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Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)
Autoren: Kelly McCullough
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und musterte sie. »Da Ihr genug über meine Reputation in Erfahrung bringen konntet, um mich hier zu finden, dürftet Ihr auch wissen, dass ich nicht über meine Auftraggeber rede. Nicht einmal über die Angebote, die ich erhalte.«
    »Darf ich davon ausgehen, dass dies einem Ehrenwort gleichkommt?«
    »Wenn Ihr es wünscht; warum Ihr aber bereit seid, dem Wort eines Löhners aus dem Schattengewerbe zu vertrauen, ist mir ein Rätsel.«
    Sie lächelte wie eine Frau, die ein Geheimnis wahrte. »Bei den meisten Löhnern täte ich das nicht, doch ich habe Grund zu glauben, dass ich auf dein Wort vertrauen kann. Hast du je von Baronin Marchon gehört?«
    Es kostete mich Mühe, bei der Erwähnung dieses Namens nicht zusammenzuzucken, vergeblich, so fürchte ich, denn mein Schatten zuckte um einen guten Zoll zur Seite. Selbstverständlich hatte ich von Marchon gehört, aber ich bezweifelte, dass das auch für die Person zutreffen konnte, die zu werden ich beschlossen hatte. Während ich Triss und seine plötzliche Neigung zu abrupten Bewegungen und Schreckensreaktionen im Stillen verwünschte, leimte ich mir einen verwirrten Ausdruck ins Gesicht und schüttelte den Kopf, eine Geste, die dazu führte, dass die Welt um mich herum auf und ab hüpfte und sich sonderbar verzerrte – eine nicht ausschließlich unangenehme Nebenwirkung der leeren Flasche.
    »Gehört diese Marchon zum Stadtadel? Oder zum Landadel?«, fragte ich.
    »Eher Letzteres, aber sie unterhält ein großes Haus – ein riesiges Anwesen auf der Nordseite der Stadt, gleich neben der königlichen Domäne. Dorthin muss die Lieferung erfolgen.«
    Ich kannte den Ort gut. Das Anwesen Marchon hatte einst die letzte Mätresse des alten Königs beherbergt, die jüngere Schwester des damaligen Barons Marchon. Nicht weniger als dreimal war ich heimlich in das Haus eingedrungen in der Hoffnung, eine ruhige Minute allein mit dem König verbringen zu können.
    »Das ist eine Gegend, die in Schattenkreisen einen hässlichen Ruf innehat. Heftige Sicherheitsvorkehrungen auf allen Anwesen, dazu unregelmäßige Patrouillen der Krongarde auf den Straßen«, kommentierte ich.
    Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass die Elite in der Nähe ein geheimes Kapitelhaus hatte und in den meisten Nächten Wachen durch den Park streiften, aber das durfte ich ganz bestimmt nicht wissen, umso weniger, wie ich an ihnen vorbeikommen konnte.
    Ich schob den Beutel zurück zu ihr. »Ich fürchte, Ihr werdet euch einen anderen Löhner suchen müssen.«
    In einem recht überzeugenden und ziemlich bezaubernden Ausdruck der Besorgnis biss sie sich auf die Lippe. Ich fragte mich, wie oft sie das wohl geübt hatte.
    »Was wäre, wenn ich dir mehr Geld biete?«, fragte sie. »Ich glaube, ich kann noch einmal die Hälfte drauflegen, wenn es notwendig ist.«
    Ich hatte gerade den Mund aufgeklappt, um nein zu sagen, als ich spürte, dass etwas an meinem ganzen Rücken zupfte, beinahe so, als würde man sich ein schweißgetränktes Hemd vom Leib schälen. Triss schon wieder, nun aber um mir klarzumachen, dass er aus irgendeinem Grund wollte, dass ich diesen Auftrag übernahm. Für mich roch das nach Ärger, und mir gefiel auch nicht, wie Triss mich bedrängte, aber ich brauchte das Geld wirklich,also beschloss ich, Maylien ein wenig anzustupsen, um zu sehen, wie sie reagierte.
    »Die Hälfte drauf könnte reichen«, erklärte ich ihr. »Aber habt bitte Nachsicht, und wartet hier einen Moment auf mich, wäret Ihr so freundlich? Ich habe eine dringende Angelegenheit zu erledigen.« Ich schaute kurz zur Hintertür und dem Schild, das den Weg zum Abtritt wies, ehe ich ihr einen Blick zuwarf, der ungefähr besagte: Was soll ich machen?
    Dies war unter den gegebenen Umständen ein recht unanständiges Ersuchen, und sie hätte mit Recht Anstoß nehmen können, doch es gab in der Tat etwas, worum ich mich in aller Stille kümmern musste. Außerdem, sollte sie Anstoß nehmen und ihrer Wege gehen, hätte sich mein Dilemma hinsichtlich der Frage, ob ich den Auftrag übernehmen sollte, von selbst erledigt.
    Ehe sie antworten oder irgendetwas tun konnte, das über ein ärgerliches Erröten hinausgegangen wäre, stemmte ich mich auf die Füße, entbot ihr eine dilletantische Kaufmannsverneigung – es wäre ganz und gar nicht hilfreich gewesen, hätte ich ihr die Version des hohen Hofes von Zhan geliefert. Außerdem hatte ich im Laufe der letzten drei oder vier Stunden genug Whiskey getrunken, sodass ich vielleicht
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