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Die Zeitensegler

Titel: Die Zeitensegler
Autoren: Stefan Gemmel
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der Name, den er uns gegeben hat: seine Zeitenkrieger. Wir leben auf diesem Schiff, weil er es so bestimmt. Wir sind Gefangene in seinem Universum. Und wir reisen mit ihm durch die Zeit, wann immer er es befiehlt.«
    »Aber was hat er denn mit euch vor?«
    Nin-Si warf die Arme in die Luft. »Das ist für uns das Geheimnis. Er spricht nicht darüber. Wir sind Teil eines großen Planes. Seines Traumes.«
    »Sprecht ihr vom Traum dieses … Schattengreifers?« Wie merkwürdig das alles klang!
    Nin-Si blickte zur Seite. »‚Eines Tages werden wir verstehen‘, sagt er. Dann, wenn alles erreicht ist, werden wir die Ersten sein in der neuen Zeit. In seiner Zeit.«
    Simon sah sich auf dem Schiff um. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn. »Wo – wo befindet er sich denn in diesem Augenblick? Ist er jetzt hier?«
    Schnell winkte Neferti ab. »Nein. Hab keine Angst. Auf dem Schiff leben nur wir. Der Schattengreifer betritt es selten.«
    »Er lebt in seiner eigenen Welt«, ergänzte Basrar. »Nur dann, wenn er unsere Hilfe benötigt, kommt er auf das Schiff. Er wandelt zwischen den Welten. Zwischen seiner Welt der Schatten und unserer Welt auf diesem Seelensammler.«
    »Sobald eine weitere Zeitreise ansteht, erscheint er auf diesem Deck«, erklärte Nin-Si. »Eine neue Zeitreise, die ihm helfen soll, seinen großen Plan zu verwirklichen …«
    Erschrocken brach sie ab und starrte zu Salomon hinüber: Die ganze Zeit hatte er nur still dagesessen und zugehört, doch auf einmal schlug er so unvermittelt und kräftig mit der Faust auf das Deck, dass sogar eine der Krähen auf dem Mast aufschreckte und schreiend davonflog.
    »Der große Plan, der große Plan!«, schrie er. »Was soll das schon heißen? Niemand von uns weiß, was er vorhat. Niemand von uns weiß, wohin er verschwindet, wenn er hier gewesen ist. Und das Schlimmste: Wir wissen nicht, was mit uns geschehen soll. Nicht mal, ob wir jemals wieder zurückkönnen. Zu unseren Familien. Und Freunden …« Tränen schossen ihm in die Augen. »Wir werden nur immer mehr und mehr. Und nun bist du also auch einer von uns, Simon, und …«
    »Nein!« Neferti sprang auf ihre Füße. »Nein. Das glaube ich nicht!«
    Salomon blinzelte und wischte sich rasch übers Gesicht. Auch die anderen sahen Neferti überrascht an.
    »Was?«
    Sie ging einmal um die ganze Gruppe herum. »Es hat keine Zeitreise gegeben, bevor du kamst«, erklärte sie. Simon verstand wieder einmal kein Wort. Wohl aber die anderen.
    »Das stimmt«, erwiderte Nin-Si mit leuchtenden Augen. »Etwas ist anders. Du bist der Erste, der von selbst auf dieses Schiff gekommen ist. Der Schattengreifer hat dich nicht gefangen.«
    »Hm … Wir lagen einfach nur vor der Küste …«, grübelte Moon und strich nachdenklich seine langen Haare zurück.
    »Genau!«, fiel ihm Basrar ins Wort. »Und dann bist du ganz plötzlich hier aufgetaucht. Neferti hat recht: Es gab keine Zeitreise. Du bist keiner von uns!«
    Auch Nin-Si sprang jetzt auf und baute sich vor Simon auf. Wieder musterte sie ihn eingehend. Doch ihr Blick hatte nun alle Wärme verloren und Simon rückte erschrocken von ihr ab. »Du bist anders als wir Zeitenkrieger«, sagte sie. »Basrar hat recht. Vielleicht … vielleicht …«
    »… vielleicht ist er ein Spion des Schattengreifers!« Basrar sah ihn auf einmal feindselig an. »Vielleicht reicht es ihm nicht mehr aus, uns seine Krähen zu schicken. Vielleicht musste es jetzt ein Junge sein? Ein Junge aus dem dritten Jahrtausend?« Er ballte die Fäuste und es sah so aus, als wollte er sich auf ihn stürzen, doch Neferti griff nach seinem Arm und hielt ihn zurück.
    »Nein! Er ist bestimmt kein Spion. Schau ihn dir doch an. Er hat überhaupt noch nicht verstanden, was mit ihm geschieht. Seine Angst ist echt. Und seine Verwirrung auch.« Sie wandte sich Nin-Si zu: »Seht in seine Augen! Auch ihr hattet diesenBlick, als ihr dieses Schiff zum ersten Mal betreten habt. Er ist zwar nicht durch die Zeit gereist, aber trotzdem gehört er nun zu uns.«
    Basrar blickte Simon scharf an, dann entspannten sich seine Gesichtszüge. »Ich will dir glauben, Neferti«, gab er zur Antwort. »Erst einmal.«
    Und zu Simon gerichtet, zischte er: »Doch ich behalte dich im Auge, Simon aus dem dritten Jahrtausend! Keine Spielchen! Ich warne dich …«
    »Ich bin kein Spion, glaubt mir«, sagte Simon hastig. »Neferti hat recht. Ich verstehe im Moment gar nichts mehr. Ich meine, wieso können wir uns denn überhaupt miteinander verständigen?
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