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Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Titel: Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)
Autoren: Marc Levy
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Alice nahm ihr Gepäck und stieg die Treppe hinauf. Im letzten Stockwerk war alles ruhig, sie warf einen Blick zur Tür ihres Nachbarn und betrat dann ihre Wohnung.
    Es roch nach gewachstem Holz. Alles war so, wie sie es zurückgelassen hatte. Auf dem Hocker neben ihrem Bett entdeckte sie eine Vase mit drei weißen Tulpen.
    Sie zog ihren Mantel aus und setzte sich an ihren Arbeitstisch. Sie strich über die Holzplatte und betrachtete durch das Glasdach den grauen Londoner Himmel.
    Dann trat sie zu ihrem Bett und öffnete den kleinen Koffer, in dem sie die Trompete und einen sorgfältig verpackten Parfümflakon transportiert hatte.
    Sie hatte seit dem Mittag nichts mehr gegessen, und es war noch Zeit, bei dem Krämer am Ende der Straße etwas einzukaufen.
    Es regnete, und sie hatte keinen Schirm, aber an der Garderobe hing Daldrys Regenmantel. Alice zog ihn an und verließ das Haus.
    Der Lebensmittelhändler freute sich, sie wiederzusehen, er hatte sich gewundert, dass sie schon seit Monaten nicht mehr zum Einkaufen gekommen war. Alice erzählte ihm, sie habe eine lange Reise gemacht und würde bald wieder aufbrechen.
    Als sie bezahlen wollte, kramte sie in den Taschen des Mantels, bis sie bemerkte, dass es nicht ihrer war, und fand in der einen einen Schlüsselbund, in der anderen ein Stück Papier. Sie lächelte, als sie die Eintrittskarte sah, die Daldry an jenem Abend gekauft hatte, als er mit ihr zum Volksfest nach Brighton gefahren war. Während Alice in ihrem Portemonnaie das Geld suchte, fiel das Stück Papier zu Boden. Voll beladen machte sie sich auf den Rückweg, sie hatte die Angewohnheit, immer zu viel zu kaufen.
    Zu Hause angekommen, räumte Alice ihre Einkäufe ein und stellte bei einem Blick auf ihren Wecker fest, dass es höchste Zeit war, sich fertig zu machen. Heute Abend würde sie Anton besuchen, und sie überlegte, welches Kleid sie anziehen sollte.
    Während sie sich vor dem kleinen Spiegel im Eingang schminkte, überkamen Alice plötzlich Zweifel, eine Kleinigkeit irritierte sie.
    »Die Kasse war an diesem Abend schon geschlossen, wir haben keinen Eintritt bezahlt«, sagte sie zu sich selbst.
    Sie schloss den Lippenstift, lief zu Daldrys Regenmantel und durchsuchte erneut die Taschen, doch sie fand nur noch den Schlüsselbund. Also rannte sie die Treppe hinunter und weiter bis zum Lebensmittelladen.
    »Vorhin«, sagte sie atemlos, »habe ich hier ein Stück Papier fallen lassen. Haben Sie es gefunden?«
    Der Besitzer wies sie darauf hin, dass in seinem Geschäft tadellose Sauberkeit herrsche. Wenn sie also einen Zettel habe fallen lassen, befinde der sich jetzt wahrscheinlich schon im Papierkorb.
    »Wo ist der Korb?«, fragte Alice.
    »Ich habe ihn gerade, wie es sich gehört, in die Mülltonne geleert, Miss, und die steht im Hof, aber Sie wollen doch wohl nicht …«
    Der Mann hatte noch nicht ausgesprochen, als Alice schon durch das Geschäft zur Hintertür auf den Hof stürmte. Aufgeregt lief er ihr nach und hob die Arme zum Himmel, als er seine Kundin sah, die mitten in dem ausgeschütteten Müll hockte und ihn durchstöberte. Er trat zu ihr und fragte, nach was sie genau suche.
    »Nach einem Billett.«
    »Einem Lotterie-Billett hoffentlich?«
    »Nein, nur eine alte Eintrittskarte zum Brighton Pier.«
    »Ich nehme an, sie ist von großem emotionalem Wert für Sie?«
    »Vielleicht«, erwiderte Alice und schob mit dem Zeigefinger eine Orangenschale beiseite.
    »Nur vielleicht?«, rief der Lebensmittelhändler. »Und konnten Sie das nicht klären, ehe Sie meine Mülltonne ausgeschüttet haben?«
    Alice antwortete nicht, zumindest nicht sofort, denn ihr Blick fiel in diesem Moment auf die Eintrittskarte. Sie nahm sie, faltete sie auseinander, sah auf das Datum und sagte: »Ja, sie hat einen unendlichen emotionalen Wert.«

Kapitel 17
    Daldry schlich die Treppe hinauf. Vor seiner Tür angekommen, entdeckte er einen Glasflakon und einen kleinen Umschlag auf der Fußmatte. Auf dem Etikett des Flakons las er Istanbul und auf der beigefügten Karte: »Ich zumindest habe mein Versprechen gehalten …«
    Daldry entfernte den Stöpsel, schloss die Augen und schnupperte an dem Parfüm. Die Kopfnote war perfekt. Mit einem Mal fühlte er sich unter das Laubdach der Judasbäume versetzt, die den Bosporus säumen. Er hatte den Eindruck, die steilen Gassen von Cihangir zu erklimmen, die helle Stimme von Alice zu hören, die nach ihm rief, weil er nicht schnell genug war. Er nahm den süßlichen Duft von
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