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Die Verwandlung - Blutsbande 1

Die Verwandlung - Blutsbande 1

Titel: Die Verwandlung - Blutsbande 1
Autoren: Jennifer Armintrout
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blutverschmierten Kittel schälte.
    Ich wusste, dass ich etwas tun musste, um ihn zu unterstützen, aber ich konnte mir nicht helfen, immerzu musste ich auf die Schweinerei vor mir auf der Trage schauen. Ich wusste überhaupt nicht, wo ich mit medizinischer Hilfe hätte anfangen sollen.
    Blut ist zum Beispiel etwas, vor dem ich keine Angst habe. Im Fall von John Doe war es nicht die Menge an Blut, die es unmöglich machte, ihn zu berühren, geschweige denn sich ihm zu nähern. Sondern die Tatsache, dass er aussah wie der Leichnam, den ich am letzten Tag meines Anatomiekurses an der Uni seziert hatte.
    Seine Brust war mit Wunden durchlöchert. Einige waren klein, andere so groß, dass zwei Tennisbälle hineingepasst hätten.
    „Schusswunden? Womit wurde auf ihn geschossen, mit einer verdammten Kanone aus dem Museum?“, murmelte Dr. Fuller, als er vorsichtig eine Wunde mit seinem behandschuhten Finger betastete.
    Man brauchte keinen Doktortitel in forensischer Medizin, um sagen zu können, was die Wunden am Körper unseres John Doe verursacht hatte. Und dass es etwas anderes war als das, was für die Verletzungen in seinem Gesicht verantwortlich war. Sein Kiefer beziehungsweise das, was davon noch übrig war, war von den oberen Schneidezähnen abgetrennt und die Haut hing schlaff herunter. Sein Kinn war aus dem Gelenk gerissen und klebte an der anderen Seite seines Kopfes. Über dem klaffenden Loch in seiner Wange war eine Augenhöhle eingequetscht und leer, das Auge sowie der Sehnerv fehlten vollständig.
    „Ich würde sagen, dass ihm jemand eine Axt über den Schädel gezogen hat, wenn ich glauben könnte, dass ein Mensch genug Kraft dazu hätte“, sagte Dr. Fuller. „So können wir ihn nicht intubieren, seine Trachea ist völlig zerstört.“
    Ich bekam keine Luft. John Does verbleibendes Auge, klar und hellblau, sah mich an, als sei er bei vollem Bewusstsein.
    Es musste sich um eine optische Täuschung handeln. Niemand konnte diese Art von Verletzung erleiden und dabei bei Bewusstsein bleiben. Diese unglaublichen Verletzungen würde kein Mensch überleben. Er schrie nicht und wand sich nicht in Schmerzen. Sein Körper war schlaff und zeigte keinerlei Reaktion, als die Ärzte einen Luftröhrenschnitt vornahmen, um ihn zu intubieren.
    Er sah mich immer noch an.
    Wie kann er noch leben?, fragte ich mich. Das Konzept, das ich mir mit großer Mühe über die drei Jahre meiner Ausbildungszeit ausgedacht hatte, wurde von einem auf den anderen Moment zerstört. Menschen können so etwas einfach nicht überleben. So ein Fall stand in keinem meiner Bücher. Aber dennoch lag dieser Mann hier und sah mich ruhig an, während um uns herum alle hektisch an ihm herumhantierten.
    Für einen Moment, während dem sich fast mein Magen umdrehte, dachte ich, ich hätte gehört, wie er meinen Namen sagte. Dann wurde mir klar, dass Dr. Fullers schrille Stimme zu mir hindurchdrang.
    „Carrie, ich brauche dich hier drüben. Wach auf und hilf uns! Los jetzt, sonst verlieren wir ihn!“
    Ich hätte weiter John Doe anstarren oder mich zu Dr. Fuller umdrehen können, um zu sehen, dass er allmählich begann, an mir zu zweifeln. Ich weiß nicht, was schlimmer gewesen wäre, aber ich kam nicht dazu, mich für das eine oder andere zu entscheiden.
    Schwach murmelte ich eine Entschuldigung, drehte mich schnell um und fing an zu rennen. Kaum war ich dieser grauenvollen Szene entkommen, bemerkte ich die klebrigen Flecken auf dem Boden, die die hübschen Fliesen mit einem tiefen Rot überzogen. Mir wurde schlecht. Ich fiel auf die Knie in eine Pfütze von gerinnendem Blut und schloss die Augen, während die Säure meinen Hals hinaufstieg. Ich beugte mich vornüber, als sich mein Erbrochenes mit dem Blut auf dem Boden vermischte.
    Plötzlich wurde es in dem Raum hinter mir still, dann machte der Herzmonitor ein anhaltendes quäkendes Geräusch, um das Fehlen eines Pulses anzuzeigen.
    „In Ordnung, er ist tot. Packt ihn ein und schafft ihn in den Leichenkeller“, hörte ich Dr. Fuller sagen. Seine Stimme hatte wieder ihren selbstbewussten Ton und den texanischen Dialekt angenommen, obwohl man ihr Müdigkeit und Resignation anhörte.
    Ich raffte mich auf und rannte in die Umkleideräume. Ich konnte nicht begreifen, wie ich so hatte versagen können.
    Eine Stunde später stand ich immer noch im Umkleideraum. Ich kam gerade aus der Dusche, hatte einen frischen, aus der Reinigung gekommenen Kittel an und versuchte, vor dem Spiegel mein nasses blondes
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