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Die Wesen (German Edition)

Die Wesen (German Edition)

Titel: Die Wesen (German Edition)
Autoren: Philip Lux
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vor Christus, genug Überlieferungen in Form von Artefakten und Höhlenmalereien. Sie wären sehr engstirnig, sich bei der Ethnologie nur auf die menschliche Rasse zu beschränken. Versuchen sie aber nur nicht, dies unter Kollegen laut zu sagen. Vor mehr als vierzig Jahren habe ich einen Vortrag gehalten. Hier an der Universität. Mit Fakten, Bildern und Berichten. Ethnologische Fakten. Kunstgeschichtliche Fakten. Denken sie, einer der Professoren hat mir Glauben geschenkt? Sie haben mich nicht mal ausreden lassen. Jetzt stehe ich kurz davor, den entscheidenden Beweis zu erbringen. Vierzig Jahre habe ich darauf gewartet.“
    „Sagen sie, Professor, die Musik?“
    „Sie glauben, ich bin paranoid. Es geht nicht darum, dass ich Angst habe, lächerlich gemacht zu werden. Ich habe auch keine Angst vor dem Tod. Dieser Fund wird die Welt revolutionieren. Technisch, medizinisch, wirtschaftlich, sozial und spirituell. Dieses Geheimnis ist eins der Bestgehüteten in der Geschichte der Menschheit. Dafür sind bereits zu viele gestorben. Glauben sie, mein Krebs ist Zufall? Ich erzähle ihnen das, damit sie wissen, worauf sie sich einlassen. Stellen sie sich das Unmögliche vor, dann erhalten sie einen Eindruck, was die Realität wirklich ist. Wenn sie fahren, seien sie auf alles gefasst. Und darüber hinaus. Ich möchte sie, so gut es geht, vorbereiten. Halten sie sich an Professor Carlsen. Wir haben die Expedition zusammen geplant. Wir forschen an der gleichen Sache, auch wenn er es offiziell nie zugeben wird. Zu viele Interessen sind im Spiel, um hier auch nur das Geringste zu riskieren. Reden sie nie in Gegenwart Dritter mit ihm darüber. Sie gefährden nicht nur ihr, sonder vor allem auch sein Leben, die Expedition, mein Lebenswerk und die gesamte Zukunft unseres Planeten. Seien sie sich dessen immer bewusst. Ich weiß, dass ich ihnen viel zumute, aber glauben sie mir, es steht ebenso viel auf dem Spiel.“
    Laima dröhnte Wagners Musik in den Ohren. Der Kopf schwirrte ihr vor Informationen. Wenn es so war, wie Bersinsch sagte, würde nicht nur für sie die Welt aus den Fugen geraten. Er war der Vater, den sie vielleicht immer gerne gehabt hätte. Sie fühlte sich ihm verpflichtet. Alles war so unreal. All diese neuen Fakten. Alles fiel in sich zusammen. Alles in ihrem Leben brach weg. Was würde bleiben, wenn sie einfach losließ? Was hatte sie zu verlieren, um das herauszufinden? Sie wusste, dass er eine Entscheidung von ihr erwartete.
    „Ich werde fahren, Professor“, sagte sie.
    Sie sah, wie sein geschwächter Körper erleichtert aufatmete. Seine Züge erhellten sich unter dem Mundschutz.
    „Ich wünsche dir alles Gute, mein Kind“, sagte er mit tiefem Stolz in der Stimme. „Bring es zu einem guten Ende. Meine Kräfte werden nicht mehr reichen, es mitzuerleben, aber ich werde bei dir sein. Gott schütze dich!“
    Sie wollte sagen, dass alles gut werden würde. Aber sie fühlte, dass dies nicht stimmte. Er umarmte sie. Dann nahm er seinen Mundschutz ab und küsste sie auf die Stirn. Heiße Tränen liefen ihr die Wangen hinunter.
     
     
    Laima war verwirrt. Gottesbeweis. Blume des Lebens. Ufos. War Professor Bersinsch verrückt geworden? Sein Krebs machte ihn vielleicht unzurechnungsfähig? Kam er ihr paranoid vor?
    Sie ging gerade durch den Johannishof, als sie Blumenerde und Geranienreste vor sich auf dem Boden sah. Ihr Blick wanderte zum Holzgeländer empor. Einer der Kästen war heruntergestürzt. Hatten die Katzen wieder alles verwüstet? Laima machte sich auf ein ähnliches Chaos in der Wohnung gefasst.
    Als sie die letzten Stufen im Treppenhaus hinaufkam, stand die Tür weit auf. Eine unbeschreibliche Unordnung herrschte. Die Regale waren umgekippt. Die Kissen aufgerissen. Mittendrin standen Polizisten in Uniform und weißen Overalls.
    „Was machen sie hier?“
    „Ihre Nachbarin war so nett, uns zu rufen“, sagte ein Beamter, der offenbar das Sagen hatte. „Die alte Dame unter ihnen hat sich wohl gedacht, dass es nicht die Katzen sein können, die so einen Lärm veranstalten.“
    Filips und Franzene wanderten unbeeindruckt von dem ganzen Trubel mitten durch das Chaos.
    „Als die Kollegen kamen, waren die Einbrecher noch da. Sie sind dann aus dem Fenster geflüchtet und von der Mauer gesprungen. Ausgerechnet auf eine Gruppe Touristen. Irgendwelche Anhaltspunkte?”, fragte er einen Uniformierten, der gerade hinter Laima hereinkam.
    „Die Befragung hat einiges ergeben. Ein Teil der Gruppe meinte, es
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