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Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Titel: Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall
Autoren: Roman Rausch
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Ich mach mir eher Sorgen wegen deinem.«
    »Wieso?«
    Das war ein Fehler. Korrektur, anderes Thema.
    »Sag mal, kommst du eigentlich so klar, ich meine, mit deiner Rente?«
    »Hör bloß damit auf. Am ausgestreckten Arm lassen einen diese Sozis verhungern, am ausgestreckten Arm. Das bisschen Geld reicht ja nicht mal für ein anständiges Begräbnis.«
    »Noch bist du nicht tot.«
    »Mein ganzes Leben habe ich sie gewählt, damit es einem mal besser geht im Alter. Und was ist der Dank? Wenn das der Willy noch erlebt hätte. Der würde sich im Grab umdrehen.«
    »Dann wähl sie ab.«
    »Wenn ich das noch erleben sollte. Es kann ja jeden Tag vorbei sein. So aus heiterem Himmel.«
    »Mama, du lebst, und so, wie du ausschaust, wirst du mich wahrscheinlich überleben.«
    »Sag so was nicht, Johannes. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn das eigene Kind vor einem stirbt.«
    »War ja nur ein Scherz.«
    »Mit solchen Sachen scherzt man nicht. Das kann jeden Tag passieren. Jeden Tag.«
    Nun gut.
    »Nochmal zurück zu deiner Rente. Kommst du wirklich klar?«
    »Geht so. Brauchst mir nichts geben, wenn du das meinst. Aber es ist schön, wenn man spürt, dass das eigene Kind sich Sorgen um einen macht.«
    Sackgasse. Wie sag ich’s ihr nur?
    »Aus der Hinterlassenschaft vom Alten … von Vater ist nichts weiter übrig?«
    »Da hat es nie was gegeben. Aber da warst du ja schon längst nicht mehr im Haus. Du hattest ja nur immer diese jungen Dinger im Kopf. Familie war doch nie ein Thema für dich.«
    »Aber Mama, du weißt doch, dass du meine Familie bist. Das ist doch klar.«
    Sie ist glücklich, und die beschämende Anfrage auf finanzielle Unterstützung liegt hinter mir.
    Ich starre auf das Bild mit dem Trauerflor und auf das Kreuz an der Wand. Sie bemerkt es.
    »Eine Tragödie, eine wirkliche Tragödie. Und ein großer Verlust. Nie wieder werden wir so einen Papst bekommen. Nie wieder. Die Kirche muss sich jetzt kräftig anstrengen, bei den Problemen, die die haben. Keiner will ja mehr Priester werden.«
    »Kein Wunder.«
    »Jetzt fang bloß nicht wieder davon an.«
    »Wenn du meinst.«
    »Kein Wort will ich davon hören.«
    Pax nobiscum. Aber da ist noch ein anderes Bild an der Wand. Es zeigt mich als Ministranten beim Zeltlager im Kreise meiner Mitstreiter, kurz bevor die Ära der aufgebohrten Mofas beginnen sollte. In der Mitte des Lagerfeuers mein Ersatzvater.
    »Sag mal, hast du eigentlich noch Kontakt zu Pater Nikola?«
    »Und ob. Ich beichte ja noch jede Woche. Er nimmt sie mir ab. Er ist sehr verständnisvoll.«
    »Wie bitte?«
    »Unsinn, nichts von dem, was du dir in deiner schmutzigen Phantasie wieder ausmalst. Er ist ein sehr aufgeschlossener Diener des Herrn, gerade in der heutigen Zeit.«
    »Soweit ich mich erinnern kann, stammt er doch aus Rom oder aus der Nähe?«
    »Du müsstest dich einfach mal bei ihm melden. Er fragt oft nach dir, nach dem verlorenen Sohn, dem kleinen Kiliano.«
    »Hat er nicht einen Bruder bei irgend so einer Versicherung in Rom?«
    »Hatte er. Jetzt ist er Chef einer großen Bank, irgendwo im Ausland.«
    »Du weißt nicht zufällig, wo?«
    »Ach Gott, Johannes, was du wieder alles wissen willst.«
    »Das wäre aber sehr wichtig für mich, Mama.«
    »Wieso?«
    Sie ahnt etwas.
    »Es gibt da ein paar Entwicklungen. Nichts Dramatisches.«
    »Gibt es Probleme auf der Arbeit?«
    »Nein.«
    »Mit Pia?«
    »Nein.«
    »Mit deinem Freund, dem Schorsch?«
    »Nein, Mama, jetzt hör auf. Ich wollt mich nur mal erkundigen.«
    Sie scheint beruhigt.
    »Ich könnte ihn ja mal anrufen.«
    »Das wäre Klasse, Mama. Am besten gleich noch heute Abend.«
    »Ich mach doch alles für dich, mein Sohn.«
    »Du bist ein Schatz.«
    Ich küsse sie zum ersten Mal in meinem Leben.
    Pater Nikola war der ältere der beiden d’Agostini-Brüder, und er war eine einzige Enttäuschung.
    An ihm war es, die Dynastie der Bankiersfamilie in die nächste Generation zu führen. Dafür wurde ihm von Kindesbeinen an die beste Erziehung zuteil, die man für Geld bekommen konnte. Bis zu seinem 21. Lebensjahr hatte er sich der Familienräson gebeugt, bis er am Vorabend seines Geburtstags einen Schlussstrich zog. »Vater, Mutter«, begann er, innerlich aufs Äußerste gespannt, »ich habe mein Studium in Harvard beendet und werde mich morgen in Bologna für Theologie einschreiben.«
    Seine Mutter Alessandra schrie vor Überraschung kurz auf, bevor sie, ganz Grande Dame, ohne ein weiteres Wort in den Salon zu den wartenden Gästen
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