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Dienstanweisungen für einen Unterteufel

Dienstanweisungen für einen Unterteufel

Titel: Dienstanweisungen für einen Unterteufel
Autoren: C.S. Lewis
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ziemlicher Gewißheit. Hat er vor Beginn dieses gegenwärtigen Krieges je an der Rechtmäßigkeit aktiver Teilnahme an einem gerechten Krieg ernsthaft gezweifelt? Ist sein körperlicher Mut groß genug, so daß er in bezug auf den wahren Grund seines Pazifismus keine Hintergedanken hegt? Ist er bei größtmöglicher Ehrlichkeit (kein Mensch ist je ganz ehrlich) völlig davon überzeugt, daß er voll und ganz nur von dem einen Wunsch getrieben ist, dem Feinde zu gehorchen? Sollte er wirklich ein Mensch dieser Art sein, wird uns sein Pazifismus wahrscheinlich wenig nutzen, und der Feind wird ihn wahrscheinlich bewahren von den Folgen des Sektierertums. Die beste Taktik in diesem Falle wäre der Versuch, ihn in eine plötzliche, verworrene Gefühlskrise zu stürzen, aus der er wahrscheinlich als unsicherer, bekehrter Nationalist hervorgehen würde. Solche Dinge lassen sich oft deichseln. Ist er aber der Mann, für den ich ihn halte, dann versuche es mit dem Pazifismus.
    Welchen Weg er auch immer einschlagen mag, Deine Hauptpflicht wird dieselbe bleiben. Lasse ihn damit beginnen, daß er seinen Nationalismus oder Pazifismus als Teil seiner Religion betrachtet. Dann bringe ihn so weit, daß er ihn unter dem Einfluß des Parteigeistes als den wichtigsten Teil seiner Religion ansieht. Dann gängle ihn ruhig und Schritt um Schritt zu dem Stadium, in dem die Religion nur noch Teil der „Sache“ wird und in dem das Christentum hauptsächlich geschätzt ist, weil es glänzende Beweise zugunsten der britischen Kriegsanstrengungen oder für den Pazifismus hervorzubringen vermag. Sei aber stets auf der Hut, daß er nicht die Haltung einnimmt, die die weltlichen Geschäfte in erster Linie als Gelegenheit zum Gehorsam ansieht. Hast Du einmal die Welt zum Ziel seines Lebens und den Glauben zum Mittel gemacht, dann hast Du Deinen Mann beinahe gewonnen, und es ist nahezu gleichgültig, welchem weltlichen Ziele er zustrebt. Wenn ihm einmal Versammlungen, Werbeschriften, Politik, Bewegungen, Anlässe und Kreuzzüge mehr bedeuten als Gebete, Sakramente und Nächstenliebe, so gehört er uns, und je „religiöser“ (in dem genannten Sinn) er ist, um so gewisser gehört er uns. Ich könnte Dir hier unten einen netten Käfig voll solcher Wesen zeigen.
    Dein Dich liebender Oheim
    Screwtape

VIII
    Mein lieber Wormwood,

    So, Du „hegst große Hoffnungen, daß das religiöse Stadium Deines Patienten im Abflauen begriffen“ ist? Wirklich? Ich war schon immer der Meinung, die Schulungsakademie habe Schiffbruch erlitten, seitdem der alte Slubgob an ihre Spitze gestellt wurde; nun habe ich die Bestätigung. Hast Du nie etwas von einem Gesetz der Wellenbewegung gehört?
    Der Mensch ist ein Amphibium – halb Geist, halb Tier. (Der Entschluß des Feindes, solch einen empörenden Mischling zu schaffen, war einer der Gründe, die Unsern Vater bestimmt haben, Ihm seine Unterstützung zu entziehen.) Als Geister gehören sie der ewigen Welt, als Tiere jedoch der Vergänglichkeit an. Während also ihr Geist auf ein ewiges Ziel ausgerichtet werden kann, ist ihr Körper, sind ihre Leidenschaften, ihre Vorstellungen fortwährenden Veränderungen unterworfen, denn in der Zeit leben heißt sich wandeln. Sie kommen daher der Beständigkeit am nächsten durch eine wellenförmige Bewegung: die immer wiederholte Rückkehr zu einer Ebene, von der sie immer wieder herabfallen, eine Folge von Tiefpunkten und Höhepunkten. Hättest Du Deinen Patienten sorgfältig beobachtet, so hättest Du diese Wellenbewegung überall in seinem Leben entdecken können; in seinem Arbeitseifer, in seinen Freundschaften, in seinen körperlichen Gelüsten, das alles steigt und fällt. Solange er auf Erden lebt, werden Zeiten der Lebensfülle, des physischen und geistigen Reichtums und der Vitalität abwechseln mit Zeichen der Dürre und der Armut. Die Periode der Trockenheit und der Teilnahmslosigkeit, die Dein Patient jetzt durchlebt, ist nicht Dein Werk, wie Du in Deiner Einbildung annimmst. Sie ist eine ganz natürliche Erscheinung, die uns absolut nichts einträgt, wenn Du sie nicht klug auszunützen verstehst.
    Um zu entscheiden, was sich aus der momentanen Lage am besten machen läßt, mußt Du herausbringen, was der Feind damit beabsichtigt, und dann das Gegenteil tun. Nun mag Dich die Tatsache überraschen, daß Er bei seinem Bemühen um den endgültigen Besitz einer Seele weit mehr auf ihre Tiefpunkte als auf ihre Höhepunkte baut. Einige Seiner besonders Auserwählten sind
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