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Die Zahl

Die Zahl

Titel: Die Zahl
Autoren: Daniela Larcher
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er Capelli zu.
    »Ich habe ihr mit dem Schraubenzieher auf den Hinterkopf gehauen, rein theoretisch müsste sie noch einige Zeit außer Gefecht sein!«
    »Theoretisch vielleicht ja, aber die Praxis sieht leider anders aus.« Morell griff sich an den Kopf. Der hämmernde Zwerg war zurückgekehrt, und diesmal hatte er einen Presslufthammer mitgebracht. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. »War sie bewaffnet?«
    »Nein, ich habe nichts gesehen.«
    »Wollen wir hoffen, dass du recht hast«, murmelte Morell und
stand auf. Er wollte sich gerade umdrehen, als er hinter Capelli einen Schatten auftauchen sah.
    »Pass auf, hinter dir!«, schrie er und stürzte auf die Gerichtsmedizinerin zu. Er sah, wie Iris ihren Arm hob und in der Hand Capellis Schraubenzieher hielt. Verzweifelt riss er ein Buch aus dem Regal neben sich und schleuderte es Iris an den Kopf.
    Es war ein Volltreffer. Morell hörte einen Schrei und sah dann, wie Iris nach hinten taumelte. Blut schoss ihr aus der Nase.
    »Du Schwein«, schrie sie. »Du hast mir meine Nase gebrochen!«
    »Polizei«, rief Morell. »Du bist verhaftet!« Er machte einen Schritt auf Iris zu. Doch die ging in Deckung, wie eine Katze, die sich zum Sprung bereit macht, und hielt drohend den Schraubenzieher vor sich.
    »Von dir lasse ich mich sicher nicht verhaften, Fettwanst! Lieber krepier ich!« Iris bewegte sich rückwärts auf ein großes Fenster zu.
    »Iris«, versuchte Morell sie zu beruhigen. »Mach nicht alles noch schlimmer! Leg den Schraubenzieher hin, dann können wir über alles reden!«
    »Mit dir reden? Pah!« Sie streckte einen Arm nach hinten und öffnete das Fenster. Dann stieg sie auf den Sims. »Hau ab oder ich springe!«
    »Lass doch den Quatsch!«, bat Capelli, die neben Morell aufgetaucht war. »Bitte, das bringt doch nichts!«
    »Was wollt ihr denn, ihr Kranken!« Iris lachte hysterisch. »Von euch lass ich mir gar nichts sagen!«
    Dann ließ sie sich rückwärts aus dem Fenster fallen.
     
    Iris lag unnatürlich verdreht da, um ihren Kopf hatte sich eine Blutlache gebildet. Capelli ging neben ihr in die Hocke. Nachdem sie Iris’ Haare beiseitegeschoben und sich die Wunde angeschaut hatte, drehte sie sich zu Morell und schüttelte den Kopf.
    »Da ist nichts mehr zu machen. Sie ist genau auf dem Kopf gelandet.
« Sie erhob sich, trat auf den Chefinspektor zu und umarmte ihn. »Was für eine Nacht«, sagte sie und begann zu weinen.
    »Was für eine Nacht«, wiederholte Morell.
    Aus der Ferne konnten sie die Sirenen des Krankenwagens hören.

»Am zwölften Tage mit Sonnenaufgang erblickte er
die berühmte Pagode von Jagarnat.«
    Bernadin de Saint-Pierre, Die indische Hütte
    Lorentz hatte wieder eine gesunde Gesichtsfarbe bekommen und bestand darauf, das Krankenhaus so schnell wie möglich zu verlassen.
    »Ich stehe ja schließlich eh unter ärztlicher Beobachtung«, sagte er und zwinkerte Capelli zu, die am Bettrand saß und seine Hand hielt.
    Morell, der auf der anderen Seite des Bettes stand, schmunzelte. Hatte er mit seinem schon seit Tagen gehegten Verdacht, dass es zwischen den beiden gefunkt hatte, also doch recht gehabt.
    »Was hat denn die Hausdurchsuchung bei Iris ergeben, Otto?«, fragte Lorentz. »Gibt’s neue Erkenntnisse?«
    »Und ob, die Jungs von der Spurensicherung sind schon fleißig am Werk. Anscheinend hat Iris eines ihrer Opfer im Keller umgebracht. Da unten sieht es offenbar wie in einem Schlachthaus aus.«
    »Joe«, sagte Lorentz.
    »Das glaube ich auch, die DNA -Analysen werden Klarheit bringen.«
    »Mein Gott, und ich war bei ihr im Haus!« Lorentz schauderte nun. »Ich habe im Wohnzimmer gesessen und Kaffee getrunken,
während nur einige Meter unter mir Blut an den Wänden klebte.« Er schüttelte sich und setzte dann nachdenklich hinzu: »Ich frage mich, warum ich nicht bemerkt habe, dass sie verrückt war. Das hätte mir doch auffallen müssen.«
    »Sie war offenbar eine ausgezeichnete Blenderin, so etwas gibt es häufig«, sagte Morell, kramte in der Manteltasche und brachte schließlich ein kleines rotes Büchlein zum Vorschein. »Hier, das haben wir bei ihr gefunden. Sie hat über ihre Taten Tagebuch geführt, und da wird deutlich, wie durchgedreht sie war. Nach dem Tod von Susanne war sie der Überzeugung, dass die Zwölf sie zu ihren Opfern führe. Sie hat zum Beispiel Thomas Liebenknecht am Bauernmarkt vor dem Stand Nummer Zwölf getroffen. Sie hat das als ein Zeichen angesehen, ihn beschattet und ausgehorcht. Hier steht«, Morell
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