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Die Zwerge

Die Zwerge

Titel: Die Zwerge
Autoren: Markus Heitz
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Weg für einen neuerlichen Sturm.
    Die Elben wendeten ihre Pferde und zogen sich zurück, um die Ungeheuer aus sicherer Entfernung zu beobachteten. Einer der beiden Reiter nahm einen gewaltigen Bogen von der Schulter und legte einen Pfeil auf die Sehne. Die mit Handschuhen geschützten Finger lagen locker an der geflochtenen Schnur; der Schütze wartete, bis sein Einsatz benötigt wurde.
    Eilig schleppten die Zwerge Steinbrocken herbei und schleuderten sie auf die Bestien. Einige versuchten, den Wurfgeschossen zu entkommen. Doch kaum wandten sich drei Orks zu Flucht, ruckte der Bogen des Elben in die Höhe. Schneller als Glandallin schauen konnte, sandte er das erste, ungewöhnlich lange Geschoss auf die Reise. Schon brach das Ungeheuer getroffen zusammen.
    Während der Ork fiel, hatte der Elb bereits den nächsten Pfeil auf die Sehne gelegt und geschossen; das zweite Ungeheuer starb quiekend, das dritte nur einen Herzschlag darauf. Die anderen Scheusale verstanden die drastische Warnung und kehrten an ihre Arbeit zurück. Keiner wagte es, gegen den Mord an ihren Mitstreitern aufzubegehren; sogar die Unteranführer schwiegen vor Furcht, selbst tödlich gemaßregelt zu werden.
    Es dauerte bis zum Morgengrauen, dann lagen keine Trümmer mehr vor dem Tor.
    Die Zwerge vom Stamm des Fünften bestaunten ein bizarres Schauspiel. Während sich der Himmel im Osten allmählich hell einfärbte und das Nahen der Sonne verkündete, erhob sich im Norden eine breite Nebelbank. In ihrem Innersten schimmerte es schwarz, silbern und rot; die Farben mengten sich, und ihre Intensität wechselte unentwegt.
    Sie bewegte sich über die Köpfe der Ungeheuer hinweg und schwebte entgegen der Windrichtung auf das Tor zu. Die sonst so lärmenden Orks schwiegen, duckten sich ängstlich zusammen und hüteten sich, mit dem lebendigen Dampf in Berührung zu kommen. Auch die Oger wichen zurück. Demütig senkten die Elben die Häupter und entboten dem Brodem einen Gruß, wie er einem Herrscher gebührte. Der schimmernde Nebel senkte sich vor den Reitern zu Boden und verharrte.
    Dann geschah das Unfassbare: Ein Ruck lief durch das Portal, der Stein bebte, und der erste der fünf Riegel schob sich zurück. Jemand musste das Unfassbare getan und die magische Losung genannt haben, um das Geborgene Land den Horden preiszugeben!
    »Das kann nicht sein!«, rief Glandallin entsetzt und schaute zur anderen Seite des Portals hinab, um den Schuldigen zu entdecken. »Wie …«
    Es war Glamdolin Starkarm. Er stand einsam vor der Pforte, die Hände beschwörend gegen das Tor gereckt und die nächste Losung rufend.
    »Schweig, du Narr!«, schrie er entsetzt zu seinem Freund hinab. »Was tust du da?!«
    Aber der Zwerg wollte ihn nicht hören. Schon glommen die Runen der zweiten Sperre auf. Ächzend schob sich der Riegel zurück.
    »Es kann nur verfluchte Magie sein, die gegen uns wirkt«, mutmaßte Glandallin laut. »Der Nebel! Er muss ihn verhext haben!«
    Der dritte Riegel löste sich und gab die Eisenbänder am Portal frei.
    Jetzt kam Bewegung in die Reihen der Verteidiger. Die ersten sprangen auf und rannten zu den Treppen, um nach unten zu eilen und Glamdolin zum Schweigen zu bringen. Aber schon glitt die vierte Sperre aus ihrer Halterung. Nur noch ein Riegel war übrig und von den Zwergen, welche den Verräter, den Verhexten aufhalten sollten, nichts zu sehen.
    »Wir schaffen es nicht mehr rechtzeitig«, erkannte Glandallin grimmig. »Vraccas vergib mir meine Tat, aber es geht nicht anders.« Er nahm seine Axt und schleuderte sie mit aller Kraft und Wut nach dem Freund, mit dem er vorhin noch Seite an Seite gekämpft hatte.
     
    Die Klinge wirbelte durch die Luft, drehte sich um die eigene Achse und zischte in die Tiefe. Der Zwerg hatte gut Maß genommen, seine Waffe fand ihr Ziel.
    Glamdolin ächzte auf, als sich die Schneide in die linke Schulter grub. Ein Schwall Blut schoss aus der klaffenden Wunde, und er stürzte zu Boden. Glandallin dankte seinem Gott voller Erleichterung, dass er die Axt geleitet hatte.
    Doch es war bereits zu spät, der Verräter hatte sein schreckliches Ziel erreicht. Die letzte Barriere fiel.
    Die gigantischen Torflügel bewegten sich langsam. Rüttelnd, widerstrebend schwangen sie zurück, als spürte der Granit, dass er sich für die Falschen öffnete.
    Fels rieb auf Fels; aus dem schmalen Spalt wurde eine klaffende Lücke, die sich zu einem wachsenden Durchlass verbreiterte. Nach schier unendlich langer Zeit stand die Pforte
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