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Die Weimarer Republik

Die Weimarer Republik

Titel: Die Weimarer Republik
Autoren: Gunther Mai
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Parlamentarisierung des Reiches betrieben; zum anderen die radikale Linke um USPD und Spartakusbund, die durch Massenstreiks im April 1917 und Januar 1918 das revolutionäre Ende des Krieges herbeiführen wollte. Beide Gruppen sahen ihre Chance gekommen, nachdem Ludendorff am 29. September eingestehen musste, dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen war. Hatten die Mehrheitsparteien am 28. September die Parlamentarisierung als Voraussetzung für die «Herbeiführung eines Verständigungsfriedens» gefordert, drängte Ludendorff auf die sofortige Einleitung von Waffenstillstandsverhandlungen. Damit wollte er der Armee «die Schmach und Katastrophe einer Niederlage» ersparenund ihr Auseinanderbrechen verhindern. Er wollte zugleich, so beschrieb der bayerische Militärbevollmächtigte die Überlegungen, den «linksstehenden Parteien das Odium des Friedensschlusses» anlasten, in der Hoffnung, dass der Sturm der Entrüstung in der unvorbereiteten Bevölkerung die neue Regierung rasch hinwegfegen werde. «Später hofft man dann, sich wieder in den Sattel zu schwingen und nach altem Rezept weiter zu regieren.» Ähnlich entwickelte man in der Umgebung des Kaisers Pläne für eine «Revolution von oben», um «mehr Schultern mit der Verantwortung für den Ausgang des Krieges [… zu] belasten» und einen «günstigeren Frieden» zu erreichen.
    Der Kampf um die innere Umgestaltung des Reiches wurde zusätzlich beeinflusst durch den amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson. In dem Notenwechsel zwischen der Reichsregierung und diesem wurde rasch deutlich, dass das Reich nicht verhandeln konnte, sondern militärisch kapitulieren musste, dass auch die Parlamentarisierung keinen milderen Frieden bewirken werde. Insofern ging es in den innerdeutschen Debatten nicht nur um die Frage, ob man weiterkämpfen oder zu welchem Preis man kapitulieren solle, sondern auch um die damit verknüpfte Entscheidung, wer die politische Verantwortung nach innen und nach außen übernehmen würde. Dafür bestanden drei Optionen: zum einen die «Revolution von oben», durch eine Verfassungsreform und die Übertragung der Regierungsverantwortung auf eine Koalition der Mitte-Links-Parteien; zum anderen die Revolution von unten, die die radikale Linke anstrebte, aber von der spontanen Erhebung der Soldaten und Arbeiter überrascht wurde; zum dritten der Staatsstreich, die Militärdiktatur, die den «Endkampf bis zum Äußersten», notfalls bis zur «Katastrophe», zu führen bereit war, um doch noch einen Verhandlungsfrieden zu erzwingen. Diese drei Optionen prägten den Verlauf der Entwicklung bis zum Kapp-Putsch 1920.
1. Die Revolution
    Mit dem Versuch einer «Revolution von oben» begann die Konterrevolution noch vor der Revolution. Von Ende September bis zum 15. November 1918 gingen Regierung, Militär und Unternehmer durch eilige Zugeständnisse ein Bündnis mit der politischen Linken ein. Diese Konzessionen waren als Notmaßnahmen in der Krise gedacht, um eine Revolution von unten zu verhindern. Die anhaltenden Bemühungen, diese Zugeständnisse wieder zu revidieren, sollten die Geschichte der Weimarer Republik nachhaltig prägen.
    Die Eröffnung der Obersten Heeresleitung (OHL), dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen sei, traf selbst die zivile Regierung unvorbereitet. Der Öffentlichkeit wurde die Lage vorenthalten, um sie zum «Durchhalten» zu motivieren; ein innerer Kollaps hätte dem Reich jegliche Verhandlungsposition geraubt. Zwar waren die Militärs, allen voran Ludendorff, nicht bereit, zu kapitulieren und damit die Niederlage anzuerkennen; sie wollten aber auch nicht die politische Verantwortung für einen «Endkampf» übernehmen. Je deutlicher in den Verhandlungen mit Wilson wurde, dass der Waffenstillstand bzw. der Friede harte Bedingungen diktieren würde, desto lauter kritisierte die Durchhaltepartei die Regierung für ihr «schwächliches» Nachgeben. In einem Armeebefehl bezeichnete Ludendorff die alliierten Forderungen nun als «unannehmbar». Der Kaiser schwadronierte gar, an der Spitze seiner Armee nach Berlin marschieren und dort «aufräumen» zu wollen. Ludendorff plädierte jetzt für die Fortführung des Krieges, erreichte damit aber nur seine Entlassung am 26. Oktober 1918. Die Marineleitung dagegen entschloss sich zur gleichen Zeit zum demonstrativen «Todesritt» gegen England, womit sie den Aufstand der Matrosen provozierte, der die Novemberrevolution auslösen sollte.
    Die Parlamentarisierung durch die
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