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Die Wanderapothekerin 6: Der Schatz (German Edition)

Die Wanderapothekerin 6: Der Schatz (German Edition)

Titel: Die Wanderapothekerin 6: Der Schatz (German Edition)
Autoren: Iny Lorentz
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sie stirbt, kann niemand mehr den Oheim aufhalten. Er wird die Mutter zwingen, ihm das Gold zu überlassen, und ihr von je zehn Talern, die er dafür bekommt, nur einen oder gar einen halben abgeben.«
    »Das wäre ein Schurkenstück! Aber das werden wir ihm eintränken. Wehe, Klara geschieht etwas, dann reiße ich ihn mit meinen eigenen Händen in Stücke!«
    Gerold wunderte sich über die heftige Reaktion seines Freundes, sagte aber nichts dazu, sondern fasste nach Tobias’ Hand. »Seit ich wieder auf den Beinen bin, war ich überzeugt, der Oheim hätte sein Ziel bei meiner Mutter erreicht. Da Klara jedoch Vaters Strecke geht, scheint es nicht der Fall zu sein.«
    »Das glaube ich auch nicht. Euer Verwandter hat sich wahrscheinlich an Klara die Zähne ausgebissen. Wie du selbst gesagt hast, kann sie ein arger Sturkopf sein.«
    Das warme Lächeln um Tobias’ Mund passte so gar nicht zu diesen harschen Worten. Ihm gefiel Klara so, wie sie war, und er wünschte sich mehr denn je, sie wenigstens ein Mal in den Armen halten zu können.
    Gerolds Gedanken schlugen andere Wege ein. »Dieser Schatz ist unser Verhängnis, solange wir ihn besitzen! Es wäre das Beste, wenn er verkauft wird und meine Geschwister und ich uns das Geld teilen. Ich weiß nur nicht, wie man das bewerkstelligen kann.«
    »Da gibt es gewiss Möglichkeiten«, sagte Tobias. »Am einfachsten wäre es, so zu tun, als hätten wir ihn frisch gefunden, und geben Fürst Ludwig Friedrich den ihm als Landesherrn zustehenden Anteil. Mindestens die Hälfte bliebe dann für euch, und das ist weit mehr, als euer Oheim euch lassen würde. Außerdem könntet ihr das Geld offen ausgeben und müsstet es nicht heimlich tun, wie Alois Schneidt es mit seinem Anteil getan hat.«
    »Du hast einen klugen Kopf auf den Schultern, Tobias«, lobte Gerold seinen Freund. »Ich werde einen Brief an Mutter schreiben, dass sie dir voll und ganz vertrauen kann, und ihn dir mitgeben.«
    »Gib ihn besser Klara mit«, riet ihm Tobias. »Ich verspreche dir aber, in deinem Sinne zu handeln und alles zu tun, damit der Schatz euch trotz allem noch Segen bringt. Was wirst du mit deinem Anteil tun?« Tobias wollte seinem Freund vorschlagen, mit ihm in die Heimat zurückzukehren und sich dort an dem Unternehmen seines Vaters zu beteiligen. Dann würde er selbst Klara heiraten können. Wenn sie ihn überhaupt wollte, schränkte er ein. Doch bevor er etwas sagen konnte, lächelte Gerold versonnen.
    »Ich werde das Bürgerrecht dieser Stadt erwerben und den Apotheker Pulver fragen, ob er mich als Lehrling in seiner Apotheke aufnehmen will. Vielleicht könnte ich sogar Lisa bitten, mich zu heiraten. Sie ist ein Engel! Keine andere hätte all das für mich getan!«
    Die Augen des jungen Mannes leuchteten bei diesen Worten, und Tobias wünschte ihm Erfolg bei Vater und Tochter. Eines aber setzte er für sich hinzu: Es gab noch ein zweites Mädchen auf der Welt, das sich ebenso um einen Schwerverletzten kümmern würde, und das war Klara. In diesem Augenblick wünschte er sich beinahe eine Wunde, damit sie ihn pflegen musste.

3.
    T obias und Gerold vergaßen über ihr Gespräch die Zeit. Es wurde dunkel, doch keiner von ihnen dachte daran, eine Lampe anzuzünden. Erst als die Haustür ging und Schritte zu hören waren, schreckte Gerold hoch.
    »Das muss Herr Pulver sein!« Rasch suchte er nach dem Feuerzeug, schlug einen Funken und schaffte es gerade noch rechtzeitig, die kleine Öllampe zu entfachen, der Pulver den Vorzug vor Kerzen gab.
    Fast gleichzeitig wurde die Tür geöffnet, und ein mittelgroßer Mann in einem sauberen braunen Rock und gleichfarbigen Kniehosen schaute herein. »Ich dachte mir doch, dass ich Stimmen gehört habe«, sagte er und bedachte Tobias mit einem prüfenden Blick.
    »Das ist mein Freund Tobias Just, Herr Pulver. Er war auf der Suche nach mir!«
    Dies erschien Gerold die einfachste Erklärung für Tobias’ Anwesenheit.
    Tobias erhob sich und deutete vor Pulver eine Verbeugung an. »Ich danke Euch von Herzen, dass Ihr Euch meines Freundes angenommen habt. Sollten dabei Ausgaben auf Euch zugekommen sein, werde ich sie selbstverständlich ersetzen.«
    Mit einer nachlässigen Handbewegung winkte der Apotheker ab. »Man soll Mitleid und Hilfsbereitschaft nicht mit Geld aufwiegen, Herr Just. Gerold brauchte Hilfe, und meine Tochter und ich gaben sie ihm gerne!«
    Jetzt sah Tobias auch Lisa. Sie spähte nun über die Schulter ihres Vaters, um zu sehen, wer Gerolds Gast war.
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