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Die wir am meisten lieben - Roman

Die wir am meisten lieben - Roman

Titel: Die wir am meisten lieben - Roman
Autoren: Aufbau
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Laserwaffe, aber er fand nur eine kleine blauweiße Satinschürze, ein paar seltsam aussehende Medaillen und Abzeichen und eine Zeitschrift, die
Health & Efficiency
hieß und in der nackte Frauen abgebildet waren. Er hatte niemandem davon erzählt, nicht einmal Diane. Sie wusste anscheinend auch nicht mehr über Freimaurer als er. Nur, dass bei den Treffen im
Lodge
alle ihre Hosenbeine hochkrempelten und einen Galgenstrick um den Hals legten. Sie sagte, das hätte wahrscheinlich etwas mit Golf zu tun, denn viele der Männer von Vaters Golfclub waren auch Freimaurer.
    Tommy hörte den Wagen seines Vaters über die Einfahrt in die Garage knirschen. Es war ein Rover 105S in zwei Grüntönen mit beigefarbenen Ledersitzen und einem Armaturenbrett aus Walnussholz. Sein Vater behandelte das Auto, als sei es für ihn persönlich von Gott gebaut worden. Die Wagentür wurde geschlossen, und Tommy hatte seinen Vater vor Augen, wie er |28| langsam um das Auto herumlief und den Lack nach winzigen Kratzern absuchte. Das machte er nach jeder Fahrt, egal wie kurz sie gewesen sein mochte. Mit einem weichen Tuch und Alkohol aus einer Flasche entfernte er dann die toten Insekten von den Scheinwerfern und dem Kühlergitter.
    Arthur Bedford reagierte auf die Bettnässerei seines Sohnes ähnlich wie auf fast alles, was Tommy anging. Er blieb müde distanziert. Saubermachen, die Laken wechseln, Wäsche waschen, war genau wie fast alles, was mit Kindern zu tun hatte, Frauensache. Tommy wusste jedoch, dass sein Vater das Problem für eine generell weibliche Schwäche hielt.
    Erst vor kurzem war Tommy aufgefallen, dass seine Eltern sehr viel älter waren als die der anderen Kinder in seinem Alter. Seine Mutter war beinahe fünfzig und sein Vater fast sechzig. Oft dachten die Leute, sie seien seine Großeltern. Einmal hatte ihm seine Mutter erklärt, dass sie sich viele Jahre um ein Brüderchen oder Schwesterchen für Diane
bemüht
hätten, aber Gott hätte es nicht gewollt. Dann, endlich, sei Tommy gekommen. Es sei ein
Segen
gewesen, sagte sie. Aus welchem Grund Gott seine Meinung geändert hatte, wusste Tommy nicht. Und was den
Segen
anging, war er sich auch nicht so sicher, denn einmal hatte er Tante Vera von ihm als einem
Unfall
sprechen hören.
    »Gott im Himmel. Wir sind noch wach?«
    Sein Vater spähte vom Treppenabsatz in Tommys Zimmer, seine kalte Pfeife steckte im Mundwinkel wie bei Popeye. Darum sprach er mit zusammengebissenen Zähnen und klang wie die Puppe eines Bauchredners. Sein Vater war in jeder Hinsicht das Gegenteil von seiner Mutter. Er war groß und schlank mit vielen knochigen Kanten. Seine Kleidung schien immer Platz für zwei zu haben. Sein Haar war voll und silbrig, nur vorn war es vom Pfeifenqualm gelb verfärbt.
    »Wagon Train«
, erklärte Tommy.
    »Ah.«
    |29| Sein Vater stand vor der Zimmertür, als könnte er sich nicht entscheiden, ob er hereinkommen oder ob er von dort, wo er war, gute Nacht sagen sollte. Er streckte ein wenig sein Kinn vor.
    »Der alte Kerl wird dich vermissen.«
    Tommy wusste nicht, wen er meinte. Er senkte
Cluster’s Last Stand
und sah zu, wie sein Vater vorsichtig über die Spielzeugcowboys und Indianer stieg, die auf dem Teppich einen Dauerkrieg gegeneinander führten. Er machte Anstalten, sich aufs Bett zu setzen, bemerkte dann aber den seltsamen Winkel und die Klötze und beschloss, es sei sicherer, zu stehen. Im Schein der Nachttischlampe leuchtete seine weite Wollhose, sein Oberkörper blieb im Dunkel. Er pflückte den Teddybären vom Kissen, und Tommy wurde klar, das war der alte Kerl, von dem sein Vater gesprochen hatte.
    »Hmm. Der alte Bursche sieht ein bisschen mitgenommen aus.«
    Old Ted hatte kahle Stellen und Narben von häufiger Flickerei. Früher hatte er Diane gehört und war das Opfer zahlloser Missgeschicke geworden. Er war gefoltert und aufgehängt, am Marterpfahl verbrannt, aus dem Fenster geworfen worden und hatte sich ausgedehnten Operationen unterziehen müssen.
    »Kann ich ihn mitnehmen?«
    Sein Vater lachte.
    »Teddybären im Internat? Um Himmels willen, nein! Was würden die denken?«
    »Was würde wer denken?«
    »Die Lehrer, die anderen Jungen, alle.«
    »Hat nicht jeder einen Teddybären?«
    »Nur, wenn man klein ist.«
    Er fuhr Tommy durchs Haar.
    »Keine Sorge, wir passen auf ihn auf.«
    Er steckte den Bäreb wieder ins Bett.
    |30| »Nun, mal sehen, was das alte Mädchen mit meinem Abendessen gemacht hat. Licht aus jetzt.«
    Er beugte sich hinab, und einen
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