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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition)
Autoren: Ellen Alpsten
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mir heiser geworden, so lange hatte ich nach Peter gerufen. Dann, endlich, nach vielen Stunden, hörte ich ihn sich auf der anderen Seite der Tür bewegen.
    »Was willst du, Katerinuschka?« fragte er müde. Doch wenigstens rief er mich wieder bei meinem Kosenamen!
    »Verzeih mir, mein Zar, batjuschka !« weinte ich. »Ich bin gekommen, um dich auf Knien für meine Verfehlungen anzuflehen! Starik , Liebster, bitte! Um alles, was uns lieb ist, um alles, was wir gemeinsam durchlitten haben!« Ich weinte wieder und schlug gegen die Tür. Sie öffnete sich einen Spalt, und ich sah eines seiner Augen, das mißtrauisch auf mich hinuntersah.
    »Du hast mich betrogen«, sagte er bitter. Ich setzte mich auf meine Knie und sah nach oben in das eine Auge, das mich weiter musterte. Ich wischte mir hilflos wie ein Kind die Tränen von den Wangen. »Ja. Verzeih mir. Aber ich will nicht mit dir kämpfen, mein Geliebter. Ich will gut zu dir sein und dich glücklich machen. Ich habe gefehlt. Nimm mich wieder auf in dein Leben, in dein Herz. Nur dort habe ich doch ein Zuhause! Du bist mein Mann, mein Bruder, mein Vater, meine Heimat! Verzeih mir, bitte!«
    Er öffnete die Tür einen Spalt weiter. Nun konnte ich seinen Kopf erkennen. Auch er hatte offensichtlich nicht geruht: Sein Gesicht war geschwollen. »Ich weiß nicht, Katerinuschka«, seufzte er schließlich. Dieses Zögern machte mir bei ihm mehr Angst als jede Entscheidung, die er in seinem rasenden Zorn treffen konnte. Er schleuderte dann Blitze, aber wenn es dann brannte, bereute er seinen Zorn und löschte die Flammen. Ich schluchzte wieder auf und legte die Hände vor meinen Mund. Rotz und Wasser liefen mir über das Gesicht. Er schüttelte den Kopf. »Katerinuschka, es ist doch kalt da draußen. Komm herein.«
    Mit diesen Worten nahm er mich vom Boden auf und führte mich behutsam in sein Zimmer. Die Vorhänge waren vorgezogen, und es roch nach Schnaps und bitterem Tabak. Sein Lieblingssessel war vor das Feuer gerückt worden. Er mußte dort gesessen haben, die Füße nahe am Feuer, um meinen Klagen vor der Tür zuzuhören. Er nahm wieder in dem Sessel Platz, und ich kauerte mich auf ein Kissen zu seinen Füßen. Er musterte mich schweigend. Ich hütete mich wohl, seine Gedanken zu unterbrechen. Der Ausdruck seines Gesichtes war undeutbar in den Schatten, die das Morgengrauen darauf zeichnete.
    »Was ist es nur mit euch Frauen?« sagte er endlich und schüttelte den Kopf. »Anna Mons hat mich zum Narren gehalten. Jewdokija hat mich sogar in dem Kloster, in das ich sie gesteckt habe, betrogen. Zuvor bestürmte sie mich jahrelang mit Briefen. Wenigstens kannst du nicht schreiben, Katerinuschka – vor dir hätte ich dann meine Ruhe.«
    Er lachte auf, doch mir war gewiß nicht heiter zumute. Er beugte sich nach vorne und löste mit einem Griff meine Zöpfe. Meine dunkeln Locken fielen frei auf meine Schultern. Er wickelte sich eine von ihnen um seinen Finger.
    »Selbst Maria Kantemir hat ihr Versprechen nicht gehalten. Aber du, Katharina, du bist die einzige, die mich im Augenblick vollkommener Einigkeit verraten hat. Und ich habe das höchste Gut mit dir geteilt, als Dank für alles, was du mir gegeben hattest. Weshalb also?« Er schnupperte nach alter Gewohnheit an meinem Haar. »Hm. Du bist noch immer schön. Wie viele Male hast du ein Kind von mir unter dem Herzen getragen? Zwölfmal, wenn ich mich nicht täusche.«
    Ich nickte. Er griff nach der Flasche Branntwein, die neben ihm auf dem Boden stand. »Zwölf Kinder, und noch immer schön. Aber was wird die Kälte des Klosters aus dir machen? Und wie du wohl kahlgeschoren aussiehst?« sagte er und tat einen tiefen Schluck. »Warum hast du mich verraten?« Er seufzte. »Auch du hast mich nicht wirklich verstanden, und das macht mich unglücklich. Weißt du, wie einsam ein Herrscher ist? Weißt du, wie kalt das Gold des Zarenthrons unter meinem Arsch ist? Weißt du, wie weit entfernt jeder Mensch von mir ist, der mir noch so nahesteht?«
    Nun schüttelte ich den Kopf, stumm. Er trank noch einmal und schluckte laut. Die Wärme des Feuers kroch über meine nackten Arme.
    »Hast du dich denn entschieden, Peter? Kannst du mir denn nicht verzeihen?« flüsterte ich.
    Er sah nur in die Flammen des Kamins. »Nein. Verzeihen kann ich nicht. Das weiß ich. Aber ich habe mich nicht entschieden, was mit dir geschehen soll. Noch nicht. Geh’ jetzt zu Bett.«
    Ich gehorchte und erhob mich. Ehe ich ging, nahm ich seine kalte, kleine
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