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Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)
Autoren: Sarwat Chadda
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herumgeschnüffelt. Wassilissa und ihre Familie sind vor vier Jahren nach England gekommen, als sie fünf war. Sie stammen ursprünglich aus Russland – aus Karelien. Das liegt im hohen Norden, an der finnischen Grenze.«
    »Ist das wichtig?«, fragte Gwaine.
    »Es ist ein wilder Landstrich. Viele Wölfe.« Elaine öffnete ihre Mappe und reichte ein Blatt mit gescannten Bildern herum. »Von allen Rudeln jagen sie am eifrigsten Frühlingskinder.«
    Die Fotos zeigten die Terrasse vor dem Bauernhaus von Wassilissas Eltern. Die Taschenlampe enthüllte etwas, das Billi in der vergangenen Nacht nicht bemerkt hatte. In die Pflastersteine waren seltsame Bilder eingemeißelt.
    »Das hier sind Petroglyphen. Kopien von welchen, die man in Karelien gefunden hat. Das Original ist über fünftausend Jahre alt. Das hier.« Sie wies auf eine menschliche Gestalt, die wenig mehr als ein Strichmännchen mit zweigartigen Händen war; zwei Kreise deuteten Brüste an. Eine Hand hielt eine Scheibe, die andere eine Mondsichel. »Das ist das Göttinnenbild der Polenitsy.«
    » Oiorpata «, murmelte Gwaine. Billi runzelte die Stirn. Er benutzte immer Altgriechisch oder Latein, wenn Englisch genauso gut gewesen wäre. Zum Glück konnte sie Altgriechisch und hatte Herodot gelesen. Anders als Mordred.
    »Männertöterinnen«, flüsterte Billi ihm zu.
    Elaine nickte. »Die Polenitsy sind ein Werwolfsrudel, das nur aus Weibchen besteht und von den ursprünglichen Amazonen abstammt. Von allen Werwölfen wandeln sie am strengsten auf dem Pfad der Göttin. Man könnte sie als Fundamentalistinnen bezeichnen.«
    »Sie sind weit von zu Hause entfernt«, sagte Arthur.
    »Sie könnten verzweifelt sein. Seher sind nicht so häufig. Das Bodmin-Rudel jagt keine Frühlingskinder mehr, und die irischen Wölfe – das einzige andere große Rudel in der Nähe – tun es auch nicht.« Elaine klopfte mit den Fingernägeln auf die Lehne von Gareths Stuhl. »Ich bin überzeugt, dass sie diejenigen sind, die hinter Wassilissa her sind, und sie werden sich nicht einfach still und leise zurückziehen. Sie sind altmodisch.«
    »Und wir werden mit ihnen verfahren wie mit allen anderen«, sagte Gwaine.
    Elaine antwortete nicht, aber Billi konnte ihr die Zweifel ansehen. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit den Fotos zu. Etwas war oberhalb des Symbols der Göttin der Polenitsy eingeritzt. Sie konnte gerade eben ein Kreuz erkennen, nicht das schlichte Kreuz der westlichen Christenheit, sondern das russisch-orthodoxe Kreuz mit drei Querbalken, deren unterster schräg stand.
    »Was ist das?« Sie deutete auf das Kreuz.
    Elaine fuhr fort: »Ich glaube, dass die Bulgakows auf ihre eigene plumpe Art versucht haben, einen Schutz gegen die Göttin aufzubauen. Viele Leute glauben, dass das Kreuz die perfekte Verteidigung gegen sämtliche Unholde darstellt.«
    »Es hat nicht funktioniert«, schnaubte Bors.
    »Nur, weil man an etwas glaubt, wird es noch nicht Wirklichkeit«, sagte Arthur. »Wassilissa ist also eine Seherin?«
    Elaine schüttelte den Kopf. »Das weiß ich noch nicht. Ihre Eltern wussten, dass irgendetwas im Busch war. Aber sie ist jung, und selbst wenn sie tatsächlich solche Kräfte hat, treten sie sicher unregelmäßig auf, und sie kann sie nicht bewusst kontrollieren.«
    »Aber Kays telepathische Kräfte haben sich schon gezeigt, als er neun war – genauso alt wie diese Wassilissa«, sagte Billi.
    Elaine lachte. »Kay war ein außerordentlich starkes Medium. Jemanden wie ihn werden wir nicht wieder finden. Nein, wenn Wassilissa eine gewisse Begabung hat, dann nicht auf demselben Niveau wie Kay.«
    »Gibt es denn keine Tests oder sonst etwas, was du tun könntest?«, hakte Billi nach.
    »Man kann nicht einfach ein Messgerät in sie hineinstecken und ablesen.« Elaine hielt die Hände mit ausgestreckten Fingern hoch. »Es gibt sechs Arten von Sehern: Gedankenleser wie Kay, die eben Gedanken lesen und all diesen telekinetischen Kram bewirken können. Dann gibt es die eigentlichen Medien, die mit Geistern sprechen. Heiler. Elementalisten. Feuerentzünder, und schließlich Propheten.« Elaine ballte die Hände zu Fäusten. »Als Kinder haben sie gewöhnlich ein paar Fähigkeiten auf all diesen Gebieten, aber bis zur Pubertät schränkt die Begabung sich auf ein oder zwei Gebiete ein. Kay war erstaunlich …« Elaine war mehr als nur ein Anflug von Stolz anzumerken, wenn sie von ihrem letzten, besten Schüler sprach. »Er hatte noch bis weit ins Teenageralter hinein Kräfte
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