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Die Wiedergeburt (German Edition)

Die Wiedergeburt (German Edition)

Titel: Die Wiedergeburt (German Edition)
Autoren: Uwe Siebert
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sich um, und abermals schoss einer der Banditen während des Galopps mit seinem Bogen. Da spürte Larkyen einen kräftigen Ruck in seiner linken Schulter, ein stechender Schmerz folgte und raubte ihm fast den Atem. Die Wucht des Pfeils hatte seinen Leib durchschlagen, und dicht neben seinem Kinn ragte die metallene Spitze hervor. Der weiße Stoff seines Hemdes sog sich voll mit Blut. Larkyens linker Arm baumelte herab, und während der Schmerz bis in seinen Oberarm hinab kroch, breitete sich in Unterarm und Fingerspitzen Taubheit aus.
    Benommen und mit nur einer Hand an den Zügeln, wurde es für Larkyen immer schwieriger, das Pferd bei vollem Galopp im Zaum zu halten. Der Weg wurde ste i ler, der Boden immer fester und steiniger.
    Nun stellte Larkyen zu seiner Erleichterung fest, das die Banditen die Verfolgung eingestellt hatten und zurück zum Kharasee ritten, der nur als großer glänzender Fleck im Tal zu erkennen war.
    Rauch stieg von dort auf. Wahrscheinlich brannten die Banditen die Jurten nieder. Dort unten lagen sie, seine Familie, seine Freunde, und mit ihnen alles, was ihm so vertraut gewesen war. Er fragte sich, ob er je über diesen Verlust hinweg kommen würde.
    Langsam ritt Larkyen weiter, und je mehr Blut er ve r lor, umso erschöpfter fühlte er sich. Er ließ das Pferd en t scheiden, wohin der Weg führen sollte; er war zu schwach, um noch die Kontrolle behalten zu können. Fest krallte er sich in die Mähne des stämmigen Pferdehalses und ließ schließlich den Kopf sinken, während ihn tiefe Bewusstlosigkeit umfing.

Kapitel 2 – Im Schatten kalter Berge
     
    Heiseres Kriegsgeschrei erklang, ausgestoßen von kräftigen Nordmännern, die wie im Blutrausch tobten. Mit tö d licher Präzision geführte Schwerter schnellten durch die Luft. Blut spritzte, und Godan, Larkyens Ado p tivvater, sank mit zerfetztem Brustkorb zu Boden, wo seine Frau und sein Sohn in ihrem Blut lagen. Larkyens Weib Kara flehte auf Knien um Gnade, bevor auch ihr Leben und das ihres ungeborenen Kindes durch den ka l ten Stahl ein Ende fand. Larkyen sah in ihre Augen, deren Glanz lan g sam erlosch.
    „Kara ...“, flüsterte er. „Kara ...!“
    Hilflos schweiften seine Blicke über die blutigen Le i ber.
    „Ihr dürft nicht sterben“, flehte er sie an.
    Der Tod war etwas Endgültiges. Es gab kein Zurück von dort, und alles was blieb, waren erbarmungslose Schme r zen.
     
    Als Larkyen die Augen öffnete, fand er sich im Schein eines knisternden Kochfeuers wieder, in dicke flauschige Schafsfelle gehüllt. Sein Oberkörper war nackt. Die Wärme der Flammen tat ihm gut, und wenn auch seine Schulter noch schmerzte, fühlte er sich doch besser. Die Luft war von Kräuterduft erfüllt, der tief in Larkyens Atemwege drang. Er stellte fest, dass er im Inneren einer Jurte lag. Jemand flößte ihm heißen Milchtee ein, und Larkyen trank so hastig, das er sich beinahe verschluckte.
    „Ruhig“, sagte eine tiefe Stimme. „Du bist noch sehr schwach.“
    Larkyen blickte in das vom Wind gegerbte Gesicht e i nes alten Mannes. Das schlohweiße Haar floss in langen Strähnen unter seiner Fellmütze hervor.
    „Ich habe mich um deine Wunde gekümmert“, erklä r te der Alte. „Der Pfeil, der dich traf, war vergiftet, die Spitze drang direkt durch deinen Körper, ohne dass der Knochen splitterte. Aber es ist viel Gift in deine Adern gelangt.“
    „Wo bin ich. Und wer bist du?“
    Der alte Mann kicherte.
    „Verzeih, junger Freund, aber wenn man so lange a l lein lebt wie ich, vergisst man seine Manieren. Du hast Recht, zuerst sollte man sich vorstellen. Mein Name ist Ojun.“
    „Du bist ein Schamane, nicht wahr?“
    Der alte Mann nickte.
    „Du befindest dich am Rande des Altoryagebirges“, erklärte er. „Hier in der Einsamkeit ist mein Heim.“
    Ojun lächelte, und Larkyen erkannte in seinen ber n steinfarbenen Augen, dass der alte Mann es gut meinte.
    Larkyen tastete seine Schulter ab, deren Wunde sauber verbunden war. Die Schmerzen hatten aufgehört. Seinem Verband entströmte der herbe Duft von Kräutern.
    „Mein Name ist Larkyen“, flüsterte er schließlich, „und ich bin vom Stamm der Yesugei.“
    „Du hast einen weiten Weg hinter dir, Larkyen“, sagte Ojun. „Der Kharasee ist weit von hier entfernt.“
    „Woher weißt du ...“
    „Du hast im Schlaf gesprochen. Es tut mir leid, was passiert ist. Es muss schlimm sein, die eigene Familie zu ve r lieren.“
    „Es ist sogar die zweite Familie, die ich verloren h a be.“
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