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Die Weisheit des Feuers

Die Weisheit des Feuers

Titel: Die Weisheit des Feuers
Autoren: Christopher Paolini
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darunter war.
    Am Rand des Geröllfelds, das den Helgrind umgab, blieben die Priester stehen und versammelten sich um einen rostfarbenen Felsblock mit glatt polierter Oberfläche. Als schließlich die ganze Kolonne bewegungslos vor dem groben Altar verharrte, regte sich das Wesen auf der Sänfte und stimmte einen Sprechgesang an, der genauso grässlich klang wie das Glockengeläut. Der Vortrag des Schamanen wurde immer wieder von heftigen Windböen weggetragen, doch Eragon schnappte Wortfetzen in der alten Sprache auf. Sie war jedoch völlig verdreht, falsch ausgesprochen und angereichert mit Zwergen- und Urgalausdrücken, verbunden durch einen archaischen Dialekt der Menschen. Was er verstand, ließ ihn schaudern. Die Predigt handelte von Dingen, die besser unausgesprochen blieben: von verzehrendem Hass, der jahrhundertelang in den dunklen Tiefen der Menschen geschwelt hatte, bevor er in Abwesenheit der Drachenreiter erblühte; von Blut und Wahnsinn und von abartigen Ritualen, vollzogen unter einem schwarzen Mond.
    Am Ende der lästerlichen Predigt eilten zwei Priester herbei, hoben ihren Meister - oder ihre Meisterin - aus der Sänfte und setzten ihn auf den steinernen Altar. Dann gab der Hohepriester einen knappen Befehl. Zwei stählerne Klingen funkelten wie Sterne, als sie in die Höhe schnellten und wieder herabsausten. Rinnsale aus Blut quollen dem Hohepriester aus den Schultern, flossen den ledergewandeten Rumpf hinab und sammelten sich auf dem Felsen, bis das Blut über den Rand lief.
    Zwei andere Priester sprangen hinzu und fingen den karmesinroten Strom in Kelchen auf. Sobald diese randvoll waren, wurden sie den Anwesenden gereicht, die begierig daraus tranken.
    »Uaah!«, sagte Roran leise. »Du hast vergessen zu erwähnen, dass diese kranken, widerwärtigen, völlig hirnlosen Anbeter von was auch immer
Kannibalen
 sind.«
    »Nicht ganz. Das Fleisch rühren sie nicht an.«
    Nachdem alle Anwesenden ihre Kehlen benetzt hatten, setzten die unterwürfigen Novizen den Hohepriester zurück in die Sänfte und legten ihm an den Schultern weiße Leinenverbände an. Augenblicke später verfärbten feuchte Flecken den jungfräulichen Stoff.
    Die Verletzungen schienen dem Hohepriester nichts auszumachen. Er wandte den gliederlosen Körper seinen Anhängern zu und sprach: »Jetzt seid ihr wahrhaftig meine Brüder und Schwestern, denn hier, im Schatten des allmächtigen Helgrind, habt ihr vom Saft meiner Adern gekostet. Auf immer sind wir nun durch das Blut verbunden. Und wenn diese Gemeinschaft Hilfe benötigt, so steht unserer Kirche bei und auch jedem anderen, der die Macht und Herrlichkeit unseres Schreckensgottes anerkennt... Um dem heiligen Triumvirat unsere ewige Treue zu geloben, sprecht mit mir die Neun Schwüre... Bei Gorm, Ilda und Fell Angvara geloben wir, ihnen mindestens dreimal im Monat in der Stunde vor Sonnenuntergang zu huldigen und ein Opfer von uns selbst darzubringen, um den ewigen Hunger unseres Schreckensgottes zu stillen... Wir geloben, die Regeln zu befolgen, so wie sie im Buch des Tosk geschrieben stehen... Wir geloben, immer unseren Bregnir am Leib zu tragen, uns vor den Zwölfen der Zwölf zu hüten und uns von vielknotigen Seilen fernzuhalten, damit...«
    Der plötzlich auffrischende Wind trug den Rest der hohepriesterlichen Litanei mit sich davon. Dann sah Eragon, wie die Zuhörer ein kleines gebogenes Messer hervorzogen, sich damit in die Armbeuge ritzten und den Altar mit ihrem Blut einrieben.
    Einige Minuten später legte sich der störende Wind und Eragon verstand den Priester wieder: »... und als Belohnung für euren Gehorsam wird euch all das gewährt werden, wonach es euch verlangt und gelüstet... Damit endet unsere Messe. Sollte es jedoch unter euch einen geben, der tapfer genug ist, uns die wahre Tiefe seines Glaubens zu demonstrieren, dann soll er nun vortreten!«
    Die Zuschauer schraken zusammen und blickten sich gespannt um; dies war offenbar, worauf sie gewartet hatten.
    Eine ganze Weile schien es, als würden sie enttäuscht werden. Aber dann trat einer der Messdiener vor und rief: »Ich tue es!«
    Mit einem freudigen Aufschrei begannen seine Brüder, wild die Glocken zu läuten, und peitschten damit die Zuschauer derart auf, dass sie wie von Sinnen herumsprangen und brüllten. Die rohe Musik entzündete einen Funken der Erregung in Eragons Herzen - trotz seines Abscheus - und weckte einen primitiven animalischen Teil in ihm zum Leben.
    Nachdem er sein goldenes Gewand
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