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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin
Autoren: Heidi Rehn
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in ihrem Entschluss zu unterstützen. Nie hätte sie sich verziehen, die Chance für seine Rettung ungenutzt verstreichen zu lassen. Magdalena kannte nur noch einen Wunsch: die beiden vor ihr fest in die Arme zu nehmen und die Wärme ihrer Körper wirklich zu spüren.
    »Geh schon!« Berta schien ihre Gedanken zu erraten und schubste sie leicht an. Ihre Augen glänzten feucht. Auch sie war zutiefst bewegt.
    »Magdalena!« In diesem Moment entdeckte Eric sie. Ungläubig sah er sie an, dann setzte er Carlotta langsam auf den Boden.
    »Sag ich doch!« Trotzig stampfte die Kleine abermals auf, bevor sie den Daumen wieder in den Mund schob und sein Bein umklammerte.
    Zögernd ging Magdalena auf ihn zu, sah ihm geradewegs in die tiefgründigen blauen Augen. Je näher sie ihm kam, desto mehr leuchteten sie. Plötzlich huschte ein Lächeln über sein Gesicht, und das wohlbekannte Zucken umspielte die Mundwinkel. Endlich öffnete er die Arme, und sie konnte sich einfach stumm hineinfallen lassen.
    Den ganzen Abend und die halbe Nacht redeten Magdalena und Eric miteinander. Mehr als zwei Jahre hatten sie nachzuholen. Berta kümmerte sich indessen um Carlotta und ließ sie allein in der Stube. Auch von den anderen Hausbewohnern zeigte sich keiner. Magdalena berichtete von den anstrengenden Zeiten als Wundärztin bei den Schweden und begriff erst jetzt, wie sehr all diese Erlebnisse sie belastet hatten. Zum ersten Mal konnte sie darüber sprechen, sich selbst der furchtbaren Erfahrungen bewusst werden.
    »Letztlich ist es einerlei, in welchem Heerlager du unterwegs bist. Das Elend im Lazarett ist auf allen Seiten gleich.« Sie schluckte, dachte an all die vielen Male, die sie am Rand eines Gefechtsfeldes Geschosse hatte herausoperieren, Gliedmaßen amputieren und klaffende Wunden zusammenflicken müssen. »Der einzige Unterschied war, dass wir bei den Schweden ohne Meister Johann auskommen mussten. Auch Roswitha mit ihrem reichen Kräuterwissen hat uns gefehlt.«
    Seufzend kämpfte sie gegen die Tränen an. Eric nickte stumm, hielt einfach nur ihre Hand und wartete. »Ohne Rupprecht hätte ich das nicht durchgehalten. Er hat mir immer wieder Mut gemacht. Dass er ausgerechnet am Tag des Friedensfestes hat sterben müssen, verstehe ich nicht. Nach allem, was er überstanden hat, wiegt das umso schlimmer. Stell dir vor: Jedem Kanonenschuss ist er entgangen, und dann hat ihn am Ende eine einfache Hofmauer erschlagen!«
    Erschöpft wischte sie sich über die feuchten Wangen und sah Eric aus tränenglitzernden Augen an. Abermals nickte er nur, um dann endlich mit heiserer Stimme zu fragen: »Und was ist mit Hauptmann Englund? Hast du je von ihm gehört? Vielleicht ist er dir im Lager der Schweden zufällig einmal begegnet? Das Würzburger Kloster und auch Königsberg in Franken sind Orte, die er immer wieder aufgesucht hat.«
    »Ich weiß. Hier«, sie nestelte an ihrem Mieder und zog den Bernstein heraus. »Der hat mir das Leben gerettet, weil dein Vetter Englund ihn erkannt hat.«
    »Woher weißt du, dass er …?«
    »Von ihm selbst«, fiel sie ihm ins Wort, während er offenbar noch nach den richtigen Sätzen suchte, um sein verwandtschaftliches Verhältnis zu Christian Englund zu erklären. »Du hättest mir von ihm erzählen müssen. Vor allem, dass er von seiner Mutter den gleichen Stein als Talisman bekommen hat wie du. Mich hat er als Diebin beschimpft. Kein Wunder, schließlich musste er denken, ich hätte den Stein gestohlen.«
    Eric senkte den Blick. »Wie hätte ich ahnen können, dass ausgerechnet ihr beide euch einmal begegnen werdet?«
    »Konntest du nicht. Zum Glück hat Rupprecht mich gerettet. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie oft Rupprecht das in den letzten Jahren getan hat. Ohne ihn säße ich bestimmt nicht mehr hier.«
    Der versteckte Vorwurf in den Worten traf ihn sichtlich. Erics Wangen glühten, er biss sich auf die Lippen und wich ihrem Blick aus. Fahrig knetete er seine Finger, bis die Knöchel weiß hervortraten.
    »Elsbeth ist am Fieber gestorben«, sagte er ohne Übergang. »Die Franzosenkrankheit hat sie außerdem noch gehabt. Kein Wunder, bei ihren vielen Liebschaften. Berta hat ihr Möglichstes getan, aber es hat nichts mehr genutzt. Am Ende hat Elsbeth aufrichtig leidgetan, dass sie dir Carlotta weggenommen hat. Sie war immer sehr gut zu der Kleinen. Sie war wie eine Mutter zu ihr. Elsbeth wollte einfach nur jemanden, der sie auch ein bisschen gernhat.«
    Es tat weh, das zu hören. Magdalena
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