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Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)
Autoren: Sarwat Chadda
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brüllte vor Lachen.
    »Du willst gegen mich kämpfen? Du kannst doch kaum …«
    Die Pistole knallte ein einziges Mal, und Koschtschei fiel. Der Donner des Schusses hallte über die Stadt. Iwan hielt den großen Revolver vollkommen reglos in der Hand; der Rauch entwich flüsternd aus dem langen, glänzenden Lauf.
    »Ich will dich tot sehen«, sagte er. »Und das ist alles, was ich will.«
    Die Bogatyri starrten den Leichnam ihres Anführers an. Dann Iwan. Sie waren eine verschworene Gemeinschaft, aber plötzlich sahen sie verloren und verängstigt aus.
    »Geht jetzt«, befahl Iwan. Er ließ den leeren Revolver zu Boden fallen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Die Bogatyri warfen die Waffen weg und flohen.
    Billi stürzte in seine Arme. »Gott sei Dank! Ich dachte, du wärst tot.«
    »Ich? Tot? Weißt du, wer ich bin?« Iwan zuckte zusammen. »Ich bin Zarewitsch Iwan Alexejewitsch Romanow. Es braucht mehr als ein paar Kratzer, mich umzubringen.« Er wankte und wäre gestürzt, wenn Billi sich nicht an ihn geklammert hätte. »Aber nicht viel mehr.«
    Eine der Wölfinnen heulte. Eine Frau kletterte auf eine Mauer und schrie zum Mond empor. Die siegreichen Polenitsy brüllten ihre Freude laut heraus, und die Stadt hallte von ihren wilden Rufen wider. Das Geräusch ließ Billis Seele erschauern, und sie spitzte bei den Schreien der feiernden Bestien die Ohren.
    Sie seufzte und trat von Iwan zurück. Sie hob den Kopf und starrte den Mond an. Seine Helligkeit tat ihren Augen weh, aber sie blinzelte nicht.
    Das Innere Tier trat aus seinem Käfig hervor.
    Sie zog die zerstörten Überreste des Kettenhemds aus.
    Iwan packte sie am Arm. »Nein. Nicht nach alledem.« Er rief den Templern zu: »Schnell!«
    Billi wand sich, aber er ließ nicht los. Sie starrte ihren blutbefleckten, zerfetzten Mantel an. Sie fuhr mit den langen, scharfen Fingernägeln, die jetzt Krallen waren, darüber und riss ihn ab.
    Sie hatten gewonnen. Ihre Schwestern.
    Verschwommen nahm sie wahr, dass ihr Vater auf sie zurannte, den Rucksack über eine Schulter geworfen. Seine blauen Augen waren weit aufgerissen und voller Angst. Warum?
    »Billi, dein Dad kommt, halt einfach durch«, sagte ein Mann, ein Mann namens Iwan.
    Nein, er war der Feind. Er roch nach Blut und Wolf und Pulver und Rauch, dem Gestank der Zivilisation.
    »Lass mich los«, sagte Billi. Oh, wie saftig er aussah!
    »Nein.«
    Billi knurrte, und ihre Zunge berührte die messerscharfe Reihe von Reißzähnen in ihrem Mund, bestens dazu geeignet, ihm die Kehle herauszureißen. Sie lächelte, da sie roch, wie ihm Furcht durch die Poren sickerte.
    »Du bist keine Bestie, Billi.«
    Er floh nicht, wie es sich für Beute gehörte. Er stand ihr gegenüber, forderte sie heraus.
    Nein. Das war Iwan. Er hatte ihr das Leben gerettet. Billi zögerte.
    Das Geheul übertönte ihre Gedanken, und Billi schrie. Sie brach zusammen und krümmte sich, als ihr Körper seine menschliche Gestalt aufzubrechen begann. Arthur fiel neben ihr auf die Knie.
    Mensch und Tier rangen um die Oberhand. Billis Seele spaltete sich in zwei Teile, die jeweils den anderen beherrschen wollten. Muskeln zuckten und krampften sich zusammen, als das Innere Tier versuchte, Körper und Fleisch seinen Willen aufzuzwingen.
    Ich bin keine Bestie .
    Ganz gleich, was sie getan hatte, sie hatte ihm nicht nachgegeben.
    Billi starrte Iwan fest an, grub die Nägel in seine Haut, klammerte sich an ihn wie eine Ertrinkende.
    Arthur riss seinen Rucksack auf, und der Gestank darin erweckte in Billi den Wunsch, sich zu übergeben. Der Werwolfsteil wich zurück und knurrte, als Arthur die dicken Kräuterumschläge auf ihren Arm und ihre Seite legte. Aber ihr Blut kochte, und ihre Haut brannte.
    Dann begann sich ein Strom von Kühle in ihr auszubreiten. Erst schwitzte Billi, dann zitterte sie, als die Kräuter ihr Werk taten.
    Billi sackte in Iwans Armen zusammen und gab sich der tröstlichen Kälte hin, die ihre Adern durchströmte.

46
    Billi spürte, wie kaltes Wasser über ihre Stirn rieselte. Tropfen fielen ihr auf die Augenlider und ließen sie blinzeln.
    »Gott sei Dank«, flüsterte Arthur.
    Billi blinzelte noch einmal, wischte das Wasser ab und blickte sich um.
    »Einen Moment lang sah es ein bisschen haarig aus«, sagte ihr Vater. Er ließ das Tuch in eine Plastikschüssel fallen.
    »Ist das ein … Witz?«, fragte sie. »Bitte mach keinen mehr. Ich glaube, das verkrafte ich nicht.«
    Arthur strich Billi das Haar aus dem Gesicht, als
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