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Die Wahrheit

Die Wahrheit

Titel: Die Wahrheit
Autoren: David Baldacci
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Kleinstadt in der Nähe von Blacksburg, Virginia, als Anwalt niedergelassen. Er verdiente wirklich ganz ordentlich: ein schönes Haus, alle drei Jahre ein neuer Buick, zweimal im Jahr Urlaub. Die Vergangenheit - besonders der schrecklichste Fall, den er in seiner kurzen Laufbahn als Militäranwalt je übernommen hatte - lag weit hinter ihm. Es war ein Scheißfall gewesen, der auf den Magen schlug, und man konnte so viel Rennie schlucken, wie man wollte - es linderte die Beschwerden nicht.
    Rider stützte das Kinn auf eine Hand, und seine Gedanken trieben zurück zum Beginn der siebziger Jahre, einer Zeit des Chaos im Militär, in den USA, in der ganzen Welt. Jeder beschuldigte jeden, für jeden Fehler verantwortlich zu sein, der je in der Geschichte des Universums gemacht worden war. Rufus Harms hatte am Telefon verbittert geklungen. Aber er hatte das kleine Mädchen umgebracht. Brutal. Praktisch vor den Augen ihrer Familie. Er hatte ihr binnen Sekunden das Genick gebrochen, bevor jemand auch nur versuchen konnte, ihn aufzuhalten.
    Zu Harms’ Gunsten hatte Rider vor dem Prozeß eine Vereinbarung ausgehandelt, doch das Militärgesetz sah vor, daß der Anwalt sie vor der Urteilsverkündung widerrufen konnte. Der Angeklagte würde entweder die zuvor ausgehandelte Strafe bekommen oder aber die, welche der Richter oder die Abgeordneten - das militärische Gegenstück zu den Geschworenen - ausgesprochen hatten, je nachdem, welche Strafe milder war.
    Doch Harms’ Worte machten dem Anwalt zu schaffen. Er hatte sich damals tatsächlich überreden lassen, sich während des Prozesses nicht allzusehr ins Zeug zu legen. Er hatte sich mit dem Ankläger darauf geeinigt, keine Zeugen von außerhalb aufzurufen, die Leumundsaussagen machen würden und Ähnliches. Und er hatte sich bereit erklärt, die offiziellen Ermittlungsergebnisse nicht anzuzweifeln und darauf zu verzichten, neue Beweise und Zeugen ausfindig zu machen.
    Damit hatte er sich nicht unbedingt an die Regeln gehalten; denn das Recht des Verteidigers, den Kuhhandel zu widerrufen, durfte in keiner grundlegenden Hinsicht eingeschränkt werden. Doch hätte Rider nicht auf diese Weise hinter den Kulissen agiert, hätte der Ankläger die Todesstrafe beantragt und mit seinen Beweisen wahrscheinlich auch durchgesetzt. Es spielte kaum eine Rolle, daß der Mord so schnell verübt worden war und daß man den Tatbestand des Vorsatzes in ernste Zweifel ziehen konnte. Die kalte Leiche eines Kindes konnte auch die logischste aller juristischen Analysen zum Entgleisen bringen.
    Die schlichte Wahrheit lautete, daß niemand sich für Rufus Harms interessierte. Er war ein Schwarzer, der den Großteil seiner Army-Laufbahn im Bau verbracht hatte. Der sinnlose Mord an einem Kind hatte sein Ansehen in den Augen des Militärs bestimmt nicht gehoben. Viele waren der Auffassung gewesen, ein solcher Mann habe gar keinen Anspruch auf Gerechtigkeit, es sei denn, sie erfolgte prompt, schmerzhaft und tödlich. Vermutlich hatte Rider damals selbst so gedacht. Deshalb hatte er bei der Verteidigung Harms’ nicht gerade eine Politik der verbrannten Erde betrieben, dem Mann aber immerhin das Leben gerettet. Und mehr hätte kein Anwalt erreichen können.
    Weshalb will Harms mich dann sprechen, fragte er sich.

KAPITEL 3
    Als John Fiske sich vom Tisch der Verteidigung erhob, schaute er zu seinem Gegner, Paul Williams, hinüber. Der junge stellvertretende Staatsanwalt hatte soeben zuversichtlich die Details seines Antrags erläutert. »Jetzt bist du geliefert, Paulie«, flüsterte Fiske. »Du hast es vermasselt.«
    Als Fiske sich Richter Walters zuwandte, brachte er schon mit dieser Bewegung eine gewisse mühsam unterdrückte Spannung zum Ausdruck. Fiske war breitschultrig, mit eins achtzig jedoch kleiner als sein jüngerer Bruder. Und im Gegensatz zu Michaels Gesichtszügen waren Johns alles andere als von klassischem Schnitt. Er hatte Pausbacken, ein zu ausgeprägtes Kinn und eine zweimal gebrochene Nase. Das erste Mal war sie bei einer Prügelei an der High School gebrochen worden; der zweite Bruch war ein Überbleibsel aus seiner Zeit als Cop. Doch Fiskes schwarzes Haar fiel ihm ungekämmt über die Stirn, was irgendwie kämpferisch, attraktiv und vertrauenerweckend wirkte, und in seinen braunen Augen loderte ein glühender Wille.
    »Euer Ehren, um die Zeit des Gerichts nicht zu vergeuden, möchte ich der Staatsanwaltschaft ein Angebot bezüglich ihres Antrags machen. Wenn die Anklage sich bereit
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