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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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aber seine Muskeln versagten ihm den Dienst. Mitfühlend schob ihm Eilan den Arm unter den Kopf und stützte ihn, damit er trinken konnte.
    Der junge Römer trank sehr vorsichtig. Es war starker Met mit einem bitteren Beigeschmack, der zweifellos von Heilkräutern stammte.
    »Du wärst beinahe schon in das Land der ewigen Jugend gelangt, Fremder, aber du wirst nicht sterben«, murmelte sie. »Ich habe dich in einem Traum gesehen. Aber da warst du älter, und ein kleiner Junge stand an deiner Seite.«
    Er sah sie an. Die Wirkung des Mets machte ihn bereits so wohltuend benommen, daß ihre Worte ihn nicht beunruhigten. Er ruhte entspannt an ihrer Brust und fühlte sich wieder wie in den Armen seiner Mutter. Undeutlich nahm er wahr, daß der alte Druide ihm die Tunika aufschnitt. Er fühlte auch, wie Cynric ihm mit einer scharfen Flüssigkeit die Wunden auswusch, aber das schmerzte nicht mehr als das Mittel, mit dem der alte Manlius damals die Wunde am Bein behandelt hatte. Dann bestrichen sie sein Bein mit etwas Klebrigem und umwickelten es anschließend fest mit Leinenbinden. Schließlich bewegten sie vorsichtig den geschwollenen Knöchel. Gaius beobachtete es teilnahmslos. Jemand sagte: »Hier ist alles in Ordnung. Er hat sich nichts gebrochen.«
    Cynric sagte: »Jetzt wappne dich gut, junger Held. Der Holzpfahl war nicht sauber, aber ich glaube, wir können deinen Arm retten, wenn wir die Wunde ausbrennen.« Die Worte rissen Gaius aus seiner wohltuenden Benommenheit.
    … die Wunde ausbrennen.
    »Eilan«, sagte der alte Druide, »geh jetzt. Das ist nichts für ein junges Mädchen.«
    »Ich werde ihn festhalten«, erklärte Cynric, »du kannst ihn mir überlassen, Eilan.«
    »Laß mich bleiben, Vater«, bat Eilan, »vielleicht kann ich ihm helfen.«
    Sie nahm seine Hand und drückte sie fest. Der alte Druide brummte: »Wie du willst, aber versprich mir, nicht zu schreien oder ohnmächtig zu werden.«
    Gaius spürte, wie starke Hände - Cynrics Hände? - ihn fest auf das Lager drückten. Eilan hielt noch immer seine Hand, die etwas zitterte. Er drehte den Kopf zur Seite, schloß die Augen und biß die Zähne zusammen, damit kein schmachvoller Schrei über seine Lippen kam. Gaius roch das heiße Eisen, und dann durchzuckte ein unbeschreiblicher Schmerz seinen Körper.
    Er verzerrte den Mund zu einem gequälten Aufschrei, der sich ihm als ein erstickter, heiserer Laut entrang. Dann ließ der rauhe Druck der Hände nach, und er fühlte nur noch Eilans weiche Hand. Als er die Augen wieder aufschlagen konnte, blickte ihn der Druide aufmerksam an. Ein dünnes Lächeln lag auf seinen Lippen. Auch Cynric beugte sich noch über ihn. Er war so weiß wie das Bettlaken. Gaius hatte so blasse Gesichter bei jungen Soldaten unter seinem Befehl gesehen, nachdem sie ihren ersten Kampf hinter sich hatten.
    »Hmm, ein Feigling bist du nicht«, murmelte Cynric.
    »Danke«, flüsterte Gaius und verlor das Bewußtsein.

2. Kapitel
    Als Gaius wieder erwachte, hatte er das Gefühl, lange ohnmächtig gewesen zu sein. Die Binsenlichter waren niedergebrannt. Nur die Glut der Feuerstelle verbreitete ein wenig Licht. Es reichte gerade, um Eilan sehen zu können, die halb schlafend an seinem Bett saß. Er fühlte sich elend und schwach. Der Arm schmerzte, und er hatte schrecklichen Durst. In der Nähe hörte er Frauenstimmen. Seine Schulter war dick mit Leinen umwickelt -, er kam sich vor wie ein Neugeborenes in Windeln. Auf die verletzte Schulter hatte man offenbar Salbe aufgetragen, denn der Verband roch nach Fett und Balsam.
    Die junge Frau saß stumm auf einem dreibeinigen Hocker. Sie war blaß und schlank wie eine junge Birke. Ihre weichen Haare waren straff zurückgekämmt, aber sie waren so fein, daß sie nicht glatt am Kopf liegenblieben. Um den Hals trug sie eine Goldkette mit einem Anhänger - vermutlich ein Amulett. Gaius hatte gehört, daß die Mädchen der Britonen spät heranreiften. Eilan mochte schon fünfzehn sein. Sie war noch keine Frau, aber ebensowenig war sie ein Kind. Er fand, er habe noch nie im Leben ein Mädchen oder eine Frau gesehen, die soviel Ruhe ausstrahlte.
    Er hörte Klappern, als hätte jemand einen Eimer fallen lassen. Dann rief eine junge Frau ärgerlich: »Meinetwegen kannst du selbst melken, Herrin Mairi! Die Stallmagd ist heute abend einfach zu nichts zu gebrauchen.«
    »Was ist denn mit ihr los?« fragte eine andere Frau.
    »Ach, sie heult und jammert wie ein Klageweib, weil die verwünschten Römer
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