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Die Zusammenkunft

Die Zusammenkunft

Titel: Die Zusammenkunft
Autoren: Lee Bauers
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massivem Mahagoni schwang fast unmerklich auf. Ein kleiner Mann mit grauem, schütterem Haar und aufmerksamen, gütigen hellblauen Augen, betrat den Raum. Sein lebendiger, wacher Blick stand in krassem Gegensatz zu seinem Körper, der ausgezehrt und gebeugt war. Er war nicht größer als eins fünfundsechzig, aber er strahlte eine warme Präsenz aus, die nicht zu übersehen war.
    In seinen Händen trug er ein Tablett mit frischem G ebäck und einer Tasse Tee. Leise betrat er den großen Raum und ging ruhig auf den Schreibtisch zu, hinter dem sich eine massige Gestalt über ein Buch beugte.
    »Ich danke dir, Aluinn!«
    Der alte kleine Mann verneigte sich und verließ mit e inem zufriedenen Lächeln rückwärts das Zimmer. Es machte ihn glücklich, seinem Herrn jeden Wunsch von den Augen abzulesen.
    In der Küche griff Aluinn nach der Zeitung. Aufmer ksam suchte er nach Anlässen, die seinen Herrn dazu bewegen könnten, wenigstens ab und zu das Haus zu verlassen. Viel zu lange war er schon allein, dazu verflucht, es bis an sein Lebensende zu bleiben; eine lange Zeit für jemanden, der unsterblich war.
    Die Aufführung von »Nabucco«, inszeniert von der Mailänder Scala, gastierte in Dresden. Das wäre doch eine vortreffliche Abwechslung. Sein Herr liebte klassische Musik und ganz besonders Verdi.
    Aluinn griff nach dem Telefonhörer und ließ eine Loge reservieren.

D arken verließ seine Bibliothek und ging hinaus auf die Terrasse. Seine Augen schmerzten, er las viel und fand dennoch nie, wonach er suchte. Er fühlte sich kraftlos, aber die Genugtuung, einmal so schwach zu werden, dass er aufhören würde zu atmen, würde es für ihn nicht geben. Er war verflucht, Nacht für Nacht ihr Gesicht zu sehen, ihre Augen, und das Blut, das aus den von ihm verursachten Wunden strömte. Jede Nacht zu wissen, dass er ihr Leben ausgelöscht hatte, um dafür niemals sterben zu dürfen. Jede Nacht diese Träume, die ihn folterten, bis er schweißnass und schreiend aus ihnen erwachte, nur um festzustellen, dass der nächste nicht enden wollende Tag in seinem inzwischen mehr als 2105 Jahre andauernden, trostlosen Dasein angebrochen war.
    Er ging in sein Schlafzimmer. Die dunkelblauen Sam ttapeten gaben dem Raum die Atmosphäre einer Höhle. Das große Bett wurde von vier dunklen, gedrechselten Holzsäulen umrahmt, die einen zartblauen aber schweren Baldachin trugen. Das Bett selbst war mit zahlreichen, weichen, in hellen Satin eingeschlagene Kissen belegt und versprach eine Ruhe und Entspannung, die Darken nie darin fand.
    Trotz seiner Größe von über zwei Metern waren seine Schritte auf den Teppichen kaum zu vernehmen, als er in seinen schweren Stiefeln den Raum durchquerte und seinen begehbaren Kleiderschrank betrat.
    Darken zog sein weißes T-Shirt aus und entledigte sich seiner Stiefel und Hose. Unterwäsche trug er nie, wozu auch? Über seine linke Körperhälfte lief eine lange Narbe. Sie begann unterhalb seiner Achsel und endete knapp unter seinem Nabel. Er liebte diese Narbe, war sie doch ihr letztes Geschenk an ihn, und gleichzeitig hasste er sie, weil sie ihn Tag für Tag daran erinnerte, dass er ewig leben musste - ohne sie.
    Darken ging in sein Bad und schaltete die Dusche ein, er fühlte sich immer schmutzig, egal wie oft er sich wusch. Er würde diesen Schmutz nie ganz von seinem Körper entfernen können. Er legte sich aufs Bett, ohne sich abzutrocknen, dann schlief er ein und glitt wie immer seinem ganz persönlichen Albtraum entgegen.

Zwischen seinen Schenkeln konnte er den Pulsschlag seines Pferdes spüren, an dem eigenen Hals den Puls seiner Wut. Es war das Jahr 60 v. Chr.
    Zwei Wochen lang war er nun schon mit seiner Armee unterwegs, um dieses Volk zu jagen, das ihm immer wi eder im letzten Moment entkam. Ja, seine Wut war allgegenwärtig. Er hasste die, die vor ihm flohen. Er hatte sie vor Wochen bereits einmal umzingelt und ihren Anführer vor sich auf den Knien um sein Leben flehen sehen wollen, aber dann hatte er festgestellt, dass er es nicht nur mit Kriegern, sondern vor allem mit Kriegerinnen zu tun hatte. Er erkannte schnell, dass es kein Mann war, der den Ton angab. Es waren kampferfahrene Amazonen die ihn immer und immer wieder an der Nase herumgeführt hatten und ihm ständig entkamen. Frauen! Er spuckte verächtlich aus. Die wenigen männlichen Gefangenen, die er machen konnte, ließ er enthaupten, die weiblichen überließ er entwaffnet seinen Männern.
    Sein Zorn raubte ihm den Verstand. Wieder
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