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Dienstanweisungen für einen Unterteufel

Dienstanweisungen für einen Unterteufel

Titel: Dienstanweisungen für einen Unterteufel
Autoren: C.S. Lewis
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Hinnahme des gegenwärtigen und tatsächlichen Leidens, auch wenn dieses Leiden aus Angstzuständen besteht, ist viel leichter und erhält gewöhnlich die unmittelbare Hilfe.
    Es handelt sich hier um ein wichtiges Gesetz des geistlichen Lebens. Ich habe Dir erklärt, daß Du sein Gebet schwächen kannst, indem Du seine Aufmerksamkeit während des Betens vom Feinde selbst abziehst, um sie auf seine seelische Verfassung in bezug auf den Feind zu richten. Anderseits wird es leichter, Angst zu beherrschen, wenn die Aufmerksamkeit des Patienten vom Gegenstand seiner Angst abgelenkt und auf die Angst selbst als auf eine gegenwärtige unerwünschte Geistesverfassung gelenkt wird. Betrachtet er also diese Angst als das ihm verordnete Kreuz, so wird er sie unvermeidlich als einen Geisteszustand verstehen. Daraus ergibt sich die allgemeine Regel: Wo immer geistige Tätigkeit unsere Sache begünstigt, bestärke den Patienten darin, jeder Selbsterkenntnis auszuweichen und sich auf den Gegenstand zu konzentrieren: wo sie jedoch dem Feind zum Vorteil wird, lasse seine Gedanken nur um das eigene Ich kreisen. Lasse seine Aufmerksamkeit durch eine Beleidigung oder auch durch den Anblick eines weiblichen Körpers in solchem Maß nach außen festgehalten werden, daß er gar nicht zu der Überlegung kommt: „Ich bin daran, mich vom Zorn beherrschen zu lassen – oder mich von der Lust beherrschen zu lassen.“ Fixiere anderseits seine Aufmerksamkeit durch den Gedanken: „Meine Gefühle gewinnen beständig an Innigkeit oder an Liebe“, so auf sein Inneres, daß er nicht mehr über sich selbst hinaus auf unseren Feind oder seine eigenen Nachbarn zu sehen vermag.
    Was seine mehr allgemeine Einstellung zum Kriege betrifft, darfst Du Dich nicht zu sehr auf jene Gefühle des Hasses verlassen, über die die Menschen in christlichen oder antichristlichen Zeitschriften mit Vorliebe diskutieren. Der Patient kann natürlich in seiner Angst dazu getrieben werden, sich durch rachsüchtige Gefühle gegenüber den führenden Persönlichkeiten Deutschlands Genugtuung zu verschaffen. Das mag, soweit es geht, gut sein. Doch es ist gewöhnlich eine Art melodramatischer Leidenschaft, die sich gegen eingebildete Sündenböcke richtet. Er ist diesen Leuten in Wirklichkeit nie begegnet, deshalb bleiben sie nur nach Zeitungsberichten geformte Strohpuppen. Die Resultate solchen eingebildeten Hasses enttäuschen oft sehr, und unter allen Menschen zeichnen sich die Engländer in dieser Beziehung als die jämmerlichsten Weichlinge aus. Sie gehören zu jener erbärmlichen Sorte von Geschöpfen, die mit großem Wesen verkünden, die Folter sei noch zu gut für ihre Feinde, und die dem ersten verwundeten deutschen Piloten, der an der Hintertüre ihres Hauses anklopft, Tee und Zigaretten anbieten.
    Tu, was Du willst, immer wirst Du Güte und Bosheit nebeneinander in der Seele Deines Patienten finden. Die Hauptsache ist, die Bosheit auf den allernächsten Nachbarn zu lenken, dem er tagtäglich begegnet, die Güte aber hinauszuverlegen an den fernsten Horizont, zu Menschen, die er gar nicht kennt. Auf diese Weise gewinnt die Bosheit an Wirklichkeit, während die Güte größtenteils nur noch in der Einbildung weiterlebt. Es hat keinen Wert, seinen Haß gegen die Deutschen anzustacheln, wenn zwischen ihm und seiner Mutter, seinem Chef und dem Mann, dem er in der Bahn begegnet, zu gleicher Zeit die verderbliche Gewohnheit der Nächstenliebe zu wachsen beginnt. Stelle Dir Deinen Mann als eine Anzahl konzentrischer Kreise vor. Im innersten Kreis befindet sich sein Wille, im nächsten sein Verstand und zuletzt seine Phantasie. Du kannst kaum hoffen, mit einem Schlag alles, was nach dem Feinde riecht, aus diesen Kreisen entfernen zu können. Aber du darfst nicht nachlassen, alle Tugenden mehr und mehr nach außen zu schieben, bis sie sich schließlich im Bereich der bloßen Phantasie befinden; alle Eigenschaften aber, die uns von Nutzen sind, schiebst Du einwärts in den Bereich des Willens. Nur so weit, als die Tugenden den Willen erreichen und sich dort zu festen Gewohnheiten verkörpern, werden sie für uns gefährlich. (Selbstverständlich rede ich nicht von dem, was der Patient unter seinem Willen versteht: die an den Tag gelegte, lärmvolle Aufregung seiner Entschlüsse und zusammengebissene Zähne, sondern von dem wirklichen Zentrum, das der Feind Herz nennt.) Alle die Tugenden, die seine Phantasie sich vormalt oder denen der Verstand zustimmt oder die er sogar bis
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