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Die Welt auf dem Kopf

Die Welt auf dem Kopf

Titel: Die Welt auf dem Kopf
Autoren: Milena Agus
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lädt gern Kunden nach Hause ein, um bei prunkvollen Abendessen mit köstlichen Speisen und edlen Getränken Geschäfte mit ihnen zu machen. Die Frau erscheint dann in einem knallengen Kleid aus hauchdünnem Stoff, das erahnen lässt, dass sie darunter nackt ist. Und natürlich haben die Gäste nur Augen für die aufreizenden Kurven der Gattin und hören dem Gastgeber gar nicht richtig zu, wenn er ihnen ein Angebot unterbreitet. Schließlich unterschreiben sie den ihnen vorgelegten Vertrag, der für den Gastgeber äußerst vorteilhaft ist, quasi ohne ihn vorher durchgelesen zu haben.
    Seit das Unglück geschehen ist, kommt es mir vor, als hätte ich eine Art Magnet im Kopf, der alle Informationen anzieht und speichert, die mir nützlich erscheinen, um zu einer Sexgranate zu werden. Ich habe mir nämlich vorgenommen, dafür zu sorgen, dass, wenn ich einmal einen Freund habe, er mich niemals wegen einer anderen verlässt, die besser im Bett ist als ich.
    Das junge Ding, in das sich mein Vater verliebte, gehörte zu den Schülern, denen meine Mutter zu Hause nach dem Unterricht Nachhilfe gab. Weil er nie irgendwelche Geheimnisse vor meiner Mutter hatte, erzählte er ihr alles. Einmalversteckte ich mich hinter der Tür und beobachtete, wie Mama vor Papa auf die Knie ging und ihn anflehte, ihr zu sagen, was dieses Mädchen hatte, was sie nicht hatte. Liege es nur daran, dass sie viel jünger sei, oder stecke noch etwas anderes dahinter? Papa versuchte, sie wieder hochzuziehen, und drückte sich zunächst um eine Antwort herum, doch als Mama nicht lockerließ, sagte er: »Tut mir leid, Ofelia, aber sie ist einfach eine Sexgranate. Das geht wieder vorbei, wirst sehen, so was ist meist nur von kurzer Dauer.«
    Anna liebt ihre Arbeit im oberen Stock, und ihr machen weder der miserable und ungerechte Lohn noch die Pornohefte etwas aus. Besonders das Schrankzimmer scheint es ihr angetan zu haben.
    Bevor Mr. Johnson in die Karibik abreiste, gab Anna ihm einen Zettel mit ihren Bankdaten, aber als nach einer gewissen Zeit der ausstehende Lohn noch immer nicht überwiesen worden war, fand ich sie eines Tages in Tränen aufgelöst vor. Ich nahm sie in den Arm und sagte ihr, dass sie das Geld wahrscheinlich erst bekomme, wenn Mr. Johnson wieder zurück sei, denn was könne man von einem wie ihm schon anderes erwarten, als dass er einen Zettel mit einer Bankverbindung verliert oder verlegt? Sie musste unwillkürlich lachen, dann riss sie sich zusammen und meinte, dass sie niemandem erlaube, sich über den Signore von oben lustig zu machen, und flehte mich an, Natascha nichts zu sagen.
    Aber die Tochter, stets darauf erpicht, ihre Mutter davor zu bewahren, einem Schwindel aufzusitzen, merkte anhandverschiedener Kleinigkeiten, dass Annas Lohn noch immer ausstand, und stellte sie zur Rede, bis diese es schließlich zugab. Natascha fand den Namen der Schiffsgesellschaft heraus, für die Mr. Johnson arbeitete, rief ihn kurzerhand auf dem Schiff an und fragte ihn, wo die Überweisung bleibe.
    » I’m desolate . Ich habe noch nie eine Überweisung getätigt.«
    »Dann machen Sie einen Geldtransfer über Western Union.«
    »Western Union?«
    »Ja. Sie gehen mit dem Geld zu einer Bank mit dem Firmenschild Western Union – in Miami werden Sie bestimmt eine finden. Die geben Ihnen einen Code, Sie schicken ihn mir auf mein Handy, das immer eingeschaltet ist, und Mama geht damit zur Banco di Sardegna, um das Geld abzuheben.«
    »Verzeihen Sie, Miss Natascha, aber ich würde es Ihrer Mutter lieber in bar überreichen. Ich bewahre mein Geld in meinem Koffer auf. Ich verspreche Ihnen, dass ich Ihrer Mutter, sobald ich zurück bin, die doppelte Summe des ausgemachten Lohns bezahle.«
    »In einem Koffer? Was denken Sie sich denn dabei, Mr. Johnson? Kein Mensch bewahrt so viel Geld in einem Koffer auf, es könnte Ihnen gestohlen werden!«
    »Ich habe es schon immer so gehalten. Auf dem Schiff wird nichts gestohlen. Hier gibt es nur ehrliche Leute.«
    Zurück aus der Karibik, klopfte Mr. Johnson an die Tür der Signora von unten und schaute sie mit diesem herzerweichendenAusdruck an, der typisch für ihn ist. Zuerst erzählte er ihr von den Karibischen Inseln, die keineswegs schöner seien als Sardinien, im Gegenteil, betonte er.
    Dann legte er ein Häufchen Dollarscheine, den ausstehenden Lohn, den er ihr schuldete, auf den Tisch und daneben ein weiteres Häufchen Dollarscheine, um diesen Betrag wie versprochen zu verdoppeln.
    Anna wollte nichts von
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