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Die Versuchung

Die Versuchung

Titel: Die Versuchung
Autoren: David Baldacci
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zugeschrieben. Die meisten Männer, die sie bisher kennengelernt hatte, benahmen sich entweder wie Idioten, um sie zu beeindrucken, oder verschlossen sich wie waidwunde Tiere. Irgend etwas sagte ihr, daß bei diesem Mann beides nicht zutraf.
    »Ich habe kein Schild über Ihrem Büro gesehen. Da kann doch kein Mensch wissen, daß Sie hier sind.«
    Jackson lächelte gezwungen. »Bei unseren Geschäften haben wir es nicht mit Laufkundschaft zu tun. Es spielt keine Rolle, ob die Leute im Einkaufszentrum wissen, daß wir hier unser Büro haben. Unsere Geschäfte werden telefonisch nach Terminabsprache abgewickelt.«
    »Dann bin ich im Moment wohl die einzige, die einen Termin hat. Im Vorzimmer ist sonst keiner.«
    Jacksons Wange zuckte, als er die Hände pyramidenförmig aneinander legte. »Wir legen unsere Termine so, daß niemand warten muß. In dieser Stadt bin ich der einzige Repräsentant der Firma.«
    »Dann haben Sie noch andere Filialen?«
    Er nickte geistesabwesend. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, dieses Informationsblatt auszufüllen? Lassen Sie sich ruhig Zeit.« Er schob ihr ein Blatt und einen Kugelschreiber hin. LuAnn füllte das Formular rasch aus. Sie schrieb mit kurzen, verkrampften Bewegungen. Jackson beobachtete sie genau. Nachdem LuAnn fertig war, las er ihre Angaben, obwohl er bereits alles wußte.
    LuAnn schaute sich im Büro um. Sie hatte ihre Umgebung immer schon genau gemustert. Als Gegenstand vieler Männerträume prägte sie sich gewohnheitsmäßig jeden Raum ein, falls sie schnell einen Fluchtweg brauchte.
    Als Jackson aufschaute, bemerkte er ihre forschenden Blicke. »Stimmt irgendwas nicht?« fragte er.
    »Ist alles irgendwie … komisch.«
    »Verzeihung, ich verstehe nicht recht.«
    »Sie haben ein komisches Büro. Das ist alles.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Na ja, nirgends ist eine Uhr, oder ein Papierkorb. Es gibt keinen Kalender, kein Telefon und so was. Ich habe zwar noch nie in einem Laden gearbeitet, wo die Männer Schlipse tragen, aber sogar Rod in meiner Fernfahrerkneipe hat einen Kalender, und dauernd hängt er an der Strippe. Und Ihre Empfangsdame da draußen hat keinen blassen Schimmer, was hier läuft. Mit ihren langen Krallen könnte sie sowieso nicht tippen.« LuAnn bemerkte den verblüfften Blick Jacksons und biß sich schnell auf die Lippe. Ihr vorlautes Mundwerk hatte ihr schon mehr als einmal Ärger eingebracht, und gerade bei diesem Einstellungsgespräch konnte sie es sich nicht leisten, alles zu vermasseln. »Das soll aber gar nichts heißen«, fügte sie rasch hinzu. »Ich rede bloß so dahin. Bin wohl ein bißchen nervös. Das wird’s sein.«
    Jackson öffnete den Mund, lächelte dann aber. »Sie sind eine hervorragende Beobachterin.«
    »Ich habe zwei Augen im Kopf, wie jeder andere auch.« LuAnn lächelte liebenswürdig. Vielleicht war es besser, die altbewährte Methode zu benutzen.
    Jackson beachtete sie nicht und raschelte mit den Papieren. »Sie erinnern sich an die Arbeitsbedingungen, die ich Ihnen am Telefon genannt habe?«
    LuAnn wurde sofort sachlich. »Hundert Dollar am Tag für zwei Wochen und vielleicht noch ein paar weitere Wochen bei gleichem Lohn. Im Moment arbeite ich bis sieben Uhr morgens. Wenn’s Ihnen recht ist, würde ich bei Ihnen gern am frühen Nachmittag anfangen. So gegen zwei? Und ich würde gern meine Kleine mitbringen. Um diese Zeit schläft sie normalerweise. Sie macht bestimmt keine Schwierigkeiten. Das verspreche ich.« Automatisch bückte sich LuAnn und hob die Schlüssel vom Boden auf, wohin Lisa sie geworfen hatte, und gab sie der Kleinen zurück. Lisa bedankte sich mit lautem Glucksen bei der Mutter.
    Jackson stand auf und schob die Hände in die Hosentaschen. »Das geht in Ordnung. Kein Problem. Sie sind Einzelkind, und Ihre Eltern sind tot, nicht wahr?«
    Bei diesem plötzlichen Themenwechsel zuckte LuAnn zusammen. Sie zögerte erst, dann nickte sie. Ihre Augen wurden schmal.
    »Und seit fast zwei Jahren leben Sie in einem Wohnwagen im Westen von Rikersville mit einem gewissen Duane Harvey zusammen. Ungelernter Arbeiter. Zur Zeit ohne Job.« Er schaute sie an, als würde er diese Informationen aus dem Gedächtnis zitieren. Er wartete auch gar nicht auf ihre Bestätigung. LuAnn spürte es, starrte ihn stumm an. »Duane Harvey ist der Vater Ihrer acht Monate alten Tochter Lisa. Sie haben nach der siebten Klasse die Schule verlassen und danach in mehreren Billigjobs gearbeitet – berufliche Sackgassen ohne jede Perspektive. Sie
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