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Die wir am meisten lieben - Roman

Die wir am meisten lieben - Roman

Titel: Die wir am meisten lieben - Roman
Autoren: Aufbau
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sie absetzen, um richtig sehen zu können. Dann strahlte er und öffnete die Tür.
    »Wen in aller Welt haben wir denn da!«
    »Hi, Ray.«
    »Tommy, alter Junge. Wie geht es dir?«
    »Ganz gut.«
    »Was geht hier vor? Wo ist deine Mom?«
    Tommy zögerte.
    »Sie ist im Haus? Na, was machst du dann noch hier draußen? Komm, alter Junge, gehen wir rein. Mann, schön, dich zu sehen!«
    »Diane hat gesagt, ich soll hier warten.«
    »Nicht doch, komm schon.«
    Ray streckte seine Hand aus. Tommy hatte keine Wahl. Er stieg aus dem Taxi und umarmte Ray.
    »Verdammt, Tommy, gut, dich zu sehen. Ich habe dich fürchterlich vermisst.«
    Tommy zwang sich zu einem Lächeln.
    Ray zog seine Brieftasche aus der Jeans und bezahlte den Fahrer.
    »Aber Diane hat gesagt –«
    »Schon gut, Junge. Keine Sorge. Komm jetzt.«
    Er legte seinen Arm um Tommy, und sie gingen zum Haus.
    »Hey, Tommy, bist du gewachsen! Mann, sieh dich nur an!«
    An der Haustür kam ihnen Dolores entgegen.
    |344| »Sie ist wieder da. Sie hat sich selber reingelassen.«
    »Ich weiß. Alles in Ordnung. Tommy ist auch da. Sie sind zurück nach Hause gekommen.«
    Dolores lächelte kühl.
    »Hi, Tommy.«
    »Hi.«
    »Wo ist sie?«, fragte Ray ruhig.
    »Oben. Sie versucht, den Safe zu öffnen. Ich habe ihr gesagt, es nicht –«
    »Ist schon gut, Dolores. Alles unter Kontrolle. Oder nicht, Tommy?«
    Ray klopfte Tommy auf den Rücken.
    »Ich sag dir was, mein Sohn. Du gehst jetzt mit Dolores in die Küche, und sie macht dir einen Schokoladenshake. Wie wär’s?«
    »Ich warte hier.«
    »Nein, du gehst mit Dolores. Tu, was ich dir sage.«
    Tommy warf sich zeit seines Lebens vor, dass er in jenem Moment so schwach gewesen war. Wäre er nicht von der Stelle gewichen, im Korridor geblieben oder mit Ray die Treppen nach oben gegangen, wäre das, was danach passierte, vielleicht zu vermeiden gewesen. Später begriff er, dass es im Leben oft einzig und allein auf den richtigen Moment ankam. Ein Augenblick konnte zwischen Glück und Unglück entscheiden, zwischen Leben und Tod oder ewiger Verdammnis.
    In der Küche holte Dolores die Eiscreme aus dem Gefrierfach, die Milch aus dem Kühlschrank und fragte, wo sie die ganze Zeit abgeblieben waren. Tommy schenkte ihr nicht viel Aufmerksamkeit und verriet nur, dass sie in Montana gewesen waren. Er wollte hören, versuchte sich vorzustellen, was oben vorging. Er stand neben dem Tisch, und Dolores sagte, er solle sich setzen, dann mit mehr Nachdruck, und er setzte sich.
    Er konnte nicht sagen, wie lange es dauerte, bis er Diane |345| schreien hörte. Vielleicht fünf Minuten, vielleicht weniger. Er sprang auf und rannte los. Dolores rief ihn zurück, aber er war schon im Korridor und bei der Treppe.
    »Mach den Safe auf!«
    »Diane, um Gottes willen, beruhige dich. Wir können doch reden.«
    »Ich will nur die Pässe haben.«
    »Ich weiß. Aber ich habe dir gesagt, dass sie nicht mehr hier sind.«
    »Das glaube ich dir nicht.«
    »Nun, das ist dein Problem, Liebling.«
    »Ich möchte es mit eigenen Augen sehen.«
    »Nein, Diane.«
    »Mach den verfluchten Safe auf, Ray.«
    Tommy blieb vor der halboffenen Tür stehen und lauschte. Sie standen sich am hinteren Ende des Zimmers gegenüber, vor dem offenen Kleiderschrank, in dem sich der Safe befand. Er trat vorsichtig einen Schritt vor. Ray stand mit dem Rücken zu ihm, musste jedoch das Flackern in Dianes Augen gesehen haben, denn er blickte über die Schulter und sah Tommy.
    Ray lächelte. »Du gehst jetzt schön wieder runter. Es ist alles okay. Deine Mutter und ich wollen nur ein paar Dinge bereden. Tu, was ich dir sage.«
    Tommy zögerte. Außer Diane hatte ihm keiner etwas zu befehlen. Sie nickte.
    »Geh nur, Tommy. Warte im Flur. Ich komme in einer Minute nach.«
    Tommy wandte sich widerstrebend ab und lief über den Treppenabsatz. Sie redeten wieder, aber jetzt gedämpfter. Er konnte nicht verstehen, was sie sagten, aber der Ton war giftig. Dolores wartete unten, sagte, er solle zu ihr kommen, und ging dann wieder in Richtung Küche.
    Er war halb unten, als er Diane aufschreien hörte. Er drehte |346| sich um und rannte, so schnell er konnte, wieder die Treppe hinauf. Ray drückte Diane an die Wand und schlug sie zweimal heftig ins Gesicht. Tommy brüllte, er solle das lassen, aber Ray ignorierte ihn. Diane schrie und stürzte sich auf ihn, um zurückzuschlagen, aber er war schneller. Er packte sie am Handgelenk und schleuderte sie mit Wucht gegen die Wand. Diane stöhnte auf. Sie
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