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Die zweite Haut

Die zweite Haut

Titel: Die zweite Haut
Autoren: Dean R. Koontz
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streckte sich rechts von ihm aus, damit sie seine unverletzte Hand halten konnte.
    Im Verlauf ihrer Unterhaltung erfuhr er, daß sie die Antwort auf die Frage wußte, die er Karl Clocker nicht hatte stellen können: Warum hat er wie ich ausgesehen ?
    Einer der mächtigsten Männer des Network, Hauptanteilseigner eines Medienkonzerns, hatte seinen vierjährigen Sohn durch Krebs verloren. Als der Junge vor fünf Jahren im Cedars-Sinai Hospital im Sterben lag, hatte man ihm Blut- und Knochenmarksproben entnommen, weil es der ausdrückliche Wunsch seines Vaters war, daß die Klone der Alpha-Serie aus dem genetischen Material seines Sohnes gezüchtet werden sollten. Falls funktionierende Klone Wirklichkeit wurden, wären sie ein dauerhaftes Denkmal für seinen Sohn gewesen.
    »Herr im Himmel, das ist widerlich«, sagte Marty. »Welcher Vater kann denn denken, daß eine Rasse genetisch fabrizierter Killer ein geeignetes Denkmal wären? Allmächtiger Gott.«
    »Gott hatte damit nichts zu tun«, sagte Paige.
    Der Repräsentant des Network, der die Blut- und Knochenmarksproben aus dem Labor holen sollte, hatte einen Fehler gemacht und statt dessen Martys Proben mitgenommen, die zeigen sollten, ob er ein geeigneter Spender für Charlotte wäre, sollte sie eine Transplantation benötigen.
    »Und die wollen die Welt beherrschen«, sagte Marty fassungslos. Er war längst nicht genesen und brauchte dringend Schlaf, aber eines mußte er noch wissen, bevor er einschlief. »Wenn sie erst vor fünf Jahren damit angefangen haben, ›Alfie‹ zu züchten … wie konnte er dann ein erwachsener Mann sein?«
    Paige sagte: »Laut Clocker haben sie das menschliche Grundmuster in mancherlei Hinsicht ›verbessert‹.«
    Sie hatten Alfie einen ungewöhnlichen Stoffwechsel und ungeheuer beschleunigte Fähigkeiten zur Regeneration gegeben. Außerdem erreichten sie sein phänomenales Wachstum mit Wachstumshormonen und machten in nicht einmal zwei Jahren mit ununterbrochener intravenöser Ernährung und elektrisch stimuliertem Muskelwachstum aus dem Embryo einen erwachsenen Mann Anfang Dreißig.
    »Wie ein verdammtes Gemüse in Hydrokultur«, sagte sie.
    »Großer Gott«, sagte Marty, sah zum Nachttisch und vergewisserte sich, daß die Uzi dort lag. »Hatten sie keine Zweifel, als der Klon keine Ähnlichkeit mit dem Jungen hatte?«
    »Zunächst einmal war der Junge im Alter zwischen zwei und vier Jahren vom Krebs hinweggerafft worden. Sie wußten nicht, wie er ausgesehen hätte, wäre er in dieser Zeit gesund gewesen. Und außerdem haben sie das genetische Material so sehr verändert, daß sie nicht sicher sein konnten, ob die Alpha-Generation überhaupt Ähnlichkeit mit dem Jungen haben würde.
    Sprache, Mathematik und anderes wurde ihm weitgehend durch hochentwickelte unterbewußte Suggestion beigebracht, während er schlief und wuchs.«
    Sie hatte ihm noch mehr zu sagen, aber ihre Stimme wurde allmählich ausgeblendet, während er in Träume von Treibhäusern versank, in denen menschliche Gestalten in Tanks voll viskoser Flüssigkeit schwammen …
    … sie sind mit einem Wirrwarr von Plastikschläuchen und Lebenserhaltungssystemen verbunden und wachsen rasch von Embryos zu Erwachsenen, allesamt Doppelgänger von ihm, und plötzlich schlagen sie zu Tausenden auf einmal die Augen auf, in Reihen von Tanks in einem Gebäude nach dem anderen, und sie alle sagen einstimmig: Ich muß mein Leben haben.

58
    Das Blockhaus lag inmitten eines mehrere Morgen großen Waldstücks ein paar Meilen von Jackson Hole, Wyoming, entfernt, das noch auf den ersten Schneefall des Jahres wartete. Karl hatte ihnen den Weg ausgezeichnet beschrieben, daher fanden sie das Haus ohne nennenswerte Schwierigkeiten und trafen samstags am Spätnachmittag ein.
    Das Haus mußte geputzt und gelüftet werden, aber die Vorratskammer war aufgefüllt. Als der Rost aus den Leitungen gespült worden war, schmeckte das Wasser sauber und frisch.
    Am Montag bog ein Range Rover von der Landstraße ab und fuhr zu ihrer Eingangstür. Sie beobachteten ihn nervös vom Fenster aus. Paige hielt die entsicherte Uzi in der Hand und entspannte sich erst, als sie sah, daß Karl auf der Fahrerseite ausstieg.
    Er kam gerade recht zum Mittagessen, das Marty mit Hilfe der Mädchen zubereitet hatte. Es bestand aus Eiern, Dosenwürstchen und Bisquits aus der Dose.
    Während sie zu fünft an dem großen Kieferntisch in der Küche aßen, machte Karl sie mit ihren neuen Identitäten vertraut. Die Zahl der
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