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Die Wedding-Planerin

Titel: Die Wedding-Planerin
Autoren: Katarina Rathert
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sehr
     viel eigene Lebenszeit.
    Ein Aspekt, der mich an dann frisch verheirateten Menschen nervt, ist die regelmäßige Projektion des eigenen auf den Lebensstatus
     der anderen. Als nicht verheiratetes Paar gerät man mit jeder weiteren Hochzeit stärker unter Druck. Auf die Frage: «Und wann
     ist es bei euch so weit?» habe ich nur noch eine trotzige Antwort: «Nie.» Wie sähe der nächste Schritt aus? Wenn alle Kinder
     haben, muss ich mich auch dauernd über den aktuellen Befüllungsstatus meiner Gebärmutter unterhalten?
    Nein, diesen Gesprächen muss ich von Anfang an Einhalt gebieten. Manchmal finde ich mich selbst blöd dabei. Ich will nicht
     trotzig und absolut sein. Genauso wenig möchte ich aber dauernd auf Themen gestoßen werden, die für mich in meinem Leben
     nicht an der Reihe sind. Die sich in Ruhe entwickeln können sollen, ohne dass von außen Druck ausgeübt wird.
    |37| Schlimmer als mir muss es meinen Single-Freundinnen ergehen. Was für einen Stress es bedeutet, ohne Partner auf eine Hochzeit
     zu gehen, kann ich bei einigen von ihnen regelmäßig beobachten. Viele organisieren sich eine Begleitung, um nicht am Reste-Tisch
     zu landen und sicher sein zu können, nicht vom schlimmen Cousin des Bräutigams den ganzen Abend verfolgt zu werden. Dem Gerücht,
     dass eine Hochzeit ein hervorragender Platz zum Kennenlernen sei, muss ich widersprechen – es gibt kaum eine Veranstaltung,
     auf der weniger Singles zugegen sind als auf einer Hochzeit.
    Wo aber bleibt bei diesen vielen Hochzeiten die Vorfreude? Und die Aufregung? Und die Begeisterung? Ich will emotional ergriffene
     Gäste auf meiner Hochzeit haben, solche, die sich freuen, dabei zu sein, und die die Party meines Lebens mit mir feiern,
     auf keinen Fall vor sechs Uhr morgens ins Bett fallen und die essen und trinken, als ob es kein Morgen gäbe. Und ich will
     genau solch ein Gast sein.

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    Dienstag, 24.   September
    Stimmung: versunken
    Sound: «I’ll be there for you» von The Rembrandts
    Thema des Tages: Darum
     
     
    Heute hat meine Kollegin mich gefragt, warum ich eigentlich jedes Jahr Hochzeiten vorbereite, was mir daran so einen Spaß
     macht, dass ich mich immer wieder breitschlagen lasse. Die Frage ist nicht neu. Immer wieder werde ich gefragt, warum ich
     mir den Hochzeits-Stress |38| meiner Freunde antue. Immer wieder erkläre ich, wie wichtig mir meine Lieblingsmenschen sind und dass ich es einfach toll
     finde, so nah dabei zu sein. Die Wahrheit aber sieht etwas anders aus. Ich tue das alles für «den Moment». Einen einzigen,
     winzigen Augenblick, und das ist weder das Jawort der beiden noch die Feier. Der Moment, der mich so bewegt, ist viel kleiner
     und wird von den meisten Gästen gar nicht wahrgenommen. Dieser Augenblick lässt mich die Luft anhalten, weil sich Glück,
     Hoffnung und Liebe dort manifestieren und am größten sind. Es gibt keinen größeren, emotionaleren und dichteren Moment –
     weder bei der Feier noch in den Vorbereitungen. Es ist der Moment, in dem ich den Stress und die Hektik, die Launen der
     Gäste und des Paares, alles, was mich belastet und umgetrieben hat, was mir schlaflose Nächte und durchdachte Tage bereitet
     hat, vergessen kann und entschädigt werde. Und es ist der Moment, der einzige, den ich kenne, in dem ich mir sehnsüchtig
     und nur für den Bruchteil einer Sekunde wünsche, dies auch erleben zu dürfen: Es ist der Moment, in dem sich das Brautpaar
     vor der Kirche trifft.
    Er steht, meistens noch umringt von den letzten Nachzüglern, vor der Kirche, tritt von einem Bein auf das andere, und
     sie wartet im Auto oder um die Ecke, die Glocken läuten, die letzten Gäste huschen in die Kirche, der Pfarrer zupft seinen
     Talar zurecht, alle warten auf eine – auf die Braut. Der Bräutigam auf die Liebe seines Lebens, der Pfarrer auf den zweiten
     Teil des Paares, das er gleich trauen wird, und die Gäste warten auf alle. Dann kommt die Braut, und er sieht sie, und
     alle Liebe, ihre Vergangenheit und ihre Zukunft, alles Leben und Hoffen liegen in den Blicken, die sich treffen. Ein stummes
     Zwiegespräch zwischen den beiden, die sich jetzt gleich trauen werden und die sich entschlossen haben, ihr Leben miteinander
     zu verbringen. Es ist ein Moment des puren Glücks, ein sehr intimer und flüchtiger Moment, der den Beobachter berührt zur
     Seite blicken lässt, um den beiden den Zauber nicht zu zerstören.
    |39| Es gab einige Paare, bei denen dieser Moment so
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