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Die Zukunft ist ein toller Job (German Edition)

Die Zukunft ist ein toller Job (German Edition)

Titel: Die Zukunft ist ein toller Job (German Edition)
Autoren: Ursula Steen
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Leuten
zusammen, und zwar dort, wo sie es am wenigsten vermutete.

Kapitel
6
     
    Als Jonas am
Montagmorgen erwachte, sah er sich in seinem kombinierten Schlaf- und
Arbeitszimmer um.
    Überall standen, lagen oder hingen Modelle,
Pappröhren, Cutter, Stifte und Lineale herum. Sein Schreibtisch, der aus zwei
Holzböcken und einem übergroßen Türblatt bestand, war unter einem gigantischen
Papierwust begraben. Der Fußboden war mit Kartonresten übersät. Bis auf eine
Stelle. Gestern war ihm beim Modellbauen eine Flasche Klebstoff umgekippt und
ausgelaufen. Natürlich war das Zeug von der Tischplatte auf den Teppich
getropft, genau auf diese eine freie Stelle. Dort war es inzwischen zu einer
knittrigen Kruste erstarrt. Um das Maß vollzumachen, war Frau Meyer nachts noch
in das Modell getapst, an dem er gerade baute.
    Die Bilanz des Wochenendes: Sieben Euro im
Arsch, ein ruinierter Bodenbelag und ein Modell, das erst repariert werden
musste, bevor es abgeliefert werden konnte. Wobei die Zeit drängte. Sein
Auftraggeber machte schon Druck.
    Er musste plötzlich an seinen Teilzeitjob als
Entrümpler denken. In den Wohnungen, die er dabei zu Gesicht bekam, herrschte
auch oft ein wüstes Durcheinander. Da fragte er sich immer, wie Menschen so
hausen konnten. Dabei sah es bei ihm genauso aus. Meistens sogar schlimmer. Er
sollte endlich aufräumen. Mit etwas Glück würden sich dann auch die anderen
Dinge in seinem Leben ordnen. Spätestens bis nächste Woche musste das passiert
sein. Da würde Marie sich wieder um den Hund kümmern, und er hatte keine Lust
mehr, sich ihren vielsagenden Blicken auszusetzen. Wann immer sie in seiner
Wohnung aufeinandergetroffen waren, hatte sie ihn deutlich spüren lassen, was
sie von dem Chaos hier hielt. Das war erstens ärgerlich, zweitens peinlich und
drittens … Ja, da war noch etwas anderes, das ihn erstaunte.
    Als er sie vor ein paar Tagen zufällig in der
Stadt gesehen hatte, war ihm ungläubig-staunend bewusst geworden, dass sie
eigentlich recht gut aussah. Sie hatte zwar wilde Haare und diesen nervösen
Tick im rechten Augenwinkel, der ihn manchmal ganz wuschig machte. Aber er
musste zugeben, dass sie vom Äußeren her durchaus sein Typ war. Auch wenn sie
neuerdings am Krückstock ging und sich wie der Glöckner von Notre Dame
fortbewegte. Aber das war es nicht allein. Da ging noch etwas anderes von ihr
aus. Er konnte allerdings nicht sagen, was.
    Ob sie sich überhaupt um Frau Meyer kümmern
konnte, angeschlagen, wie sie war? Wenn nicht, hätte sie doch wohl angerufen,
oder? Einerseits wünschte er fast, dass sie es getan hätte, denn im Moment
musste der Alltag für sie eine Tortur sein. Andererseits konnte er den Hund
unmöglich länger bei Nadine lassen. Die hatte inzwischen einen Mordsärger mit
ihrer Chefin bekommen und würde die Betreuung Ende der Woche einstellen.
    Ach, es war alles so ungewiss und verfahren.
Aber aufräumen würde er bestimmt, beschloss er.
    Leider traf er auf dem Weg zur Arbeit wieder
Herrn Zota im Treppenhaus. Manchmal hatte Jonas das Gefühl, dass der Mann ihm
auflauerte, auch wenn er immer so tat, als sei er in eine wichtige Arbeit
vertieft. Heute zum Beispiel besserte er eine schadhafte Fliese im zweiten
Stock aus. Jonas ließ seinen Blick hin und her huschen und suchte nach einem
Schlupfloch, durch das er verschwinden konnte. Aber er fand keins. Wenn er zur
Arbeit wollte, musste er wohl oder übel an Herrn Zota vorbeigehen.
    Es kam, wie es kommen musste: Der Mann
versperrte ihm den Weg und hielt ihm wieder einen endlos langen Vortrag über
die Abgründe der Arbeitswelt. Wobei es heute um Rationalisierung, Ausplünderung
und Lohndumping ging.
    Als Jonas sich endlich loseisen konnte,
scheuchte er Frau Meyer im Eiltempo die Treppe hinunter und dann zweimal um den
Block. Besser gesagt: Er versuchte es. Aber sie wollte sich nicht hetzen
lassen. Sie bahnte sich, immer der Nase nach, ihren eigenen Weg über die
Grünstreifen und durch die Büsche der Straßenränder und musste erst alles
durchmarkieren.
    Anschließend fuhr Jonas mit ihr zum
Kindergarten, um sie und den Wagen bei Nadine abzuliefern.
    Als er zehn Minuten zu spät im Büro ankam, war
er völlig geschafft. Gott sei Dank war der Chef noch nicht da. Dafür blickte
Kordula Ulmer von ihrem Rechner hoch und hob stellvertretend für ihn die
Brauen. Auch ein Wink.
    „Hast du dir am Freitag noch Gedanken über das
Parkett im Foyer gemacht?“, fragte sie, für Jonas’ Geschmack eine Spur
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