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Die Weltreligionen. Vorgestellt von Arnulf Zitelmann

Titel: Die Weltreligionen. Vorgestellt von Arnulf Zitelmann
Autoren: Arnulf: Zitelmann
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der Bäume«.
    »Er (der Mensch) weiß nun, dass er seinen Platz wie ein Zigeuner am Rand des Universums hat, das für seine Musik taub ist,
     gleichgültig gegen seine Hoffnungen, Leiden oder Verbrechen«, so beschreibt der Biologe und Nobelpreisträger Jaques Monod
     die menschliche Situation. Der Mensch ist ein Geschöpf ohne ein Gegenüber, ein Tier, das in die Welt nicht hineinpasst. Ein
     Missgriff Gottes? Ein Irrläufer der Evolution? Die Wirklichkeit, so immens sich uns die Realität auch darstellt, ist jedenfalls
     eine Nummer zu klein für den Menschen. Er kann sich in ihr nicht wiederfinden. Blaise Pascal, ein Mathematiker und mystischer
     Philosoph des 17. Jahrhunderts, trieb diesen Gedanken auf die Spitze: »Begreife, der Mensch übersteigt unendlich den Menschen.«
     Er transzendiert sich, wie es in der philosophischen Fachsprache heißt, ist noch nirgends ganz angekommen und da, bleibt Projekt,
     ein Entwurf, entwickelt sich weiter und bleibt doch einsam. »Die Füchse haben Gruben, und die Vögel des Himmels haben Nester,
     der Sohn des Menschen hingegen hat nichts, wo er sein Haupt hinlegen kann«, sagt ein Jesuswort. Adams Sprösslinge sind unbehaust.
     Eine tragische Situation? Ja und Nein. Seiner Unangepasstheit verdankt der Mensch doch seine Kultur. Die Realität, immer und
     ewig eine Nummer zu klein, erweitert er um tausend virtuelle Welten. Anders könnten wir die Wirklichkeit |15| nicht ertragen. Neugier, Tanz und Musik, Sprach- und Liebesspiel, Erfindungsgeist, technische Kreativität, Traum und Vision:
     Was wären wir ohne sie? Kultur ist der ewige Versuch, in ihr zu finden, was uns als Naturwesen versagt ist, unsere Passung.
     Der taube Beethoven hörte seine Musik inwendig.
    Die Religionen unseres Planeten gehören mit zu diesem produktiven Chaos. Sie bieten Orientierung an. Bei der abenteuerlichen
     Reise, bei der endlosen Suche nach Heimat in dieser befremdlichen Welt: Wir werden uns nie abfinden mit der Welt, wir werden
     uns nie ganz versöhnen mit uns selbst. Immer bleibt etwas von uns außen vor, ein schmerzlicher Rest. Vielleicht aber ist der
     Weg schon das Ziel? Darin jedenfalls besteht das Versprechen jeder Religion.
    Eine Bemerkung zum Schluss, mit der Bitte um Pardon vorab! Beim Durchgang von mehreren tausend Jahren Kultur- und Religionsgeschichte
     werden dem Leser viele fremde, für unsere westlichen Ohren und Augen exotische Namen und Begriffe begegnen. Eigennamen wie
     Shi Huangdi und Tschuangtse in China beispielsweise, Siddharta in Indien, im muslimischen Ägypten Al-Hakim Bi-Amr Allah aus
     der Fatimiden-Dynastie, Shinran in Japan und so weiter. Und ganz ohne Fachterminologie komme ich auch nicht aus. Karma und
     Nirwana, gut, das haben wir schon einmal gehört, aber Dharma, Atman, Brahman, Sutra und Sunyatta, von denen die Buddhisten
     und Hindus sprechen, was ist denn das? Nicht einmal eine konsequente Rechtschreibung kann ich versprechen, sondern ich richte
     mich mal nach der englischen, mal nach der deutschen Schreibweise dieser Wörter, je nachdem, wie die Begriffe in der deutschen
     wissenschaftlichen Literatur auftauchen. Ärgerlich, gewiss, doch es gibt nun mal keine perfekte Umsetzung des Sanskrit oder
     Altindischen, des Chinesischen, Japanischen oder Arabischen in unsere westlichen Alphabete.
    Ich verspreche, mein Bestes zu tun, muss aber doch gelegentlich die Augen der Leserinnen und Leser strapazieren. Die Geschichte
     spricht eben viele Sprachen. Und in einer Weltgesellschaft lernen wir jeden Tag ein paar Vokabeln dazu.

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|16| Taoismus: Die kosmische Urkraft
    Der Tao Te King, »Das Buch vom Tao und Te«, ist unter den zeitreisenden Büchern eines der kleinsten. Es umfasst gerade mal
     5000 chinesische Schriftzeichen in 81 kurzen Kapiteln, so viele Worte wie ein schmales Gedichtbändchen, mehr nicht. Geschrieben
     hat es ein chinesischer Philosoph namens Laotse, der vermutlich im 4. Jahrhundert vor unserer Zeit lebte. Laotse, manche sagen
     auch Laozi oder Lao-tse, ist chinesisch und bedeutet »alter Meister«. Aus einer Entfernung also von 2500 Jahren kam sein Büchlein
     1947, zwei Jahre nach Kriegsende, zum ersten Mal in meine Hände. Bis heute hat es mich begleitet. Aber nie wieder riss ich
     die Augen auf wie damals, als ich frisch und unvorbereitet darin blätterte und las.
    Ein Manifest gegen den Krieg
    »Wo Heere lagern, wachsen Disteln und Dornen, auf lange Kriege folgen Jahre der Not«, schrieb Laotse, und genau das war
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