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Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)
Autoren: Sarwat Chadda
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Billi.«
    Billi ging nach Hause, in die Middle Temple Lane, gefolgt von Lance, der das schlafende Mädchen in den Armen trug.
    Der Geruch nach frischer Farbe war noch immer wahrnehmbar, als sie das Haus betraten. Billi warf einen Blick auf die welke Farnpflanze neben der Tür. Ihr Versuch, etwas Leben ins Haus zu bringen, scheiterte vollkommen. Keines der Gemälde hing schon wieder an der Wand, bis auf eines. Jacques de Molay, der letzte Templergroßmeister, blickte auf sie herab, als sie hereinkamen.
    »Es ist oben, Lance. Ich hole ein paar Decken.«
    Lance nickte und trug Wassilissa durch die Tür und die Treppe hinauf.
    Billi blieb vor dem Porträt stehen. Als Kind hatte sie immer ein wenig Angst gehabt, wenn sie darunter vorbeigekommen war.
    Und jetzt?
    Heute empfand sie gar nichts mehr.
    Nach einem kurzen Nickerchen war Billi um sechs wieder wach. Sie zog sich an und vergewisserte sich, dass der Verband noch an Ort und Stelle und ihr nicht über Nacht ein Fell gewachsen war. Bis jetzt – nicht haarig. Sie wusste, dass der Schmerz der Verwandlung mit dem Mondlicht und dem zunehmenden Mond stärker werden würde, falls sie sich infiziert hatte. Sie hatte verwundete Ritter gekannt, die tagelang gegen den Drang der Verwandlung angekämpft und mit aller Willenskraft mit dem Inneren Tier gerungen hatten. Einigen gelang das für eine Weile, aber alle gaben im Licht des Vollmonds auf. Doch Billi verspürte noch kein Bedürfnis, nackt durch die Wälder zu laufen und den Mond anzuheulen.
    Sie mühte sich ab, ihr Hemd anzuziehen. Ihre Muskeln beschwerten sich laut über die Behandlung, die ihnen gestern Nacht zuteilgeworden war. Als sie ihre Schlafzimmertür öffnete, drang der Duft nach warmem Brot aus der Küche hervor.
    » Bonjour , Bilqis«, sagte Lance, als sie in die Küche kam. Er öffnete den Backofen und zog ein Blech mit goldgelben Croissants daraus hervor, die er auf einen Porzellanteller schüttelte. »Frühstück?«
    Natürlich – Wachdienst. Arthur musste dafür gesorgt haben, dass einige Ritter Wassilissa reihum bewachten. Die Werwölfe würden ihre Beute nicht so einfach aufgeben. Früher oder später würden sie hier auftauchen und nach ihr suchen.
    Billi setzte sich an den Tisch, während Lance ihr eine Schale heißen Kakao anrührte. Soweit Billi sich erinnern konnte, hatte ihr bisher nur ein einziges Mal jemand Frühstück gemacht. Kay hatte das Übliche auf den Tisch gebracht: Müsli und einen Klacks Honig. Vor genau zwei Monaten und neunzehn Tagen.
    Lance wusste in der Küche Bescheid. Der Franzose war in Marseille Konditor gewesen. Er war außerdem auch Schmuggler gewesen, bevor er mit den Templern zu tun bekommen hatte. Billi kannte nicht die ganze Geschichte, aber auf die Weise hatte er sein Auge verloren.
    Billi wippte auf ihrem Stuhl zurück. Die Topfpflanzen beiderseits der Tür sahen nicht gut aus. Ganz gleich, was sie unternahm, sie ließen immer die Köpfe hängen. Ihr Wakizashi lehnte am Tisch. Sie hob es hoch und überprüfte die Klinge: sauber und makellos.
    »Ich dachte, du hättest es vielleicht gern zurück«, sagte Lance. »Ich habe es in dem Bauernhaus gefunden.«
    »Danke. Ich besuche nach der Schule Percy, und ich hätte ihm nicht gern erzählt, dass ich sein Lieblingsschwert verloren habe.« Sie legte es auf den Tisch. »Was habt ihr sonst noch gefunden?«
    »Kaum etwas Nützliches.«
    Billi warf einen Blick in die Zeitung vom Vortag, die ihr Vater ausgebreitet hatte, um das Öl aufzusaugen, das er zum Reinigen der Waffen verwendet hatte. Das übliche Gelaber. Politische Skandale. Mehr Ärger im Mittleren Osten. Berichte über Fußball und darüber, wer bei irgendeiner Wohltätigkeitsveranstaltung gestern Abend was getragen hatte. Ihr Blick blieb am Bild eines rauchenden Vulkans hängen. Unten in Italien grollte der Vesuv, wie er es schon seit einem Monat immer wieder getan hatte. Die halbe Stadt war evakuiert worden; die andere Hälfte konnte sich noch nicht dazu entschließen.
    Sie behandelten gerade den Vesuv in ihrem Lateinkurs. Es war das einzige Fach, in dem sie richtig gut war. Für den Sommer war eine Klassenreise geplant, um die Ruinen von Pompeji zu besichtigen, der römischen Stadt, die 79 nach Christus beim letzten großen Ausbruch zerstört worden war. Es wäre toll gewesen mitzufahren, und Billi wusste, dass ihr Vater es erlauben würde, wenn sie darum bat.
    Billi knüllte die Zeitung zusammen. Nein, sie hatte ihre Templerpflichten. Nur die spielten eine Rolle.
    Ein
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