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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin
Autoren: Heidi Rehn
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konnte Magdalena Rupprecht das antun! Immerhin hatte er ihr zuliebe klein beigegeben. Staunend beobachtete Elsbeth, wie er sich trotz seiner erkennbaren Wut den Anweisungen fügte.
    »Wollt ihr nicht lieber doch den Meister selbst fragen?« Schlagartig verstummte das Gemurmel. Elsbeth trat einen Schritt vor und sah ihrer Cousine herausfordernd ins Gesicht. »Immerhin seid ihr beide seine Gehilfen, habt beide viel von ihm gelernt. Wenn ihr euch nun nicht einigen könnt, was das Beste für das Kind ist, sollte er entscheiden. Nicht dass das Kind einer falschen Behandlung wegen unnötig Schmerzen ertragen muss.«
    Wie um das Gesagte zu unterstreichen, schrie das Kind plötzlich gellend auf.
    »Tut endlich was, egal, was, nur helft meinem Kind!« Die Mutter geriet außer sich.
    »Hau ab und lass uns unsere Arbeit tun!« Magdalenas smaragdgrüne Augen funkelten zornig. Rupprecht wirkte noch immer etwas unentschlossen. Erst als ihm einer der Umstehenden einen Stoß in die Seite gab, setzte er sich in Bewegung. Die Stimmung in der Offizin hatte sich gegen ihn gekehrt. »Ich hole dir, was du willst«, sagte er und verschwand im Laboratorium.
    »Es war nur ein Versuch, den Streit zu beenden.« Elsbeth zuckte die Schultern. Wenn keiner ihre Mühe honorierte, mischte sie sich eben nicht mehr ein.
    Der Posten gegenüber der Apotheke schien ihr weiterhin eine gute Zuflucht, um Rupprecht unbeobachtet abzupassen. Sie musste nicht lang ausharren, bis er herauskam. Ihre Vermutung, dass er Magdalena lediglich die gewünschten Heilmittel bringen und sich dann sofort aus der Behandlung zurückziehen würde, bestätigte sich. Zufrieden, ihn wenigstens so weit gebracht zu haben, dass er der Cousine nicht noch die Tücher zum Verbinden wie ein geringer Handlanger reichte, lächelte sie ihm entgegen. Seine närrische Verliebtheit in Magdalena würde gewiss nicht mehr lange sein Hirn trüben. Die Stunden, die sie beide miteinander verbrachten, würden das Ihre beitragen, dass er sich von dem Schatten löste und bald die ihm zustehende Position beim Feldscher einnahm. Ein weiteres Mal beglückwünschte sie sich zu dem Geistesblitz, dem unauffälligen Burschen für eine Weile ihre Gunst zu schenken. Durch ihn würde sie nicht nur ihren Kinderwunsch erfüllen, sondern auch Magdalena einige Steine in den Weg legen können. Die Cousine würde schon sehen, dass sie nicht für alle die beliebte kleine Wundärztin war, der die Herzen zuflogen. Doch jetzt galt es erst einmal, Rupprecht zu genießen.
    »Schön, dass du kommst.« Wohlgemut zog sie ihn in einen benachbarten Hof, wo sie vor fremden Blicken sicher sein konnten.
    »Was sollte das vorhin? Mit Magdalena komme ich schon allein zurecht.« Sein Grollen hinderte ihn, ihr Lächeln zu erwidern.
    »Das weiß ich doch. Mir ging es nur darum, den unnötigen Streit zu beenden. Schade, dass du es nicht hast darauf ankommen lassen, wem von euch beiden Meister Johann recht gegeben hätte.« Sie streckte die Hand aus, um ihm über die Wange zu streicheln. Nichts lag ihr ferner, als den Zwischenfall in der Apotheke ausgerechnet jetzt zu diskutieren. Wenn er nicht begriff, dass sie nur zu seinem Wohl gehandelt hatte, war es ohnehin sinnlos. Dann wollte sie sich lieber gleich mit anderem beschäftigen. Angesichts des lauter werdenden Säbelrasselns wussten sie nicht, wie viel Zeit ihnen blieb.
    »Ihr natürlich, das weißt du doch so gut wie ich.«
    »Warum hast du dann überhaupt widersprochen?« Entgegen ihrer Absicht konnte sie das Thema doch nicht ruhenlassen. Verflixt, schalt sie sich, am Ende streiten wir uns jetzt auch noch deswegen. »Vergiss es«, schob sie also rasch nach. »Wenn du nicht willst, dass ich offen für dich eintrete, werde ich es nicht wieder tun. Das verspreche ich dir.« Feierlich hob sie die Hand zum Schwur und lächelte.
    »Was willst du eigentlich von mir?«
    »Das weißt du doch. Wir sind verabredet. Oder hast du etwa was Besseres vor?« Sie bemühte sich, belustigt zu klingen, und suchte seinen Blick. Um ihr ins Gesicht sehen zu können, musste er den Kopf heben. Sie störte das nicht. Vielleicht war gerade das der besondere Reiz, der von ihm ausging? Aufmunternd schwang sie sich ein wenig hin und her, nestelte wie zufällig an den Knöpfen ihres Mieders und hob den Saum des Rockes, um ihre Fußspitzen zu betrachten. Interessiert glitt ihr Blick dabei auch über seine Gestalt. Das Hemd war fleckig, weil er wohl beim Mischen der Tinkturen nicht sonderlich achtsam vorgegangen
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