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Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Titel: Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi)
Autoren: Mona Misko
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auch in der Ausdrucksweise. Aber bei diesem scheinbaren Engel brauchte er wohl keine Rücksicht zu nehmen.
    „ Sie sollen ihm auch den Schwanz abgeschnitten ...“ Er sah die Farbe aus ihrem Gesicht weichen,„... und in den Mülleimer unter der Küchenspüle geworfen haben.“
    Eva war von einer Sekunde auf die andere leichenblass geworden. Ihre klaren blauen Augen stachen hervor. Er hatte noch nie Augen von so einem satten Blau gesehen. Und ganz sachte spürte er die Kälte, die darin lag.
    „Woran denken Sie, Eva? Fällt Ihnen etwas dazu ein?“
    Eva starrte auf einen imaginären Punkt im Raum.
    „Was hat er Ihnen getan, dass Sie ihn töten mussten?“, fragte er mit leiser weicher Stimme.
    Eva starrte noch immer auf ihren Punkt. Ihr Atem aber wurde heftiger. „Weiß nicht“, stieß sie leise hervor, „ich weiß nicht. Er hat geschnarcht, gesch..., wie eine ganze Bärenfamilie. Und er wollte ständig ein Baby von mir.“
    Wolf beobachtete sie. Ihre Augen lebten wieder auf, die Lider flackerten. Dann wandte sie den Kopf und sah ihn an. Plötzlich schlug sie sich mit der Faust vor die Stirn. „Mein Gott, was rede ich? So ein Blödsinn. Bin ich wohl bescheuert?!“ rief sie aufgebracht. „Hauen Sie ab! Verlassen Sie mein Zimmer.“ Kaum hatte sie die Worte ausgeschleudert, sprang sie vom Stuhl, dass er in die Ecke polterte.
    Wolf schnellte ebenfalls hoch und hechtete augenblicklich zur Seite. Verflixt, die Akte und das Gerät. Mit flinker Bewegung griff er sich beides vom Tisch, als ihn ihr erster Schlag am Hinterkopf traf. Für einen Moment spürte er den Drang, die Pfleger zu rufen, doch dann war ihm das zu dumm. Er ließ Akte und Gerät zurück auf den Tisch fallen. Gegen alle Regeln packte er seine Patientin an den Oberarmen und drückte sie barsch auf den Stuhl. Keuchend stand er über sie gebeugt. Ihre Augen trafen sich, ruhten für Sekunden ineinander, ehe er sie los lies. Eva verharrte regungslos. Dieser erste kleine Machtkampf ging an ihn. Wolf warf ihr noch einen Blick zu, ehe er das Zimmer verließ. Eigentlich hatte er die Tür zuknallen wollen, schloss sie aber sanft, als würde er ein schlafendes Kind zurücklassen. Die beiden Pfleger erhoben sich von ihren Stühlen, als Wolf herauskam. Er lächelte ihnen triumphierend zu.
     
    „ Und“, empfing ihn der Professor.
    „ Sie hat immerhin mit mir gesprochen.“
    „ Das ist schon mal ein Fortschritt. Ihre Kollegen hat sie nur angegriffen. Hat sie Sie auch ...?“
    „ Nur ein schwacher Versuch, ohne Erfolg.“
    Der Professor sah ihn zweifelnd an, als wisse er nicht recht, wie er seine Worte aufnehmen sollte.
    Wolf lachte. „Ich habe den Angriff auf ganz untherapeutische Weise vereitelt.“
    „ Gratuliere, haben Sie mit ihr einen neuen Termin ausgemacht?“
    Wolf schlug sich in Gedanken vor den Kopf. Das war ihm aufgrund des Vorfalls durch die Lappen gegangen.
    „Nein, ich hielt es für besser, gleich zu verschwinden. Lassen Sie das doch bitte für mich erledigen. Und geben Sie mir dann Bescheid. Am besten in zwei Tagen. Und wenn es geht, nachmittags wäre mir lieber.“
    Der Professor stand auf, kam um seinen Schreibtisch herum und schüttelte Wolf kräftig die Hand.
    „Ich wusste, dass ich eine gute Entscheidung mit Ihnen getroffen habe.“
    „ Das wird sich noch zeigen, Herr Professor.“
     
    ***
     
    Eva blieb noch eine Weile apathisch auf ihrem Stuhl in der Zimmerecke sitzen, ehe sie sich aufraffte und wie eine alte Frau zum Bett schlich. Sie ließ sich darauf fallen und betrachtete die gelblich angelaufene Zimmerdecke. In ihrer Brust ein bedrückendes lähmendes Gefühl. Wie sie es hasste, gepackt und bezwungen zu werden. Wie sie diesen moderigen Geruch verabscheute, den sie wieder in ihrer Nase spürte. Panik stieg in ihr auf. Sie wusste, was kam, dieser verdammte Geruch. Ihr Magen begann zu rumoren und sein Inhalt stieg ihr ätzend in die Kehle. Eilig rannte sie ins Bad und schaffte es noch bis zum Waschbecken, ehe sie erbrach. Du fasst mich nie wieder an, du Therapeutenarsch, sagten ihre Augen, die sie erschöpft im Spiegel ansahen. Er hatte sie mit seiner Reaktion völlig überrumpelt.
    Mit beiden Armen stützte sie sich am Waschbecken ab. Wenn sie erbrochen hatte, war es meist gut. Mit dem bedrückenden Gefühl in ihrer Brust wich auch der modrige Geruch aus ihrer Nase. Sie konnte wieder klar denken. Das wird dir nicht noch mal gelingen, du abgezwickter biologischer Unfall. Aber richtige Wut auf Dr. Heinzgen wollte nicht aufkommen.
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