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Die Wanifen

Die Wanifen

Titel: Die Wanifen
Autoren: René Anour
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sich von mir.
    Gorman brach zusammen, er wand sich wie unter Krämpfen.
    Plötzlich besaß ich wieder die volle Kontrolle über meine Stimme. »Gorman!«
    Gorman bäumte sich mit einem Ruck auf und brüllte aus Leibeskräften. Sein Schrei klang menschlich und auch wieder nicht, viel tiefer, bedrohlicher.
    Der Kelpi wandte sich von mir ab.
    Gorman erhob sich langsam.
    Ich erschauderte, als ich die Augen meines Bruders sah. Sie wirkten größer als früher und funkelten in einem intensiven Orange wie die Augen eines Uhus.
    »Weg von ihr«, sagte Gorman mit Ehrfurcht gebietender Stimme.
    Der Kelpi zögerte. Ich gab es auf, gegen den eisernen Griff der Schattenpranke anzukämpfen.
    »Weg von ihr«, wiederholte Gorman und ein tiefes Knurren mischte sich unter seine Worte.
    Der Kelpi stieß ein zorniges Heulen aus. Der Griff um meinen Hals verstärkte sich.
    »Die Wanife, meine Beute!«
    Der Kelpi wandte sich wieder mir zu und entblößte seine furchterregenden Fänge.
    Plötzlich brüllte Gorman und löste sich in einer Wolke dichter Schatten auf, die im Bruchteil eines Herzschlages heranrauschte.
    Der Kelpi zischte überrascht.
    Der Griff um meinen Hals lockerte sich und ich plumpste unsanft auf den Uferboden.
    Verzweifelt rappelte ich mich auf und robbte rückwärts.
    Gorman und der Kelpi kämpften gegeneinander. Es war ein Kampf, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Sie drangen mit unglaublicher Geschwindigkeit aufeinander ein, lösten sich auf, trafen sich mit mächtigen Hieben. Es war beinahe unmöglich, den einzelnen Bewegungen zu folgen, aber eines erkannte ich deutlich, diesmal war es der Waldgeist, der zurückwich.
    Gorman kämpfte, getrieben von einer Wut, die ich noch nie an ihm beobachtet hatte. Seine glimmenden Augen waren weit aufgerissen. Keiner seiner Hiebe ging ins Leere. Mit immenser Kraft schien er den Kelpi genau da zu treffen, wo seine Gestalt gerade fest war.
    Der Kelpi stieß ein wütendes Keckern aus. Gorman ließ seine Faust nach vorn schnellen, mitten in den Körper des Kelpis, dorthin, wo ich das schwache Schimmern gesehen hatte.
    Mit einem Ruck zog Gorman seinen Arm zurück.
    In seiner Hand befand sich ein pulsierendes Etwas – ein Herz.
    Ein Lächeln breitete sich auf Gormans Miene aus.
    Langsam schloss er die Finger um das Herz und drückte zu.
    Der Waldgeist stieß einen grauenerregenden Schrei aus. Er krümmte sich, ging zu Boden und begann, sich vor Schmerzen zu winden. Gorman lachte und zerquetschte das Herz des Kelpis endgültig.
    Die sich windende Gestalt flackerte, schrumpfte zusammen und verschwand so schnell, dass ich es kaum glauben konnte.
    Für eine Weile stand ich nur da und starrte auf die Stelle, an der der Waldgeist verschwunden war.
    Irgendwann zwang ich mich, aufzublicken.
    Gormans Atem ging sehr schnell. Wilder Triumph lag in seiner Miene. Sein Gesicht und sein Oberkörper glänzten blutverschmiert im Mondschein.
    Das unheimliche Glühen seiner Augen erschien mir intensiver als zuvor.
    »Gorman«, sagte ich leise.
    Er betrachtete mich, als würde er mich zum allerersten Mal sehen.
    Vorsichtig versuchte ich, aufzustehen. Wenn ich das verletzte Bein nur wenig belastete, ging es.
    Gorman beobachtete meine Bemühungen mit undeutbarem Ausdruck.
    »Komm, Gorman«, keuchte ich und streckte ihm die Hand entgegen. »Wir müssen die Urukus suchen. Sie können dir helfen!«
    »Mir … helfen«, wiederholte Gorman mit rauer Stimme. Ein Lächeln breitete sich in seinem Gesicht aus. »Dein Blut war alle Hilfe, die ich brauchte.«
    Ohne Vorwarnung verwandelte sich Gorman in einen Schatten. Ich begriff nicht, wie mir geschah. Gorman packte mich und riss meinen Kopf zurück.
    Ich keuchte und versuchte, mich loszureißen, aber Gorman hielt mich mit seiner übermenschlichen Kraft fest.
    Seine auf so unheimliche Art veränderte Miene tauchte vor meinem Gesicht auf.
    Er knurrte leise, sein Atem strich über die Haut meines Halses.
    »Gorman, nicht«, röchelte ich.
    »Wie … fühlt sich der Tod an, Ainwa?«, flüsterte Gorman und grinste.
    »Hör auf!«
    Das Knurren wurde lauter.
    »Du hast mir die Macht eines Wanifen geschenkt, meine Kleine. Ich will mehr davon. Ich will deine ganze Macht! Ich kann dein Blut spüren, ich kann es riechen.«
    »Kämpf dagegen an! Es ist der Bann des Kelpis«, röchelte ich.
    Gorman stieß mich grob zu Boden. »Was einmal verbunden ist, kann nie wieder getrennt werden, Ainwa!«
    Er hob den Arm und berührte sein Elchenband.
    Im selben Augenblick begann mein
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