weil in ihrem Wertesystem eine Trennung nicht vorgesehen ist), müssen sich Paare selbst darum kümmern – und tun das auch. Der Gang zur Paartherapie und die Auseinandersetzung mit den Konfliktlösungstechniken der Ratgeberliteratur verdeutlichen das Ringen und Kämpfen von Paaren mit der Realität, das Bewusstsein für die Verantwortung der eigenen Lebensentscheidung – und oft genug auch für die der Kinder. Bevor man sich trennt, muss man alles versucht haben. Man hat sich gefälligst anzustrengen.
    (Bei vielen Paaren greift natürlich auch das, was Ökonomen »Sunk Cost Fallacy« nennen, also frei übersetzt die Angst vor dem Verlustgeschäft: Wenn man schon viel investiert hat, hört man nicht auf, sonst wären ja irreversible Kosten entstanden. Ein Grund, warum so viele in Beziehungen bleiben, die ihnen schaden.)
    Für Tobias und Silke war der Schritt nicht der verzweifelte Versuch, ihre »Investitionen« zu retten. Und auch nicht der Beweis dafür, dass ihre große Liebe nun Kratzer hat, im Gegenteil: »Wir fanden, dass wir unsere Probleme endlich in Angriff nehmen und versuchen, das wieder hinzukriegen.« Schon der Beschluss fühlte sich erleichternd an.
    Beziehungspflege-Maßnahmen – Wehe, du lässt dich in der Partnerschaft gehen
    Eines der größten Vergehen in Langzeitbeziehungen und ein Klassiker vor dem Scheidungsanwalt ist der Vorwurf, der Partner habe »sich gehen lassen«. Wer sich nicht anstrengt, für den anderen attraktiv zu bleiben, so die Meinung in Zeiten unendlicher (Partner-)Wahlfreiheit, muss sich nicht wundern, wenn es zur Reklamation kommt – zur Produktrückgabe wegen frühzeitiger Abnutzung; wobei diese einen umso härter trifft, je stärker getönt die rosarote Brille war, die man zu Beziehungsbeginn aufgesetzt hat: »Zu lieben heißt überzubewerten«, schreibt Eva Illouz und meint damit jene Idealisierung und Verklärung einer Person, die die Gefühlsmaschine erst in Gang setzt. Aber es hat nun mal fatale Folgen, den anderen für immer auf dem Podest zu lassen, auf das man ihn gestellt hat: jung, schlank und schön, im Originalzustand, so wie man sich ineinander verliebt hat.
    Was für einen psychologischen Druck vor allem Frauen verspüren, um für ihren Mann attraktiv zu bleiben! Welchem Stress sie sich aussetzen, um nach der Geburt des ersten Kindes wieder zu einem sexuellen Wesen zurückzutransformieren: Da werden Schamlippen, Bäuche und Busen gestrafft. Da werden Diäten gemacht und der Mommy-Body gestählt.
    Beziehungspflege ist heute vor allem
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