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Die Voegel der Finsternis

Titel: Die Voegel der Finsternis
Autoren: Victoria Hanley
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Schuhe. Und offenbar nicht zum ersten Mal, denn ihre Füße waren voller Schwielen.
    Devin wachte mit Schmerzen im Gesicht auf. Eine hübsche Dame hatte seinen Kopf in ihren Schoß gebettet - es war Maeve, aber sie trug ein Kleid und hatte ihre Haare hochgesteckt. „Bist du wach?", flüsterte sie.
    Langsam setzte er sich auf und befühlte seine Verbände. Er hörte das Rumpeln von Rädern. Fuhren sie in einer Kutsche? „Wohin fahren wir?", fragte er flüsternd.
    „Wir reißen aus." „Vor dem bösen Lord?"
    Ja. Er hat uns gekauft. Deshalb mussten wir ausreißen."
    Devin nickte. Sie mussten ausreißen, denn der Mann war böse. „Wie bist du an Gold gekommen?", fragte er, denn ohne Gold gab es weder Kutschen noch schöne Kleider.
    „Gestohlen. Dieser Mann wollte unser Leben stehlen.
    Also habe ich ihm sein Gold gestohlen."
    „Wie hast du das geschafft?" Devin sah sie ehrfürchtig
    an. „Er ist stark." Der Junge erinnerte sich, wie der Lord
    ihn wie ein Nichts in die Ecke geschleudert hatte.
    „Ich hatte Glück, Devin."
    „Mein Gesicht tut so weh."
    „Ich weiß. Du bist sehr tapfer." Sie verzog ihr Gesicht, als wollte sie weinen. Devin beschloss, nicht mehr über sein Gesicht zu sprechen. Vorsichtig, sodass seine zerschnittene Wange nichts berührte, lehnte er sich an ihre Schulter. „Schlaf nicht wieder ein", sagte sie, „wir müssen uns jetzt gegenseitig wach halten."
    Jasper streckte seine Beine, als sie sich dem Anwesen von Lord Hering näherten. Sein Fahrgast hatte ihn gedrängt, vor Tagesanbruch dort zu sein, aber er hatte gesagt, dass das nicht ginge. „Es ist zu weit." Jetzt war die Sonne bereits aufgegangen und auf der Straße begegneten ihnen andere Kutschen und einzelne Reiter. Er fuhr am Herrenhaus von Hering vorbei, wie die Dame ihn geheißen hatte. Sie streckte den Kopf aus dem Fenster und wies ihn auf einen schmalen, verwachsenen Pfad. Dann kamen sie an einen verwitterten Felsen, der Jasper an eine große Katze erinnerte. Sie gab ihm ein Zeichen anzuhalten. Jasper sprang vom Kutschkasten, um seinen Fahrgästen beim Aussteigen zu helfen.
    Das Mädchen stand auf der Erde und hielt ihren Sklaven an der Hand, ganz so, als sei sie seine Schwester, nur passten sie vom Hauttyp nicht zusammen, und seine Verbände verrieten, dass er frisch gezeichnet worden war. Ihre müden Augen hatten einen ungewöhnlichen Farbton, der ihre goldene Haut und ihr tiefgoldenes Haar hervorhob - sie erinnerten Jasper an die dunkelblauen Glasfläschchen, in denen Parfüm verkauft wurde. Sie war hübsch, sehr hübsch. „Ich soll Euch hier allein lassen?" Er deutete auf die Erde, das Gestrüpp und die Schösslinge am Wegrand.
    Sie nickte. Ihr Kleid bauschte sich wie eine Flagge. „Wo liegt Norden?"
    Er zeigte es ihr. Sie wandte sich in diese Richtung und schien sie sich ins Gedächtnis eingraben zu wollen. Dann drehte sie sich wieder zu ihm um. „Woran erkenne ich eine Eiche?"
    „Ihr wollt sagen, dass Ihr nicht wisst, wie ein Eichbaum aussieht?"
    „Würde ich dich fragen, wenn ich es wüsste?" Zwischen Ahorn- und Birkenschösslingen sprossen am Wegrand auch einige Eichenschösslinge. Jasper riss einen aus und reichte ihn ihr. „Seht her. Alle Eichen haben Blätter dieser Form."
    „Danke." Sie wühlte in ihrem Tuch und gab ihm eine schwere Münze.
    „Ein Delan! Das ist viel zu viel. Ich besitze nicht genug
    Besaets, um Euch auszuzahlen."
    „Behalte es. Ich habe es nicht kleiner."
    „Dafür könntet Ihr mich ein ganzes Jahr anstellen und
    verköstigen", sagte er.
    „So viel?" Sie sah ihn zweifelnd an.
    „So viel. Ich werde hinter dieser Kurve warten, Herrin,
    und Euch zurückbringen, wenn Ihr wünscht"
    „Ich will nicht zurück", sagte sie und reckte ihr Kinn.
    Jasper dachte nach. Er musste Thom die Kutsche
    zurückbringen und dem armen Pferd ein bisschen Ruhe
    gönnen. Dieses reiche Mädchen mit ihrem feinen Kleid
    und ihren schmutzigen Füßen beanspruchte seine
    Dienste nicht länger. Wahrscheinlich hatte sie Streit mit ihrer Familie und war ausgerissen wie so viele vor ihr. Womöglich, um einer Verlobung zu entgehen - Mädchen stellten sich immer so an, wenn es ums Heiraten ging.
    Mit dem Delan konnte er neue Räder für Thoms Kutsche machen lassen und sich selbst einen leichten Wagen und ein Pferd kaufen. In all den Jahren hatte er Glück gehabt und überlebt. Und jetzt hatte er das große Los gezogen. Er sah keinen Grund, ihr zu widersprechen. „Wie Ihr wünscht", sagte Jasper und stieg auf den
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