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Die Wanderapothekerin 6: Der Schatz (German Edition)

Die Wanderapothekerin 6: Der Schatz (German Edition)

Titel: Die Wanderapothekerin 6: Der Schatz (German Edition)
Autoren: Iny Lorentz
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Im ersten Augenblick kam sie ihm gewöhnlich vor. Mittelgroß und von draller Gestalt, hatte sie ein rundliches Gesicht mit Sommersprossen und blondem Haar. Doch als er in ihre blauen Augen blickte, las er darin so viel Sanftmut und Liebe, dass er sich seines ersten Eindrucks schämte. Lisa Pulver mochte keine Schönheit sein, doch sie war eine Frau, wie ein Mann sie sich zur Gefährtin nur wünschen konnte.
    »Ich danke auch Euch, mein Fräulein«, wandte Tobias sich nun an sie.
    »Lasst bitte das Fräulein weg«, antwortete Lisa lächelnd. »Ich bin des Pillendrehers Tochter, wie Burghauptmanns Brigitte zu spotten pflegt. Doch ich liebe meinen Vater gewiss mehr als sie den ihren!«
    Unterschätzen sollte man das Mädchen nicht, fuhr es Tobias durch den Kopf. Trotz ihrer Sanftmut wusste sie die, die sie liebte, auch zu verteidigen. Er lachte leise, bevor er Antwort gab. »Da haben wir etwas gemeinsam, Jungfer Lisa. Ich bin eines Salbenmischers Sohn, und Gerold hat drei Jahre jeden Winter bei uns mitgeholfen, diese Salben herzustellen.«
    »Er versteht einiges von Heilpflanzen«, warf der Apotheker anerkennend ein.
    Tobias sah, wie Lisas Gesicht mit liebevollem Stolz auf Gerold ruhte, und sagte sich, dass das Mädchen seinen Vater mit sanfter Hartnäckigkeit irgendwann davon überzeugen würde, Gerold als Schwiegersohn zu akzeptieren. Und er selbst würde dafür Sorge tragen, dass der Freund nicht mit leeren Händen dastand.
    Vor allem anderen aber musste er Klara finden, bevor sie ihrem mörderischen Onkel zum Opfer fallen konnte. Tobias dachte an die beiden Räuber, die Klara überfallen hatten. Laut ihren Aussagen hatten sie von Alois Schneidt erfahren, dass seine Nichte viel Geld bei sich tragen würde. Bisher hatte er dies für eine Unbedachtsamkeit von Schneidt gehalten, doch nun begriff er, dass es mit Absicht geschehen war. Schneidt hatte Klara auf diese Art und Weise loswerden wollen, doch sie hatte sich als zu gewitzt für den Galljockel und den Knüppelpeter erwiesen. Diese zwei Halunken würden nun niemanden mehr bedrohen und ausrauben, denn der Richter hatte sie kurzerhand zum Tode verurteilt und aufhängen lassen.
    Tobias richtete seine Gedanken wieder auf Klara. Da durchfuhr es ihn wie ein Schlag. Auch sie hatte ein Anrecht auf einen Teil des Schatzes. Wenn er sie dazu bewegen konnte, ihn zu heiraten, würde sein Vater nachgeben müssen.
    Mit neu erwachtem Selbstvertrauen klopfte Tobias seinem Freund auf die Schulter. »Ich werde daheim in deinem Sinne tätig werden, mein Guter. Doch bis dorthin werde ich dir eine kleine Summe hierlassen, damit du nicht ohne Geld bist. Du wirst deine Dankbarkeit für Herrn Pulver und Jungfer Lisa gewiss einmal mit einem kleinen Geschenk zeigen wollen.«
    »Aber das ist doch nicht nötig!«, wehrte das Mädchen ab, und das meinte sie nach Tobias’ Einschätzung ernst. Für sie war das schönste Geschenk, dass der junge Mann, den sie dem Tode nahe in einer Schlucht gefunden hatte, am Leben geblieben war.
    Der Apotheker hingegen nickte zufrieden. »Es wäre nicht schlecht, wenn Gerold ein wenig Geld besitzt. Es können ruhig Münzen aus seiner Heimat sein. Die Leute sollen sehen, dass er kein simpler Landstreicher ist, sondern ein wohlerzogener junger Mann! Bislang habe ich ihn nicht ins Gasthaus mitgenommen, um ihn nicht dadurch zu beschämen, dass ich auch noch den Becher Wein, den er trinkt, für ihn bezahle. Das werde ich nun tun, damit unsere Nachbarn ihn richtig kennenlernen können.«
    Wie es aussah, hatte Lisa ihren Vater schon beinahe so weit, Gerold als Schwiegersohn zu akzeptieren, dachte Tobias zufrieden. Es freute ihn für seinen Freund. Gerold hatte eine liebende Frau und alles Glück der Welt verdient.
    »Ich werde dir noch etwas aus der Heimat mitbringen«, meinte er grinsend, »nämlich eine leichtere Krücke. Mit der hier kannst du Räuber erschlagen, aber keine hundert Schritte weit gehen.«
    Nun musste auch Gerold lachen. »Da hast du recht! Aber das Ding habe ich selbst gemacht, und wie du weißt, bin ich beim Salbenmischen besser denn als Tischler.«
    Plötzlich fühlte Tobias Lisas Hand in der seinen. »Habt Dank«, flüsterte sie ihm zu. »Ihr habt Gerold das Lachen zurückgegeben. Jetzt wird alles gut!«
    Über Gerolds Gesicht huschte ein schmerzhafter Zug. »Noch nicht ganz. Bitte, Tobias, du musst Klara finden.«
    »Das werde ich!«, versprach Tobias, und ihm wurde klar, dass es an der Zeit war, sich zu verabschieden. »Ich will morgen sehr
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