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Die Verwöhnungsfalle - für eine Erziehung zu mehr Eigenverantwortlichkeit

Die Verwöhnungsfalle - für eine Erziehung zu mehr Eigenverantwortlichkeit

Titel: Die Verwöhnungsfalle - für eine Erziehung zu mehr Eigenverantwortlichkeit
Autoren: Kösel-Verlag <München>
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Gift, welches die Seele einschnürt. Damit ist Verwöhnung das Schlimmste, was einem sich nicht wehren könnenden Kind angetan werden kann. Sie ist ein Verbrechen, weil die Kraft und der Lebensmut des Kindes gebrochen werden.« 5
    Verwöhnung orientiert sich an den Absichten und Bedürfnissen des Verwöhners. Ob nun kontinuierlich Fehlverhalten übersehen, Hürden weggeräumt oder angenehme Gefühlszustände zu leicht ermöglicht werden, es geht um den eigenen Vorteil, nicht um das Wohl des Kindes. Ein möglichst konfliktfreies Szenario – ohne jedwede Herausforderung – wird zur vermeintlichen Lebenswelt. Erfolg wird ohne eigenen Beitrag erfahrbar, Passivität belohnt. Es lebt sich wie im Schlaraffenland. Das Kind gewöhnt sich an den bequemen Mechanismus, alles leicht zu bekommen. Verwöhnen und Gewöhnen werden zum unzertrennlichen Paar. Aber:
    Eine Quarantäne-Station ist keine gute Voraussetzung zur Entwicklung von Abwehrkräften.
    Die Folge ist eine Abnahme jeglicher Aktivität oder Anstrengung. Natürlicher Neugier bei der Erkundung des Lebensumfeldes wird so die Basis entzogen. Damit aber wird das Kind permanent entmutigt. Anfangs wehrt sich ein Kind noch, weil es etwas selber/anders machen möchte. ›Kann allein!‹ oder ›Will nicht!‹ steht dann im Raum. Später gibt es auf. Damit wird dem Kind die Möglichkeit zur Entwicklung ›seelischer Muskeln‹ genommen. Eigene Interessen haben keine Chance zur Verwirklichung, Willens- und Persönlichkeitsbildung finden nicht statt. Die sich so verfestigende Kraftlosigkeit führt auf Dauer zu Verwahrlosung, Aggression, letztlich zu Gewalt. Der postmoderne Asoziale steht vor uns – eine Kernaussage aus dem bereits zitierten Artikel »Droge Verwöhnung«.
    Wenn Erziehung sich als Verwöhnung etabliert, Kinder für eigene Interessen oder Vorteile rekrutiert werden, findet dies bald in der Gesamtgesellschaft seinen Widerhall. Die zukünftige Generation wird zu kraftlosen, ängstlichen, leistungsschwachen, unmotivierten und angepassten Egoisten instrumentalisiert, die permanent bestrebt sind, wieder an die Pipeline wohligen Versorgtwerdens angeschlossen zu werden. Aber auf Dauer wird die vorgegaukelte Leichtigkeit des Seins zur Unerträglichkeit, sowohl für die Gemeinschaft als auch für den Verwöhnten. Damit weisen diese Gedanken weit über eine akademische Erörterung guter oder schlechter Erziehungsgrundsätze hinaus, denn das unscheinbare Phänomen der Verwöhnung hat mittlerweile die ganze Gesellschaft im Griff. Die unsere Zeit prägenden Problemthemen wie die weltweite Banken- und Eurokrise, die Tragfähigkeit des sozialen Netzes sowie die Zukunft unseres politischen Systems stehen damit in unmittelbarem Zusammenhang.
    Stringent wirft dies auch ein neues Licht auf das so häufig beklagte fehlende Verantwortungsbewusstsein in Staat und Gesellschaft. Denn so wie der Einzelne für seine Verwöhnung zu zahlen hat, so sind in der Gesellschaft Unsummen für die vielen Verweigerer fällig, welche keine Verantwortung für ihr Leben übernehmen. Nicht arbeitswillige Sozialhilfeempfänger verteidigen ebenso wie Schein-Arbeitslose vehement ihren ›Leistungsanspruch‹, eine persönliche Verpflichtung zur Selbsthilfe und eigenen Vorleistung dagegen wird brüsk abgelehnt. Aber auch Ehe und Familie als Keimzelle der Gesellschaft, Freundschaft und Partnerschaft sind betroffen, weil diese nur existieren können, wenn die Beteiligten wenigstens ebenso viel einbringen, wie sie selbst herauszuholen erwarten. Aber entmutigte, Verwöhnung erheischende Menschen werden nicht ihren Teil zu einer tragfähigen Gemeinschaft einbringen können bzw. wollen, da die Bereitschaft für die kleinste Vorleistung an Kraft, Zeit, Mitwirkung oder Emotionalität fehlen wird.
    Immer dann, wenn Menschen daran gehindert werden, etwas zu tun, was sie selbst tun könnten oder sollten, wenn um der eigenen Ruhe willen keine Auseinandersetzung stattfindet, Verwöhnung praktiziert wird und somit Abhängigkeit entsteht, schadet dies einem Menschen zeitlebens. Dies kann durch einzelne Personen, Personengruppen und selbst durch Institutionen geschehen, z. B. durch staatliche Organe. Auch Selbstverwöhnung vollzieht sich – wenn auch leicht variiert – nach diesem Muster, wobei dann der ›innere Schweinehund‹ ein schwaches Selbst in die Abhängigkeit führt. In allen Fällen wird gleichermaßen verhindert, ›das wunderbare Gefühl rechtschaffener Erschöpfung‹ zu spüren, zufrieden auf ein mit Mühe
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