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Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Titel: Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall
Autoren: Roman Rausch
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Sensation. Eigentlich hätte er die Nachricht umgehend an den Vatikan weiterleiten müssen. Bei Funden dieser Kategorie auf dem Gelände eines Bistums der heiligen katholischen Kirche würde die römische Verwaltung kaum abwarten, was unter den Augen eines Bischofs im fernen Deutschland zum Vorschein kam, sondern sofort alle weiteren Forschungen untersagt haben, bis ein Spezialist der Kurie angereist war. Dieser Order hätte sich der Bischof keinesfalls entziehen dürfen.
    Auch sein Bauund Kunstreferent Dr. Mayfarth wusste das. Gemeinsam hatten sie die Entscheidung getroffen, sich von Rom nicht in die Suppe spucken zu lassen und die Nachricht erst am Abend, wenn die meisten Würdenträger den Vatikan bereits verlassen hatten, durchzugeben. Somit blieb ihnen zumindest noch eine Nacht, bis die örtlichen Medien am folgenden Tag die Nachricht in alle Welt posaunten.
    Vor den Fenstern des Landesamtes für Denkmalpflege in der Residenz hatten sie bereits Aufstellung genommen und harrten ungeduldig mit Mikrophonen und Kugelschreibern der bevorstehenden Sensation. Einige hatten Steigleitern, andere Stühle und gar kleine Bühnen für die Kameras in Erwartung einer Ansprache des Bischofs mitgebracht. Eine stattliche Ansammlung von Bauarbeitern, örtlichem Klerus, Lokalpolitikern und städtischer Prominenz bildete mit den Presseleuten eine brodelnde Gerüchteküche.
    Der Bischof hatte eine gut überlegte Wahl getroffen, wer bei der Öffnung des Zylinders anwesend sein durfte. Am Tisch saßen ein Archäologe, das notwendige Arbeitszeug fein säuberlich aufgereiht, vor ihm das mirum corpus aureum, dahinter sein
    Chef, verantwortlich für alle Ausgrabungsarbeiten in Nordbayern, neben ihm der Bauund Kunstreferent Dr. Mayfarth.
    »Nun dann, gehen wir’s an«, verlangte der Bischof und faltete die Hände vor der Brust, die das daran hängende Kreuz für den entscheidenden Augenblick verdecken sollten.
    »Sind Sie wirklich sicher?«, fragte der Chef der Denkmalpflege. Er legte die Hand auf die Schulter seines jungen Angestellten, der enttäuscht das dünne Messer sinken ließ.
    »Nur zwei Dinge sind sicher«, fuhr ihn Mayfarth an, »der Tod und das Amen. Also, legen Sie nun endlich los, bevor ich es selbst tue.«
    »Herr Bischof, Sie wissen, dass wir unbefugt handeln. Das könnte Sie und mich den Job kosten. Ich bin angewiesen, jeden bedeutenden Fund, sei es auf Kirchenboden oder auf Staatsgrund, umgehend nach München zu melden.«
    »Ob der Zylinder nun bedeutend ist oder nicht, wollen wir ja gerade herausfinden«, entgegnete der Bischof. »Jeder von uns beiden kann anschließend seiner Pflicht nachkommen. Stellen Sie sich vor, wir öffnen ihn, und er ist leer.«
    »Oder es ist ein Micky-Maus-Heft drin«, witzelte der Archäologe.
    »Es reicht«, mischte sich Mayfarth ein. »Sollen wir warten, bis die Münchner oder die Römer kommen und uns das Ding einfach wegnehmen? Ich müsste mit allen Plagen des Alten Testaments geschlagen sein, wenn ich das zuließe. Lassen Sie uns endlich zur Tat schreiten und uns nicht länger blamieren. Die Presse wartet. Und die Vergangenheit auch.«
    »Oder es ist die Büchse der Pandora«, mischte sich der Archäologe erneut ungefragt ein.
    »Oder ein tödlicher Bazillus wie in den Pharaonengräbern«, fügte sein Chef hinzu.
    »Oder das Gebiss meiner Oma, verdammt nochmal«, schimpfte Mayfarth und entriss dem Archäologen das Handwerkszeug.
    »Schluss jetzt!«, befahl der Bischof. Seine Faust fiel auf den Tisch und schaffte endgültig Klarheit über die weitere Vorgehensweise. »Seid ihr denn alle verrückt geworden? Was soll erst werden, wenn wir herausfinden, was da drin ist?«
    Die kritischen Einwände der Archäologen verstummten ob der entschiedenen Worte. Mayfarth legte zustimmend das Messer in weltliche Hände zurück. Der Archäologe setzte mit eifrigem Entdeckerdrang das Messer an der schmalen Rille an, die sich zwischen Zylinder und Deckel an der Seite befand. Das Unterfangen gestaltete sich schwieriger als vermutet. Immer wieder drang die Spitze nicht durch die harte Füllmasse, ein ums andere Mal rutschte sie ab und drohte den Mantel zu beschädigen.
    »Scheint irgendeine Mischung aus Harz zu sein, die sich verhärtet hat«, erklärte der Archäologe.
    »Und was bedeutet das?«, fragte der Bischof.
    »Dass es alt ist«, antwortete Mayfarth.
    »Dann kommt jetzt das schwere Gerät zum Einsatz«, sagte der Archäologe. Er nahm einen elektrischen Bohrer zur Hand, der jedem Zahnarzt zur Ehre
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