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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman
Autoren: Heyne
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viele Crainnh konnten das – und noch weniger würden es freiwillig tun. Erst recht nicht, wenn sie schon einmal Ythas Unmut zu spüren bekommen hatten.
    Drwyn war so feurig, wie sein Vater im selben Alter gewesen war. Er war heißblütig, wollte sich selbst beweisen und war zu ungeduldig, um Lehren anzunehmen. Während die Zeit Ythas Ehrgeiz hatte wachsen lassen, war Drw fett und alt geworden und hatte die Dinge auf sich beruhen lassen, solange es ihm passte. Nun baute sie ganz darauf, dass der Sohn erreichte, was der Vater nicht mehr hatte erreichen wollen. Wenn er nur lernte, sein Temperament zu zügeln!
    Ytha wischte sich über den Mund und schob den Teller beiseite. Verärgerung zeigte sich auf Drwyns Gesicht, als sie ihren Becher hob und langsam trank, wobei sie den Blick nicht von ihm abwandte. Einer der ersten Schritte zur Weisheit war Geduld, und die würde sie ihm beibringen, und wenn es das Einzige sein sollte.
    Als ihr Becher leer war, stellte sie ihn sorgfältig auf den Teller, stand auf und richtete ihre Gewänder.
    »Die Kriegerschar wartet, Sprecherin«, sagte er schließlich ruppig, aber bescheiden. »Darf ich gehen?«
    Ytha nickte. »Du darfst. Du weißt, was du zu ihnen sagen sollst.«
    Sie streckte die Hand aus; ihr Ring glitzerte im Feuerschein. Drwyn zögerte nur einen Herzschlag lang, bevor er aufs Knie sank und ihre Hand gegen seine Stirn presste. Sie unterdrückte ein Lächeln. Also war der Junge doch zu einer gewissen Selbstbeherrschung in der Lage. Wie schade, dass er in den letzten drei Jahren nur so wenig davon gezeigt hatte.
    Ytha sah zu, wie er in den Kreis des Feuerscheins trat. Sobald seine Krieger ihn bemerkten, sprangen sie auf, auch wenn einige von ihnen nicht mehr ganz standfest waren und sich an ihren Kumpanen festhalten mussten. Bald ging der künftige Häuptling der Crainnh in der brüllenden, ihm auf den Rücken klopfenden Horde unter, deren Jubel in den Nachthimmel stieg.
    Sie blieb nicht, um der Rede zu lauschen. Sie hatte sie in der letzten Woche oft genug gehört, da sie Drwyn dazu gezwungen hatte, sie immer wieder zu üben, bis er sie auswendig konnte. Außerdem brauchte es nicht viel, um die Crainnh zu beeinflussen. Drws Gesicht war allen noch in deutlicher Erinnerung, und ein paar gute Worte sowie die Familienähnlichkeit würden den Rest besorgen.
    Nein, die wirkliche Prüfung würde erst auf der Versammlung stattfinden, wenn der Silbermond das nächste Mal neu aufging. Dann würde er vor den anderen Clanhäuptlingen sprechen müssen, und es würde mehr als nur einer Familienähnlichkeit bedürfen, diese Männer hinter sich zu bringen.
    Bis dahin jedoch war es noch eine Weile. Der Silbermond, den sie den Wandermond nannten, nahm gerade erst ab; ihnen blieb viel Zeit. Jetzt musste sie ihm erst einmal eine Frau besorgen. Ytha zog ihren Polarfuchspelz um sich und trat hinaus in die Finsternis.

3
    Teia hob den Kessel mit einem gegabelten Stecken vom Feuer und goss seinen Inhalt in einen Kübel, wobei sie aufpasste, dass sie sich nicht selbst nass spritzte. Dann füllte sie den Kessel aus einem anderen Kübel neu und setzte ihn wieder auf das Feuer.
    In Gedanken teilte sie den Turm aus fettigen Holztellern neben sich in zwei Hälften. Noch ein Kübel, und der Abwasch wäre erledigt, der Göttin sei Dank. Ihre Hände waren rot vom Spülen, und die Fingerspitzen waren vom Abscheuern des eingetrockneten Fetts beinahe taub.
    Sie versenkte einen Stapel von Tellern in dem Kübel mit dem heißen Wasser und nahm den Scheuersand. Sie hatte den Überblick verloren, wie viele Teller sie bereits abgespült hatte, und sie hatte noch nicht einmal ihr eigenes Abendessen eingenommen. Alle anderen unverheirateten Mädchen hatten das Ihre schon bekommen und waren nacheinander weggegangen, um den jungen Kriegern beim Schaukampf zuzusehen. Sie, die Pflichtbewusste, war allein zurückgeblieben und erledigte sowohl die Arbeit der anderen als auch ihre eigene. Seufzend hielt sie den nächsten Teller gegen das Licht und suchte nach Schmutzresten, die ihr entgangen sein mochten, dann stellte sie ihn beiseite. Der Abwasch erledigte sich dadurch nicht schneller, dass sie sich über die Faulheit der anderen ärgerte, aber sie würde dafür sorgen, dass ihre Mütter am nächsten Morgen davon erfuhren.
    Als das Wasser allzu schmutzig geworden war, hielt sie einen Finger in den Kessel. Lauwarm. Ihr blieb noch genug Zeit, um frisches Wasser zu holen. Mit einem Kübel in jeder Hand trat sie aus dem Kreis
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