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Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition)

Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition)

Titel: Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition)
Autoren: Holger de Grandpair
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weiter südlich gelegenen Tiefland in die Ebene östlich des Waldes hinein. Der Aufmarsch schien kein Ende nehmen zu wollen. Bald gelangte die Vorhut der herannahenden Armee auf die Höhe derjenigen Bäume, die von ihresgleichen am weitesten nördlich standen. Nun lag zwischen den Orks und der Tôl Womin einzig noch ein breiter Streifen gräserner Steppe. Schräg über jene Wiese führte das seit langer Zeit niedergetrampelte und mit vielen kleinen Steinen gepflasterte Wegstück, welches das Ende der Straße zwischen Rhodrim und Lemuria darstellte.
    Das orkische Heer hielt an dieser Stelle wie auf einen unhörbaren Befehl hin in seinem Lärmen inne und schwenkte nach links, um sich längs des Waldes über die freie Fläche zu verteilen. Dabei achteten die Krieger darauf, nicht noch wesentlich näher an die Verteidigungslinie ihrer Gegner heranzugelangen, um den Bogenschützen auf dem Wall kein Ziel zu bieten.
    Die Nacht, die jetzt endgültig hereinbrach, schickte sich an, einen besonders undurchlässigen, alles verhüllenden Mantel auszubreiten. Weder Mond noch Sterne schienen, sodass die Menschen von ihren erhöhten Positionen aus nur undeutliche Umrisse ihrer Feinde zu erkennen vermochten. Schweigend schienen diese im Schein ihrer Fackeln einigen Verrichtungen nachzugehen. Immerhin war ihr Strom an Nachschub endlich zum Erliegen gekommen.
    Schließlich erloschen viele der kleineren Lichter, wohingegen an einigen Stellen größere Lagerfeuer errichtet wurden. Es sah ganz danach aus, dass die fremdartigen Wesen an diesem Platz für eine gewisse Zeit verweilen mochten.
    Die nächsten Stunden waren für die Lemurier eine ernstliche Probe ihrer nervlichen Stärke. Da davon auszugehen war, dass die Orks in ihrer sicheren Distanz schliefen und sich nach ihrem langen Marsch erholten und keinen direkten Ansturm erwogen, war es auch für die Menschen ratsam, sich in ihrer Mehrheit wieder zur Ruhe zu begeben. Die Ungewissheit nagte jedoch bitter an ihnen und gestattete nur den wenigsten einen friedlichen, einigermaßen erquickenden Schlummer. So verblieben viele aus freien Stücken auf Wehrgang und Türmen, wo sie die laue Nacht unter dem dunklen, sternenlosen Himmel verbrachten. Unentwegt blickten sie nach Süden, wo auf einer ungeraden, von West nach Ost verlaufenden Linie in regelmäßigen Abständen Feuer flackerten, deren Qualm sich unsichtbar mit den Lüften vermischte. Bei jedem Geräusch zuckten sie furchtvoll zusammen, packten die Schäfte ihrer Waffen fester und spähten mit zusammengekniffenen Augen nach verdächtigen Bewegungen in der Ferne. Doch nichts weiter geschah in jener Nacht.
    Im Morgengrauen lehnte der Befehlshaber der menschlichen Truppen noch immer an einer der Zinnen auf der Wehrmauer, ein gutes Stück westlich des Tores. Ein junger Soldat nähertesich ihm von der Seite und erkannte zunächst nicht, mit wem er gerade zu schaffen hatte, da der andere Mann ihm sein Gesicht nicht zuwandte.
    „Die Bewohner des nahen Dorfes haben Brot, Käse und Suppe gebracht. Unten beim Lager haben sie alles aufgebaut. Sehr nett von ihnen. Wenn du lieber hier oben bleiben willst, kann ich dir eine Schüssel mitbringen, wenn ich wieder auf meinen Posten zurückkehre.“ Der junge Mann erschrak, als sein Gegenüber sich umdrehte und er in das bleiche, stumpfsinnige Gesicht seines höchsten Vorgesetzten blickte. „Verzeiht, Herr Kommandierender, ich wusste nicht, dass Ihr ...“
    „Schon gut“, nickte Beregil. „Die Sonne steigt bald auf, dann können wir sehen, mit welcher Zahl an Feinden wir es zu tun haben. Und sie werden unsere Stärke sehen, die immerhin beachtlich ist, und sich darum grämen und zaudern, wenn wir Glück haben.“ Gedankenverloren wandte er sich wieder halbwegs um und stierte in die Leere. „Wie ist dein Name, und wie alt bist du, mein Junge?“, fragte er, und seine Stimme wirkte kraftlos und müde.
    „Mein Name ist Ragnald, Herr, und ich bin letzten Winter neunzehn geworden. Normalerweise helfe ich meinen Eltern in ihrem Laden in Pír Cirven, in dem sie Waren aus Porzellan und schöne Holzschnitzereien verkaufen, doch habe ich auch meine militärische Ausbildung schon hinter mir.“
    Der Oberkommandierende erwiderte vorerst nichts. Dem jüngeren Soldaten wurde dadurch unwohl in seiner Haut, und er wusste nicht, wie er sich zu verhalten hatte. Selbstverständlich spürte er die Schwere und die Sorge, die auf dem Gemüt des älteren Mannes lasteten und ihnen möglicherweise zu verschlingen
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