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Die zerbrochene Krone

Die zerbrochene Krone

Titel: Die zerbrochene Krone
Autoren: Robert Jordan
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»Genug, Tochter! Ich bin das Burggesetz! Was verborgen wurde, wird verborgen bleiben, aus dem gleichen Grund, aus dem es zwanzig Jahre lang verborgen blieb - zum Nutzen der Weißen Burg.« Erst dann spürte sie den Schmerz in ihrer Handfläche. Sie hob die Hand und offenbarte den entzweigebrochenen Fisch aus Elfenbein. Wie alt war er gewesen? Fünfhundert Jahre? Tausend Jahre? Es kostete sie erhebliche Mühe, nicht vor Zorn zu beben. Ihre Stimme war sicherlich davon beeinträchtigt. »Toveine soll fünfzig Schwestern und zweihundert Angehörige der Burgwache nach Caemlyn zu dieser Schwarzen Burg führen, wo sie jeden Mann dämpfen sollen, der die Macht lenken kann. Hängt jeden zusammen mit so vielen anderen, wie sie lebend gefangennehmen können.« Alviarin blinzelte angesichts dieser Verletzung des Burggesetzes nicht einmal. Elaida hatte die Wahrheit ausgesprochen, wie sie sie sah. Die Amyrlin war das Burggesetz. »Und hängt auch die Toten. Sie sollen eine Warnung für jedermann sein, der auch nur daran denkt, die Wahre Quelle zu berühren. Toveine soll zu mir kommen. Ich will ihren Plan hören.«
    »Alles wird Euren Befehlen gemäß ausgeführt werden, Mutter.« Die Antwort der Frau erfolgte genauso kühl und beherrscht, wie ihr Gesicht es war. »Aber wenn ich einen Vorschlag machen dürfte - vielleicht möchtet Ihr noch einmal darüber nachdenken, so viele Schwestern von der Burg fortzuschicken. Anscheinend fanden die Aufrührer Euer Angebot unzulänglich. Sie befinden sich nicht mehr in Salidar, sondern sie sind auf dem Marsch. Die Berichte kommen zwar aus Altara, aber sie dürften inzwischen bereits in Murandy sein. Und sie haben sich selbst eine Amyrlin erwählt.« Sie überflog das erste Blatt ihres Stapels Papier, als suche sie nach dem Namen. »Es ist anscheinend Egwene al'Vere.«
    Daß Alviarin dies - die wichtigste Nachricht - bis jetzt aufgespart hatte, hätte Elaida vor Zorn zerspringen lassen müssen. Statt dessen warf sie den Kopf zurück und lachte. Die Überraschung auf Alviarins Gesicht ließ sie noch lauter lachen, bis sie sich die Augen wischen mußte.
    »Ihr erkennt es nicht«, sagte sie, als sie zwischen Wogen der Heiterkeit wieder sprechen konnte. »Ihr seid zum Glück die Behüterin der Chronik, Alviarin, und keine Sitzende. Im Saal würden die anderen Euch, blind wie Ihr seid, innerhalb eines Monats beiseite schieben und Euch nur noch heranholen, wenn sie Eure Stimme brauchten.«
    »Ich erkenne genug, Mutter.« Alviarins eiseskalte Stimme enthielt keinerlei Empfindung. »Ich sehe dreihundert und vielleicht mehr aufrührerische Aes Sedai, die mit einem von Gareth Bryne - der als großer Feldherr anerkannt ist - angeführten Heer auf Tar Valon zumarschieren. Auch wenn man die eher lächerlichen Berichte mit Vorsicht betrachtet, könnte dieses Heer über zwanzigtausend Mann umfassen, und da Bryne es anführt, werden in jedem Dorf und jeder Stadt, durch die sie ziehen, weitere hinzukommen. Ich will damit natürlich nicht sagen, daß ihre Hoffnung, die Stadt einzunehmen, berechtigt wäre, aber diese Angelegenheit ist wohl kaum ein Grund zur Heiterkeit. Chubain sollte befohlen werden, weitere Erhebungen für die Burgwache durchzuführen.«
    Elaida senkte den Blick ungehalten auf den zerbrochenen Fisch, und dann stand sie auf und schritt, Alviarin den Rücken zugewandt, zum nächstgelegenen Fenster. Der im Bau befindliche Palast vertrieb den bitteren Geschmack - das und der Streifen Papier, den sie noch immer umklammert hielt.
    Sie lächelte auf ihren zukünftigen Palast hinab. »Dreihundert Aufrührer, ja, aber ihr solltet Tarnas Bericht abermals lesen. Mindestens einhundert Aufrührer sind bereits kurz davor, sich loszulösen.« Sie vertraute Tarna in gewissem Umfang. Sie war eine Rote, die keine unsinnigen Gedanken hegte, und sie sagte, die Aufrührer seien bereit, den Schatten anzugreifen. Stille, verzweifelte Schafe, die nach einem Hirten suchen, sagte sie. Sie war natürlich eine Wilde, aber dennoch vernünftig. Tarna sollte bald zurückkehren und einen vollständigeren Bericht abgeben können. Nicht daß er nötig wäre. Elaidas Pläne zeigten unter den Aufrührern bereits ihre Wirkung. Aber das war ihr Geheimnis.
    »Tarna war sich stets sicher, Menschen zu etwas bringen zu können, das sie nicht tun wollten.« War dies mit besonderer Betonung geäußert worden, mit einem bedeutungsvollen Unterton? Elaida beschloß, es zu ignorieren. Noch durfte sie zu vieles an Alviarin nicht beachten,
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