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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition)
Autoren: Ellen Alpsten
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Hand in die meinen. Ich wärmte sie und flüsterte eindringlich: »Zwölf Kinder, Peter! Kannst du dir vorstellen, was es bedeutetet, zwölfmal für einen Mann niederzukommen?« fragte ich ihn. »Ich glaube nicht. Kein einziger deiner Soldaten hat sein Leben so oft für dich aufs Spiel gesetzt. Und weißt du auch, weshalb ich das getan habe? Nur aus Liebe, mein Zar.«
    Er sah weiter geradeaus in die Flammen. Ich ließ seine Hand in seinen Schoß gleiten, wo sie schlaff liegenblieb. Dann ging ich zu Bett und konnte zum ersten Mal seit langen Nächten wieder ruhig schlafen. Am Mittag desselben Tages ließ er den Kopf neben meinem Bett von Pawel Jaguschinski abholen.
     
    Peter wurde von seinen bösen Geistern gejagt: Er briet im Feuer seiner Pein, seiner Eifersucht und seiner Unruhe. Jeder Tag, der verstrich, war mir Hoffnung, aber in seiner Ungewißheit auch Strafe für mich. Jeden Tag hörte ich von meinen Damen neue, wilde Geschichten: »Stellt euch vor, der Zar ging an einem Haus vorbei, in welchem gerade Hochzeit gefeiert wurde! Also klopfte er an die Tür, setzte sich zu der Runde um den Brauttisch und trank mehr als jeder andere!«
    »Gestern ist der Zar mit Blumentrost und Paulsen zum Ladogakanal aufgebrochen! Er will sehen, wie die Arbeit vorangeht, und das in dieser Kälte! Aber die beiden Ärzte haben darauf bestanden, eine Apotheke mitzunehmen!«
    »Aber vor einigen Tagen erst war er doch noch in den Eisenwerken von Olonez? Er hat dort einen Schmied von seinem Amboß vertrieben, um selber sechshundert Pfund Eisen zu schlagen! Dann nahm er den Lohn dafür und kaufte sich auf dem Markt von Olonez ein Paar langer Socken!«
     
    Peter kehrte zum Julfest nach Sankt Petersburg zurück. Sein altes Fieber ergriff ihn im ersten Augenblick der Ruhe, den er sich gönnte. Ich besuchte sein Krankenbett, doch er erkannte nicht einmal mehr mich. Ich kniete dort Stunde um Stunde, und wenn mich die Müdigkeit überkam, so legte ich mich neben ihn und flüsterte ihm unsere Erinnerungen in sein Ohr. Er atmete dann ruhiger. So umarmte ich ihn und schlief ebenfalls ein.
    Fjodor Matwejew Apraxin kam in den frühen Morgenstunden an einem der folgenden Tage in das Krankenzimmer. Er trat an das Fenster und riß es auf. Ich wollte widersprechen, doch er bestand darauf. »Nur kurz, meine Herrin, es stinkt unerträglich in diesem Raum, nach Eiter und Schweiß«, sagte er und zog kräftig an dem Fenster. Die klare Winterluft bahnte sich ihren Weg in den stickigen Raum. Ich drückte mich wieder an Peter, der begann, sich im Fieber hin und her zu werfen. Mein Gewicht hielt ihn nieder.
    »Was ist geschehen, kum , daß er mit einem Mal in Fieber ausbricht?« fragte ich. Apraxin lehnte am Fenster und stopfte sich seine lange Pfeife. »Mit einem Mal würde ich nicht sagen, meine Kaiserin. Hast du nicht gehört, was in diesem Fischerdorf nahe Sankt Petersburg geschehen ist?«
    Ich schüttelte den Kopf. Er schmauchte an seiner Pfeife und erzählte: »Nun, es stürmte wie wahnsinnig, als wir die Eisenwerke von Olonez hinter uns ließen. Dem Zaren war schon kalt, trotz der neuen Socken, die er sich erarbeitet hatte.« Apraxin schmunzelte kurz, dann wurde sein Gesicht wieder ernst. »Doch er bestand darauf, bis nach Sankt Petersburg zu reiten, trotz des Sauwetters. Wir ritten am Ufer entlang, um in dem Sturm nicht den Weg zu verlieren. In Ljachta hörten wir Schreie vom Wasser her kommen …«
    »Was war geschehen?« unterbrach ich ihn. Er blies einige Ringe in die Luft und lachte. »Ein Boot wurde von den Wellen förmlich auseinandergerissen! Darin saßen einige Soldaten aus Kronstadt. Ehe ich den Zaren zurückhalten konnte, war er schon von seinem Pferd gesprungen …«
    »Und dann?« fragte ich atemlos. Apraxin zuckte mit den Schultern. »Was erwartest du von unserem Herrn? Er sprang in das eisige Wasser und schwamm hinaus zu dem Boot, um die Männer zu retten.«
    »Und, gelang es ihm?« fragte ich ungläubig. Apraxin nickte. »Ja, jeden einzelnen von ihnen hat der Zar gerettet. Er trank Humpen um Humpen von heißem Branntwein mit ihnen und stieg dann wieder auf sein Pferd. Wir ritten durch den Sturm weiter nach Sankt Petersburg. Er fieberte schon, ehe wir noch die Stadtgrenze erreichten.«
    Ehe er weitersprechen konnte, betrat Blumentrost den Raum. Er sah zu mir hin. »Meine Kaiserin, vielleicht ist es besser, wenn ihr den Raum einen Augenblick verlaßt. Die Quecksilberkur ist kein schöner Anblick …«, zögerte er.
    Ich schüttelte den
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