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Die Wohltäter: Roman (German Edition)

Die Wohltäter: Roman (German Edition)

Titel: Die Wohltäter: Roman (German Edition)
Autoren: Jenny Nordberg , Nuri Kino
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Platz hinter dem Tresen aus. Die wenigen Tage in Yamos Gaststätte hatten seine Laune bereits erheblich verbessert.
    Yamos Restaurant war eine klassische schwedische Vorortgaststätte, die werktags vierzehn Stunden durchgehend geöffnet hatte, von zehn Uhr morgens bis Mitternacht. Der Einrichtungsstil erinnerte an eine Raststätte: Braune Stühle und Tische, auf denen immer eine Stoffblume neben dem Salz- und Pfefferstreuer stand und die Würzsauce in einem kleinen Körbchen ein Zuhause gefunden hatte. Es gab Billardtische und zwei Dartsscheiben, jeden Mittwoch fand ein Karaokewettbewerb statt, und freitags und samstags war die Gaststätte immer gut besucht und bis ein Uhr nachts geöffnet. An den Wochenenden wurde im Darts-Raum eine kleine Diskokugel montiert und ein Teenager aus dem Ort angeheuert, um Platten aufzulegen. Alle nur erdenklichen Gerichte, auf die man Appetit haben konnte, wurden angeboten. Schwedische Hausmannskost, zwanzig verschiedene Pizzas, Fleischplatten, zehn Pastavariationen, mexikanische Taccos und Wokgerichte. Das Tagesgericht aus dem Wok gehörte zu den Dauerbrennern beim Mittagstisch. Aus den Zutaten eines Pizzabelages könne auch ein warmes Gericht entstehen, hatte Ninos Yamo einst beigebracht, als dieser sein Restaurant eröffnete. Schinken, hatte Ninos pädagogisch beispielhaft erklärt, sei ein typischer Pizzabelag. Später könne man damit Tournedos spicken. Salat mit Käse und Schinken kreieren. Schinkenpasta. Schinken mit Kartoffeln und Spiegeleiern. Außerdem könne man Schinken auch in den Wok werfen, in Kombination mit allem, was übriggeblieben sei; vorzugsweise mit altem Gemüse. Ein bisschen Nudeln und Reis dazu ... Und nicht zu vergessen Pyttipanna, ein Gericht, das Reste vom Mittagstisch und von der Speisekarte gleichermaßen davor bewahrte, unnötig im Abfall zu landen.
    Neben den Wärmeplatten mit den Kaffeekannen stand immer eine große Platte mit grünen »Staubsaugern« bereit – die Gäste konnten von diesen Marzipanrollen nie genug kriegen. Das Zubereitungprinzip war dasselbe wie bei Pyttipanna – übriggebliebene Kuchenkrümel wurden mit Buttercreme vermischt und mit Punscharoma verfeinert. Schließlich überzog man alles mit grünem Marzipan und tauchte die Enden in Schokolade. Ninos war geradezu süchtig nach dem eigenartigen Geschmack und aß mehrere Röllchen am Tag, obwohl er sich lieber hätte fernhalten sollen.
    Er blickte zu den Gästen hinüber und vertrieb sich die Zeit damit, jene Typen von Menschen zu sondieren, die immer vertreten waren. Die alleinerziehende Mutter, die sich gern auf ein Bier einladen ließ, während die Kinder draußen warteten. Der Kommunalpolitiker, der mehr als gern zu einem Bier einlud. Der Dichter. Der LKW-Fahrer. Schwedische Sozialhilfeempfänger. Meistens saßen ab dem Nachmittag auch einige Drogenabhängige hier herum, die aus irgendeinem Grund immer südschwedische Griebenwurst aßen. Ein Skinhead konnte neben einem älteren türkischen Herren sitzen, ohne dass einer der beiden auf den anderen reagierte. Zwischen den ungleichen Charakteren in der Gaststätte herrschte ein undramatischer Frieden. Mittlerweile kam es nur noch selten zu Streitigkeiten, was während des Krieges im ehemaligen Jugoslawien noch anders gewesen war. Die Jugos, ansonsten stets angenehm und umgänglich, hatten plötzlich begonnen, sich zu prügeln. Nachbarn – oder gar Verwandte – hatten versucht, sich gegenseitig niederzuschlagen, wobei sie von den Jugos beider Seiten angefeuert wurden. Abgesehen von jenen, die selbst involviert waren, konnte niemand im Voraus die Gruppenzugehörigkeit erraten. Damals, in den Jahren, als Ninos seine eigene, äußerst beliebte Stadtteilwirtschaft betrieben hatte, war er fast jeden zweiten Abend gezwungen gewesen, die halbe Verwandtschaft einzubestellen, um eine veritable Kneipenschlägerei zu verhindern.
    Einige von Yamos Stammgästen saßen um Ninos herum an der Bar versammelt, er kannte sie von den vielen Malen, die er hier schon eingesprungen war: ein Gemeinderat, einige Geschäftsinhaber aus der Nachbarschaft sowie Blumenhändler-Jocke mit seinem Kumpel Håkan, beide spielsüchtig. Jocke schien das Geld nie auszugehen. Eine Rose kostete im Einkauf drei Kronen, hatte Jocke Ninos erzählt, und wurde für mindestens fünfzehn Kronen weiterverkauft. Einmal hatten die beiden auf einen Gewinn angestoßen, der so groß war, dass man an einem Abend ohne Reue zwanzigtausend Kronen verbraten konnte.
    Aus dem Augenwinkel sah
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